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Arbeitsverträge mit und ohne Angabe von Wochenarbeitszeit - Überstunden

| 19. April 2016 02:23 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Manuela Fritsch

Sehr geehrte Damen und Herren,

für die Ausübung meiner Betriebsrat-Tätigkeit Aufgaben benötige ich Auskunft.

Fallschilderung - Ist-Situation:
In der betreffenden Firma existieren bei derzeit 9 Innendienstangestellten verschiedene Arbeitsverträge.

Die neueren Verträge enthalten explizit die Angabe das eine 40 Stunden-Woche vereinbart ist. Die älteren enthalten keine Angaben über die wöchentliche Regelarbeitszeit, dafür aber einen Vermerk das der Urlaubsanspruch auf eine 5 Tage Woche gerechnet ist.

Einige Mitarbeiter nutzten zur Zeiterfassung eine Stechkarte andere haben sich dazu überreden lassen diese Stechkarte abzugeben. Das Zeiterfassungsgerät ist derzeit defekt.

Da ausgeschiedene Mitarbeiter nicht ersetzt wurden und die Arbeit auf die verbleibenden Angestellten verteilt wird ist eine Bewältigung des Arbeitspensum ohne Überstunden eigentlich nicht möglich.

Frage:
A. Gilt aufgrund der Tatsache das alle Mitarbeiter einer Regelarbeitszeit von 40 Stunden nachgehen auch für die alten Verträge der verbindliche Annahme das auch hier eine wöchentliche Regelarbeitszeit von 40 Stunden als vereinbart gilt?
B. Ist die Geschäftsführung verpflichtet Stundenzettel zu akzeptieren (sowohl von den Mitarbeitern welche das Zeiterfassungssystem bis zum Defekt nutzten als auch von den Mitarbeitern die dieses System nicht mehr nutzten? Gemäß dem Arbeitszeitgesetz besteht meines Wissens nach eine Nachweis und Aufbewahrungspflicht seitens des Arbeitgebers über geleistete Mehrarbeit.

Hintergrundinformation:
Generell würde die Geschäftsführung das Thema Überstunden gerne vollständig ignorieren. Das ein Rechtsanspruch auf die Vergütung (Freizeitausgleich oder monetär) dürfte unstrittig sein. Das Zeiterfassungsgerät wird nicht repariert oder ersetzt. Einigen Mitarbeiter die inzwischen weit über 80 Stunden auf ihrem Zeitkonto haben, ist es untersagt worden weiter Überstunden zu machen (mit dem Zusatzvermerk das die normale Arbeit darunter jedoch nicht leiden darf). Keiner der Angestellten ist in Funktion oder Bezahlung als leitender Angestellter zu definieren.

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen gerne wie folgt beantworten möchte:

Frage 1:
Ja, auch für die alten Arbeitsverträge gilt eine 40-Stunden-Woche verbindlich als vereinbart, selbst wenn diese nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Hierzu gibt es ein eindeutiges Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das genau diesen Fall regelt. Danach gilt für die Altverträge, dass als Wochenarbeitszeit die betriebsübliche Arbeitszeit vereinbart worden ist (BAG, Urteil vom 15.05.2013, Aktenzeichen 10 AZR 325/12 ).

Vorliegend ist über die bisherige Zeiterfassung und die neueren Verträge nachweisbar, dass die in den Altverträgen vereinbarte Fünftagewoche einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden entspricht.
Dies gilt umso mehr, da Sie schildern, dass insgesamt neun Mitarbeiter in offenbar vergleichbarer Tätigkeit im Innendienst arbeiten.
Bitte nehmen Sie als Argument gegebenenfalls auch noch § 3 des ArbZG hinzu. Dieser lautet auszugsweise: "Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. [...]"
Wenn also die anderen Mitarbeiter im Schnitt acht Stunden täglich arbeiten, gilt dies als betriebsüblich. Abweichungen können sich dann nur bei Teilzeitverträgen ergeben.

Frage 2:
Die Vorschrift, auf welche Sie abzielen, findet sich in § 16 Abs. 2 ArbZG . Dieser lautet auszugsweise: "Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen [...] Die Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren."

Es gehört also in der Tat zu den Arbeitgeberpflichten, der Dokumentationspflicht über die Arbeitszeiten nachzukommen. Wird hierzu kein Zeiterfassungssystem (Stechuhr) verwendet, muss er die korrekte Zeiterfassung anders gewährleisten.
Tut er dies nicht, hat er zunächst die Eigenangaben der Mitarbeiter hinzunehmen und zu dokumentieren. So lange es keine Anhaltspunkte für Zweifel an deren Richtigkeit gibt, darf er diese nicht zurückweisen.

Sie liegen mit Ihrer rechtlichen Einschätzung der Sache also vollkommen korrekt.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 21. April 2016 | 12:47

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Die Antwort war klar und gut verständlich formuliert. Bei weiteren Fragen in dieser Angelegenheit würden wir bestimmt gerne wieder auf Frau Fritsch zugehen.

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