Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen gerne auf Grundlage der angegebenen Informationen im Rahmen einer Erstberatung verbindlich wie folgt beantworten möchte.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 10 C 12.12) hat am 4. Sept. 2012 entschieden:
"Die in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG getroffene Regelung zum Spracherfordernis ist auf den Ehegattennachzug zu Deutschen gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG nur entsprechend anzuwenden. Die verfassungskonforme Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG gebietet es, von diesem Erfordernis vor der Einreise abzusehen, wenn Bemühungen um den Spracherwerb im Einzelfall nicht möglich, nicht zumutbar oder innerhalb eines Jahres nicht erfolgreich sind. Dies enthebt nicht von Bemühungen zum Spracherwerb nach der Einreise.
Ein deutscher Staatsangehöriger darf grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, seine Ehe im Ausland zu führen. Das Grundrecht des Art. 11 GG gewährt ihm – anders als einem Ausländer – das Recht zum Aufenthalt in Deutschland.
Dies gilt gleichermaßen für den Ehegattennachzug zu einem deutschen Staatsangehörigen, der eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt.
Überschreite jedoch das Spracherfordernis als Nachzugsvoraussetzung im Visumverfahren im Einzelfall das zumutbare Ausmaß der Beeinträchtigung der durch Art. 6 Abs. 1 GG qualifiziert geschützten Belange des ausländischen und deutschen Ehegatten, ist es geboten, gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG von der Anwendung des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vor der Einreise des ausländischen Ehegatten abzusehen.
Die Unzumutbarkeit kann sich u.a. daraus ergeben, dass es dem ausländischen Ehegatten aus besonderen persönlichen Gründen oder wegen der besonderen Umstände in seinem Heimatland nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die deutsche Sprache innerhalb angemessener Zeit zu erlernen. In einem solchen Fall schlägt die grundsätzlich verhältnismäßige Nachzugsvoraussetzung in ein unverhältnismäßiges dauerhaftes Nachzugshindernis.
Die Grenze zwischen Regel- und Ausnahmefall ist nach der Überzeugung des Gerichts bei einer Nachzugsverzögerung von einem Jahr zu ziehen. Sind zumutbare Bemühungen zum Erwerb der Sprachkenntnisse ein Jahr lang erfolglos geblieben, darf dem Visumsbegehren des Ehegatten eines Deutschen das Spracherfordernis nicht mehr entgegen gehalten werden.
Gern können Sie von Ihrem Recht zu einer kostenlosen Nachfrage Gebrauch machen. Weitergehende Fragen beantworte ich für Sie im Rahmen einer Mandatsübertragung, ebenso übernehme ich gern weitere Tätigkeiten im Rahmen eines Mandats. Eine Mandatsausführung kann auch unbeachtlich der örtlichen Entfernung erfolgen und eine Informationsweiterleitung erfolgt dann per E-Mail, Post etc.
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Bitte beachten Sie, dass die Ergänzung oder Änderung des Sachverhalts zu einer vollkommen anderen rechtlichen Beurteilung führen kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Bergmann
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Bergmann
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Sehr geehrter Herr Bergmann,
Vielen Dank für Ihre Antwort. Die Härtefallregelung war mir bekannt. Es geht mir allerdings um eine Eheschliessung nach Arbeitsantritt, ohne ein Jahr Bemühungen abzuwarten.
Mein Anliegen bezog sich auf meine zweite EU Staatsbürgerschaft und meinen gewöhnlichen Aufenthalt im EU Ausland. Nach meiner Kenntnis ist nach aktueller Rechtssprechung in diesen Fällen kein Sprachnachweis beim Ehegattennachzug erforderlich ist. Siehe zB. hier: https://germania.diplo.de/blob/1596874/38ab330cd0f45588e01169e57c3fc466/ehegatten-sprachnachweis-data.pdf
Daher meine Fragen:
1) Gelten diese Ausnahmen für EU Staatbürger auch beim Visum zur Eheschiessung, oder gelten Sie nur beim Visum zum Ehegattennachzug?
2) Könnte mein vorhandener zweiter Wohnsitz in Deutschland ein Hindernis für die Anwendung der Ausnahmeregelungen (die auf Basis der EU Freizügigkeit bestehen) darstellen ?
Vielen Dank
1) Gelten diese Ausnahmen für EU Staatbürger auch beim Visum zur Eheschiessung, oder gelten Sie nur beim Visum zum Ehegattennachzug?
Die Ausnahmen sind analog anwendbar.
2) Könnte mein vorhandener zweiter Wohnsitz in Deutschland ein Hindernis für die Anwendung der Ausnahmeregelungen (die auf Basis der EU Freizügigkeit bestehen) darstellen
Nein meiner Ansicht nicht