Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworte:
1: Zunächst haben Sie die Möglichkeit, den Kaufvertrag bzgl.des Autos wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB
anzufechten. In Ihrem Fall liegt eine Täuschung durch Verschweigen vor. Ein Verschweigen ist jedoch nur dann gegeben, wenn eine Aufklärungspflicht besteht. Entscheidend ist dabei, dass Sie redlicherweise eine Aufklärung erwarten durften. Da Sie den Verkäufer auf das Vorhandensein eines Serviceheftes, in dem alle Inspektionen des Autos vermerkt und das für Sie die Mangellosigkeit des Autos bescheinigt hätte, angesprochen haben, und für den Händler auch sonst erkennbar war, dass Sie auf die Mangelfreiheit und die im Inserat angepriesenen Eigenschaften des Fahrzeuges Wert legen, durften Sie eine Aufklärung über die Mängel erwarten. Indem der Verkäufer wider besseres Wissen handelte, handelte er auch arglistig. Zu beachten ist die Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB
. Danach kann die Anfechtung nur innerhalb eines Jahres erfolgen. Die Frist beginnt mit Ihrer Kenntnis von dem arglistigen Verhalten des Verkäufers, in Ihrem Fall die Mitteilung der fehlenden Inspektion... durch den Vorbesitzer. Folge der Anfechtung ist, dass der Kaufvertrag rückabgewickelt wird, d.h. Sie erhalten Ihr Geld (ganz) zurück und geben dem Verkäufer das Auto zurück. Möglich ist auch die Geltendmachung von Rechten wegen Mangelhaftigkeit der gekauften Sache nach § 437 BGB
(u.a. Rücktritt vom Kaufvertrag und Minderung des Kaufpreises). Diese hat jedoch weitere Voraussetzungen, so dass ich Ihnen die Anfechtung des Kaufvertrages empfehle.
2. Die Garantie kann nicht ausgeschlossen werden (§ 475 Abs. 1 BGB
). Bei Ihrem Kauf handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 BGB
. Tritt der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach dem Kauf auf, haftet der Verkäufer (§ 476 BGB
). Ein Ausschluss Ihrer Gewährleistungsrechte durch die Klausel "gekauft wie gesehen" ist nicht möglich, da manche Mängel nicht sofort bei einer Probefahrt bzw. ohne die Hinzuziehung eines Experten erkennbar sind.
3. Die Vereinbarung "Serviceheft wird vom Verkäufer nachgereicht" ist natürlich bindend, da diese Klausel Bestandteil des Kaufvertrages wurde. Dass diese Vereinbarung von Ihnen handschriftlich hinzugefügt wurde, spielt keine Rolle, sofern der Verkäufer damit einverstanden war.
4. Die Angaben des Verkäufers im Inserat sind nicht bindend.Maßgeblich für die Verbindlichkeit ist das, was im Kaufvertrag steht.
5. Die mündlichen Zusagen des Verkäufers sind genauso bindend, wie wenn er die Zusagen schriftlich gegeben hätte. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob die Zusagen mündlich oder schriftlich gegeben wurden. Da es für die Zusagen Zeugen gibt, sind sie auch beweisbar.
6. Das nächste, was Sie tun sollten, ist, dem Verkäufer mitzuteilen, dass Sie den Vertrag anfechten (am besten mit Einschreiben Rückschein, damit Sie die Anfechtung beweisen können). Einen Rechtsanwalt müssen Sie deswegen nicht einschalten. Dieser Schritt ist erst notwendig, falls es weitere Schwierigkeiten geben sollte. Von einer Anzeige bei der Polizei rate ich Ihnen ab. Das wäre ein strafrechtliches Vorgehen, das Ihnen aber nichts bringt. Um Ihre Ansprüche durchzusetzen, müssen Sie den zivilrechtlichen Weg einschlagen.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat erteilen kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich Ihnen, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Erik Hauk
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 25.12.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für die schnelle und kompetente Antwort.
Zu Ihren Aufführungen habe ich noch folgende Fragen:
- Ich verstehe nicht, wieso die Angaben im Inserat nicht bindend sein sollen. Immerhin hat er mich dadurch erst überhaupt zu sich gelockt. Es ist desweiteren auch schwierig sämtliche Merkmale des Fahrzeugs innerhalb des Kaufvertrags aufzuführen. Meiner Ansicht nach sollte die mündliche Bestätigung im Beisein eines Zeugen: "Navigation vorhanden, Einparkhilfe i.O, keine Mängel" in Kombimnation mit dem Inserat, auch ohne die explizite Aufführung im Kaufvertrag bindend sein. Korrigieren Sie mich bitte, wenn ich hier falsch liege.
- Inwiefern spielt es bei der Anfechtung eine Rolle, dass im Kaufvertrag nicht meine deutsche Anschrift, sondern die Anschrift im Ausland aufgeführt ist? Wie sieht es mit dem Zusatz "Export" aus? Kann der Verkäufer rechtlich dadurch eine Gewährleistung/Rücktritt ausschließen?
- Meinen Fall habe ich sorgsam, detailgenau und wahrheitsgenau angegeben. Unter diesen genannten Umständen: Habe ich die Möglichkeit durch die Anfechtung den Kaufvertrag komplett zu stornieren? Denn das würde ich bevorzugen. Müsste ich mich nach dem Verkäufer richten, wenn dieser eine Ausbesserung/Nachlieferung anbietet?
- Kann ich sämtliche entstandenen Kosten (Ummeldung, Kennzeichen, Fahrtkosten, Rechtsberatung) beim Verkäufer geltend machen?
- Da der Verkäufer meine Anrufe nicht beantwortet und auch sonst in keinster Weise an einer Kommunikation zu interessiert sein scheint, gehe ich der Annahme, dass er die Anfechtung ignorieren wird. Welche Frist kann/soll ich ihm setzen zu reagieren? Falls keine Reaktion kommt, wie kann ich dann fortfahren?
Dies sind meine letzten Unklarheiten und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diese innerhalb des Einsatzes noch beantworten könnten.
Ich bedanke mich nochmals bei Ihnen, für die Hilfe.
mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Grundsätzlich sollen die Angaben im Inserat Sie erstmal anlocken. Sie können die Angaben in dem Inserat mit Werbung vergleichen. Da trifft áuch nicht alles zu, was in der Werbung angepriesen wird. Ich gebe Ihnen recht, dass nicht alle Einzelheiten Bestandteil des Kaufvertrages sein können. Sofern Ihnen auf Ihre Nachfrage vom Händler mündlich zugesichert wurde, dass ein Navigationsgerät vorhanden ist, die Einparkhilfe funktioniert sowie keine Mängel vorhanden sind, wurden diese Zusagen Bestandteil des Kaufvertrags. Im Falle, dass der Verkäufer dies bestreiten sollte, können sie durch die Anwesenheit eines Zeugen bei dem Gespräch diese auch beweisen.
Bei der rechtlichen Beurteilung des Falles ändert sich nichts, auch wenn Sie Ihre ausländische Adresse angegeben haben. Etwas anderes gilt nur, wenn ausdrücklich die Geltung ausländischen Rechts vereinbart wurde oder der Fall nach ausländischem Recht zu beurteilen ist. Dafür gibt es aber keine Anhaltspunkte. Die Gewährleistungsrechte, die auch den Rücktritt einschließen, können nicht abbedungen werden, auch nicht durch den Zusatz "Export".
Durch die Anfechtung wird der Kaufvertrag insgesamt rückgängig gemacht. Der Verkäufer kann nicht auf eine Ausbesserung bzw. Nachlieferung verweisen. Sie müssten dem Verkäufer nur im Falle, dass Sie Ihre Gewährleistungsrechte geltend machen, die Möglichkeit der Nachbesserung oder Ersatzlieferung einräumen. Jedoch können Sie bei der Anfechtung keine Kosten Ihrerseits geltend machen. Die Kosten für Ummeldung, Kennzeichen... müssten Sie als Schadensersatz gemäß §§ 282
,280 Abs.1, 311 Abs. 2
, 241 Abs. 2 BGB
fordern.
Zum weiteren Vorgehen: eine Frist müssen Sie dem Verkäufer im Falle der Anfechtung nicht setzen. Eine Fristsetzung empfiehlt sich trotzdem, um weitere Schritte einleiten zu können. Ich schlage vor, dass Sie dem Verkäufer eine Frist von zwei Wochen zur Rückzahlung des Kaufpreises gewähren. Es reicht aus, wenn Sie dem Verkäufer mitteilen, dass Sie den Kaufvertrag anfechten und Sie ihn zur Rückzahlung des von Ihnen gezahlten Kaufpreises unter Angabe der gestern von mir genannten Gründe auffordern. Sollte der Verkäufer diesen bis zu einem gewissen Datum / dem Ablauf der Frist nicht gezahlt haben, empfehle ich Ihnen, einen Rechtsanwalt einzuschalten.
Sollte dies erforderlich sein, bin ich Ihnen gerne behilflich.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Erik Hauk
Rechtsanwalt