Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Eine seriöse Vertragsgestaltung eines Arbeitsvertrages ist für den von Ihnen gebotenen Einsatz nicht durchführbar, da die Prüfung sämtlicher Details enorm zeit- und arbeitsaufwendig wäre. Zudem ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich, sämtliche Regelungen des Vertrages auf Zweckmäßigkeit zu Überprüfen, da mir unbekannt ist, ob Sie Arbeitnehmer oder Arbeitgeber sind. Eine Beratung hinsichtlich der Zweckmäßigkeit könnte aus Arbeitgebersicht auch nur dann erfolgen, wenn als Hintergrund weitreichende Einblicke in die Art des Unternehmens und in die beabsichtigte Tätigkeit des Arbeitnehmers gegeben würden. Dazu ist dieses Forum nicht geeignet.
Ich verstehe Ihre Anfrage vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes vielmehr als eine Evidenzkontrolle auf offenschtliche Unstimmigkeiten, Widersprüche oder unwirksame Klauseln. Die hier vorgenommene Begutachtung kann daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben.
Demnach kann ich Ihnen mitteilen, dass der vorliegende Arbeitsvertrag das Arbeitsverhältnis umfassend regelt. Insoweit ist nach einer ersten Prüfung nicht festzustellen, dass eine wichtige Regelung fehlen könnte, so dass Streit zwischen den Vertragsparteien vorprogrammiert wäre.
Da es jedoch um eine Tätigkeit geht, die eine Verschwiegenheit des Arbeitnehmers zu erfordern scheint, wäre allenfalls darüber nachzudenken, ob die Aufnahme eine nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sinnvoll wäre. Dies ist jedoch nur in engen Grenzen möglich und hängt u.U. auch von der Tätigkeit des Arbeitnehmers ab.
Leider gibt es in dem vorliegenden Vertrag jedoch offensichtlich unwirksame Klauseln:
1.) Sofern es sich um einen standardisierten, vorformulierten Arbeitsvertrag handelt, wären die vorliegenden Regelungen den Grundsätzen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterworfen. Dann wäre Nr. 10 Satz 1 unwirksam. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) vertritt nämlich in ständiger Rechtsprechung, dass Individualvereinbarungen Vorrang vor ABG-Klauseln haben, so dass ein Schriftformerfordernis im Vorfeld nicht die Wirksamkeit einer späteren mündlichen Abrede beeinträchtigen darf (BAG 5 AZR 702/93
). Ein Schriftformerfordernis kann allenfalls durch eine zwischen den Parteien ausgehandelte Individualvereinbarung statuiert werden. Aushandeln bedeutet, dass der Inhalt der gegnerischen Partei ernsthaft zur Disposition gestellt wird. Hierfür wäre der Arbeitgeber im Streitfall beweispflichtig, weshalb es sich anbietet, diese Vereinbarung gesondert zum Arbeitsvertrag in einer Anlage abzufassen. Abweichend von o.g. Formulierung bietet sich folgender Wortlaut an: "Nebenabreden, Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform, insbesondere die Änderung dieser Klausel." Der letzte Halbsatz ist wichtig, um dem Einwand zu entgehen, dass gerade das Schriftformerfordernis abbedungen wurde.
2.) In Nr. 6 wird eine Kündigung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen. Dies ist nicht zulässig. Wenn der Arbeitnehmer während der Probezeit gesetzlich unter erleichterten Voraussetzungen kündigen darf, so muss dies erst Recht vor Beginn des Arbeitsverhältnisses gelten. Der Arbeitnehmer kann nicht gezwungen sein, das Arbeitsverhältnis erst anzutreten, um es sofort zu kündigen. Zudem bietet es auch dem Arbeitgeber Sicherheit, dies so schnell wie möglich, also vorher, zu erfahren.
3.) Problematisch ist ebenfalls die Vertragsstrafenregelung in Ziff. 8. Wenn auch Vertragsstrafen in AGB grundsätzlich unwirksam sind, so ist dennoch vom BAG entschieden worden, dass eine Vertragsstrafe in einem Arbeitsvertrag zulässig ist, wenn sie für den Fall gilt, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis überhaupt nicht antritt oder vorher kündigt (BAG 8 AZR 196/03
). Unwirksam ist hier jedoch die Höhe der Vertragsstrafe. Wenn ein Arbeitnehmer während der Probezeit berechtigt ist, unter einer Kündigungsfrist von zwei Wochen zu kündigen, darf die Vertragsstrafe kein Bruttomonatsgehalt, sondern lediglich ein halbes betragen (LAG Schleswig-Holstein 1 Sa 59/06
). Eine Vertragsstrafe ist nur wirksam, wenn sie als solche deutlich zu erkennen ist. Es ist also wichtig, dass es bei der eigenen Überschrift bleibt und sie nicht unter einen anderen Absatz gesetzt wird.
4.) Der Arbeitnehmer hat ein Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG
), weshalb ein generelles Nebentätigkeitsverbot unzulässig ist. Verbote mit Erlaubnisvorbehalt sind zulässig, müssen aber erkennbar machen, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Nebentätigkeit hat, sofern keine betrieblichen Gründe zwingend dagegen sprechen.
5.) Nr. 9 ist ebenfalls unwirksam. Zwar kann eine zweistufige Verfallklausel in einen Arbeitsvertrag aufgenommen werden, die Fristen beider Stufen müssen aber jeweils mindestens 3 Monate betragen (BAG 5 AZR 572/04
). Im vorliegenden Fall ist die zweite Frist daher zu kurz.
Die übrigen Vertragsbestandteile sind zumindest im Rahmen dieser Evidenzkontrolle unproblematisch.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Liedtke
Rechtsanwalt
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