Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für die Anfrage(n), die ich wie folgt beantworte:
Ein Rücktrittsrecht wegen unerwarteter Klausel gibt es so nicht. Allenfalls bei überraschenden Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt es zu der Rechtsfolge, dass diese nicht Vertragsbestandteil werden. Insoweit wäre der Haftungsausschluss ungültig, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen vorlägen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach § 305 BGB
alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei ( Verwender ) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Ein womöglicher Meinungsstreit über die Wirksamkeit der Klausel nach dem Gesetz über die Allgemeinen Geschäfsbedingungen - § 305 ff. BGB
- muss jedoch aus folgendem Grund nicht entschieden werden:
Nach erster Beurteilung der Sach - und Rechtslage haben Sie nämlich
( 1 ) nach § 123 BGB
einen Anfechtungsgrund wegen arglistiger Täuschung und desweiteren
( 2 ) greift der Haftungsausschluss des Notebookverkäufers gemäß § 444 BGB
nicht, da der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
Zu den Punkten ( 1 ) und ( 2 ) führe ich wie folgt aus:
( 1 )Eine Täuschung kann durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen erfolgen. Arglist erfordert nach ständiger Rechtsprechung keine Absicht, sondern lediglich Vorsatz. Bei der von Ihnen beschriebenen Auktion ist wohl davon auszugehen, dass der Verkäufer durch die täuschende Gestaltung der Seite beim Kaufinteressenten vorsätzlich einen Irrtum erregen wollte. Die Anfechtung des Kaufvertrages sollten Sie innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB
am besten schriftlich mit Rücksendeeinschreiben gegenüber dem Verkäufer erklären und hinsichtlich der Einforderung des bereits geleisteten Kaufpreises zugleich eine Zahlungsfrist setzen.
Auch der Umstand, dass der Verkäufer angeblich im Auftrag seines Sohnes gehandelt hat, nimmt Ihnen nicht das Anfechtungsrecht. In § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB
heißt es hierzu nämlich wie folgt: " Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste." Auch wenn der Vater die Mängel des Notebooks nicht gekannt haben sollte, so besteht das Anfechtungsrecht dennoch, da der Vater nach der zu erwartenden Wertung der Rechtsprechung nicht als Dritter im Sinne der oben genannten Vorschrift gerechnet wird. Kein Dritter ist nämlich, wer auf der Seite des Erklärungsempfängers steht und maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt hat.
Dies ist eine komplizierte Rechtsproblematik. In einfachen Worten gesprochen gilt jedoch, dass es bzüglich einem Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung egal ist, ob der Vater oder der Sohn das Notbook zerlegt hat.
( 2 ) Wortlaut des § 444 BGB
§ 444 Haftungsausschluss. Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
Der Vater gibt vor, dass er von dem Ausbau der Festplatte etc., also vom Mangel des Notebooks, keine Kenntnis hatte. Dies ist meineserachtens zwar äußerst unglaubwürdig, da ja Bilder von dem Notebook bei der Internetauktion eingestellt wurden. Möchte man dem Vater dennoch glauben, so könnte sich der vom Vater vertretene Sohn gemäß § 166 Abs. 2 BGB
nicht auf die Unkenntnis des Vaters berufen, sodass auch in diesem Fall eine Gewährleistung zwischen Ihnen und dem Sohn als Verkäufer nicht wirksam ausgeschlossen worden wäre.
Angenommen der Haftungsausschluss ist unwirksam, so können Sie wenn Sie Ihre Gewährleistungsrechte geltend machen wollen, vom Verkäufer nach §§ 437 Nr. 1
i. V. m. 439 BGB
Nacherfüllung ( Einbau der Festplatte, des Arbeitsspeichers etc. )verlangen. Hierbei sollte ggf. dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Nach erfolglosem Ablauf der Frist kann vom Vertrag zurückgetreten werden oder auch Schadensersatz gefordert werden.
Im Übrigen mache ich Sie noch auf folgende Problematik aufmerksam:
Fraglich ist, wer überhaupt Ihr Vertragspartner und damit Ihr Erklärungsempfänger hinsichtlich einer Anfechtungserklärung mit Fristsetzung zur Rückerstattung des Kaufpreises oder einer Fristsetzung zur Nacherfüllung ist. Es könnte sein, dass der Vater behauptet, dass er als rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter seines Sohnes gehandelt hat, also gar nicht Verkäufer ist. Sie sollten daher Ihr weiteres Vorgehen gegen den Sohn und den Vater richten und diese insbesondere auch auffordern sich darüber zu erklären, wer nun als Verkäufer des Notebooks gilt.
Ob Sie nun den Kaufvertrag anfechten oder Gewährleistungsrechte geltend machen, möchte ich Ihrer Entscheidung überlassen. Sofern Ihr erklärtes Ziel jedoch die schnellstmögliche Rückerstattung des geleisteten Kaufpreises ist, so rate ich zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung verbunden mit Fristsetzung zur Rückerstattung des Kaufpreises. Ich hoffe Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung ermöglicht zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Kohberger,
vielen Dank für die schnelle und informative Antwort!
Der Verkäufer hatte mir auf meine Rückmeldung zum Notebook unter der E-Mail-Adresse seiner Frau geantwortet. Aufgrund des Inhalts der Antwort, der mir juristisch fundiert erschien, habe ich recherchiert, dass seine Frau Rechtsanwältin ist und somit die Artikelbeschreibung vermutlich unter Wissen über aktuelle Rechtssprechungen und -lage zur Artikelbeschreibung zustande kam.
In der - wahrscheinlich juristisch ebenso abgesicherten - Antwort steht:
"Es kann hier gar nicht von vorsätzlicher Täuschung gesprochen werden und damit auch nicht von einem Betrug, die Tatbestandsvoraussetzungen desselben sind nicht
erfüllt."
Begründungen: "Es war auch kein Kleingedrucktes. Die Schriftgröße war genau dieselbe wie im Rest des Textes. Außerdem waren es auch keine rechtlichen Hinweise, sondern Wichtige Hinweise, die es zu lesen galt. Die Beschreibung ist rechtlich gesehen nicht zu beanstanden. Was offensichtlich war, das habe ich rein geschrieben (Display etc.). Was Arbeitsspeicher und Festplatte betrifft, so wusste ich von nichts, das hab ich auch rein geschrieben. Die Berufung auf Angaben von Herstellern oder anderen Angeboten ist legitim! Von den tatsächlichen Daten wusste ich ja nichts. Kurz gesagt haben Sie eigentlich keinerlei rechtliche Ansprüche gegen mich."
Wie ist Ihre Meinung hierzu?
Noch einmal vielen Dank!
Vielen Dank für Ihre Nachfrage(n).
Aus dieser entnehme ich, dass Sie dem Verkäufer bereits den Vorwurf eines zumindest versuchten Betruges gemacht haben. Grundsätzlich besteht beim Vorwurf einer Straftat immer das Risiko von der Gegenseite ebenfalls einer Straftat bezichtigt zu werden. Als solche käme hier zumindest theoretisch eine Beleidigung in Betracht.
Sie haben die Möglichkeit zunächst auf die Anwort der Rechtsanwältin selbst mit der Erstattung einer Anzeige wegen versuchtem Betrug zu drohen, wobei ich jedoch bei Anzeigenerstattung eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens - sofern dieses überhaupt eröffnet wird - befürchten würde, da die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes einer Betrugstat zu Ihrem Nachteil dem Verkäufer kaum nachweisbar sein wird, zumal seine Frau Rechtsanwältin ist und offenbar viel Zeit darauf verwendet Ihrem Sohn bzw. Mann als Gehilfin bei äußerst fragwürdigen Geschäften zuzuspielen.
Die Frage bzw. Antwort der Gegenseite, ob es sich um sogenanntes Kleingedrucktes oder Großgedrucktes handelt ist ein juristisches Täuschungsmanöver, da die Schriftgröße allenfalls bei der Frage der wirksamen Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Rolle spielt. Diesbzüglich habe ich oben bereits ausführlichst erläutert, dass die Frage einer wirksamen Einbeziehung offen bleiben kann, da die Mängel eben entweder vom Sohn oder vom Vater vorsätzlich verschwiegen wurden.
Die Tatsache, dass die Beiden von der Mutter und Ehefrau als Rechtsanwältin rege Unterstützung finden ändert natürlich nichts an der von mir ausgangs dargestellten Beurteilung der Sach - und Rechtslage. Allerdings ist schon zuzugeben, dass Sie wohl bei einem weiterem juristischen Vorgehen gegen die äußerst fragwürdigen Geschäftsmethoden der Familie mit hefigem Wiederstand derselben rechnen müssten.
Tatsache ist und bleibt allerdings, dass Sie ein ausrangiertes Notebook ohne Festplatte und Arbeitsspeicher erworben haben, das wohl so gut wie keinen Marktwert hat und dies in der Artikelbeschreibung an keiner Stelle erwähnt wurde. Da helfen auch die ausgefeiltesten juristischen Formulierungen dem Verkäufer nicht weiter.
Ein weiteres Scheinproblem sehe ich darin, dass der Verkäufer sich dadurch herauszureden versucht, selbst das Notebook noch nie gesehen zu haben und daher dieses nach den Angaben des Herstellers angepriesen hat. Hätte es sich tatsächlich so zugetragen, dann frage ich mich schon, woher er die Photos des Notebooks hatte. Außerdem hätte der Verkäufer in diesem Fall nach der Auffassung der Rechtsprechung sicherlich sogenannte " Angaben ins Blaue hinein " gemacht, sodass auch in dem Fall von Unkenntnis der Mängel wegen beim Verkäufer nicht vorhandenem Notebook von arglistiger Täuschung ausgegangen werden muss. Diese Täuschung würde dann allerdings nur ein Anfechtungsrecht und Gewährleistungsrechte begründen. Eine Betrugstat wäre mangels Vorsatz kaum zu bejahen.
Gegebenenfalls sollten Sie einen Rechtsanwalt( in ) mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt