Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen sowie in Anbetracht des Honorars wie folgt beantworten:
Zunächst muss ich Ihnen mitteilen, dass eine ausführliche Antwort ohne Kenntnis des von Ihnen unterschriebenen Vertrags sowie der Anpreisung des Fahrzeugs nicht möglich ist.
Ich gehe in meiner folgenden Antwort davon aus, dass Sie Verbraucher und kein Unternehmer sind.
Händler bzw. Unternehmer müssen beim Verkauf eines Gebrauchtwagens an einen Verbraucher mindestens ein Jahr für Mängel des Fahrzeuges einstehen.
Ein Ausschluss der Sachmängelhaftung beim sog. Verbrauchsgüterkauf ist nicht zulässig. Klauseln im Vertrag eines Gebrauchtwagenhändlers wie z.B. "Gekauft wie gesehen" oder "Fahrzeug wird unter Ausschluss der Gewährleistung /Sachmängelhaftung verkauft" haben daher keine Wirksamkeit, auch wenn einige Händler diese in ihren Kaufverträgen verwenden.
Nicht jeder Schaden am Fahrzeug fällt unter die gesetzliche Haftung. Da es sich nicht um einen Neu-, sondern um einen Gebrauchtwagen handelt, sind normale Gebrauchsspuren vom Käufer hinzunehmen. Ein Mangel liegt daher regelmäßig nicht vor, wenn es sich um übliche Gebrauchs- und Abnutzungsspuren handelt. Problematisch wird es bei einem defekten Verschleißteil. Hier ist im Einzelfall (ggf. durch einen Sachverständigen) zu prüfen, ob tatsächlich ein Sachmangel vorliegt oder lediglich Verschleiß gegeben ist.
Ob das Fahrzeug einen Mangel hat bzw. welchen, muss vom Käufer bewiesen werden. Handelt es sich um einen Mangel, muss dieser auch bereits bei der Fahrzeugübergabe vorgelegen haben, um in die Sachmängelhaftung zu fallen.
Wurde der Kaufvertrag allerdings zwischen einem Unternehmer und einer Privatperson geschlossen (Verbrauchsgüterkauf), gilt zugunsten des privaten Käufers eine Beweiserleichterung: bei Auftreten eines Mangels innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf wird zunächst vermutet, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorlag. Den Verkäufer trifft die Last, das Gegenteil zu beweisen. Nach dieser Zeit muss der Käufer beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag.
In wie weit der Verkäufer sich im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs darauf berufen kann, dass kein Mangel sondern nur Verschleiß vorliegt und er für diesen innerhalb der sechs Monate nicht einzutreten hat, ist bislang gerichtlich nicht geklärt.
Denn nach aktuellen EuGH- und BGH-Entscheidungen ist nicht klar, ob und ggf. wie die Problematik Mangel/Verschleiß in Fällen des Verbrauchsgüterkaufs anwendbar ist. Im für den Verbraucher günstigsten Fall bedeutet die Rechtsprechung, dass der Verkäufer faktisch eine sechsmonatige absolute Haltbarkeitsgarantie für den Gebrauchtwagen gibt, im ungünstigsten Fall ist die oben beschriebene Abgrenzung zwischen Mangel und Verschleiß auch hier anwendbar.
Steht fest, dass der Verkäufer für einen Sachmangel am Fahrzeug bzw. für arglistige Täuschung oder das Nichtvorhandensein einer garantierten Eigenschaft haften muss, kann der Käufer zunächst zwischen der Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder der Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (Ersatzlieferung) wählen. Beim Gebrauchtwagenkauf wird die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs in der Regel unverhältnismäßig sein, so dass es auf eine Nachbesserung hinausläuft.
Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung endgültig, ist die Nacherfüllung fehlgeschlagen (pro Mangel stehen dem Verkäufer regelmäßig zwei Nachbesserungsversuche zu) oder dem Käufer nicht zumutbar, so kann der Käufer die Rückgängigmachung des Kaufvertrages (Rücktritt) oder Minderung des Kaufpreises verlangen.
Beim einem Rücktritt muss der Käufer den Vorteil ausgleichen, den er durch die Benutzung des Wagens bis zu dessen Rückgabe erlangt hat und bekommt üblicherweise nicht den vollen Kaufpreis zurück. Bei der Nutzungsentschädigung kommt es grundsätzlich nicht auf den Wertverlust des Kfz sondern nur auf die zurückgelegten Kilometer im Verhältnis zur (Rest-)Gesamtfahrleistung an.
Ein sofortiger Rücktritt, ohne dem Verkäufer die (kostenlose) Beseitigung des Mangels zu ermöglichen, ist grundsätzlich nicht möglich.
Ich rate Ihnen daher dazu, den Verkäufer schriftlich (am besten per Einwurf-Einschreiben oder Fax) aufzufordern, den Mangel innerhalb einer realistischen Frist zu beseitigen. Mit Ablauf dieser Frist können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen