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Arbeitslosengeld ALGI bei vorheriger befristeter Teilzeitarbeit

5. März 2012 14:10 |
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Sozialrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Dörthe Kiesewetter

Ich habe vom 1.12.2008 - 31.12.2010 befristet von Vollzeit auf Teilzeitarbeit umgestellt (aus gesundheitlichen Gründen).
Seit 28.06.2010 bin ich arbeitsunfähig, bis 08.08.2010 habe ich Entgeltfortzahlung bekommen. Danach Krankengeld.
Am 28.09.2011 habe ich einen Reha-Antrag gestellt und bin aus der Reha weiter arbeitsunfähig entlassen worden,
seit 1.12.2011 erhalte ich Arbeitslosengeld (Nahtlosigkeit nach Aussteuerung),
am 30.01.2012 einen Rentenantrag gestellt (zeitlich Umwandlung Rehaantrag).

Als Arbeitslosengeld ALGI erhalte ich nun eine Betrag, der sich am Teilzeitgehalt orientiert (Zeitraum 01.12.2009 bis 08.08.2010).
Aussage ARGE: "Bemessungsrahmen darf nicht weiter als 2 Jahre in die Vergangenheit erweitert werden (§139 Abs. 1 S.2 , § 130 Abs. 3 SGB III ), es kann kein Bemessungszeitraum gebildet werden bei Außerachtlassung der Teilzeit/-entgelte und müßte somit fiktiv bemessen werden, was für mich niedriger als der tatsächliche Verdienst ausfällt".

Meine Frage:

1) Ab wann endet der Bemessungsrahmen, am 30.11.2011 oder 08.08.2010 ?
2) Ich beziehe mich hier auf §130 Abs. 2 Nr. 4 SGBIII.
Habe ich nicht Anspruch auf Bemessung nach meinem Vollzeitgehalt ?
42 Monate/3,5 Jahre zurückgerechnet seit hier angenommen 30.11.2011 (also 01.06.2008) habe ich noch Vollzeit gearbeitet, genau 6 Monate bis zum 1.12.2008.
Fazit: Wer 3 Jahre lang Teilzeit gearbeitet hat, vorher aber 6 volle Monate Vollzeit tätig war, erfüllt doch diese Vorassetzung.

Als Vergleich:

Leistungsssatz (netto) täglich ALGI: 44,47 EUR
Leistungsssatz (netto) täglich Krankengeld: 57,64 EUR

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Leider hat man meine Prüfung ergeben, dass die Agentur für Arbeit wohl zutreffend entschieden hat.

Ausgangspunkt für die Bemessung des Arbeitslosengeld ist zunächst der Bemessungsrahmen.

Der Bemessungsrahmen umfasst im Regelfall das letzte Jahr vor Beendigung des letzten, der Arbeitslosigkeit vorausgehenden Versicherungspflichtverhältnisses. Das letzte, der Arbeitslosigkeit vorausgehende Versicherungspflichtverhältnis, ist bei Ihnen der Bezug von Krankengeld (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB III ).

Grundsätzlich bilden die in diesen Zeitraum fallenden abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume den Bemessungszeitraum.
Sie haben jedoch in der Zeit vom 01.12.2010 – 30.11.2011 (Bemessungsrahmen) kein Arbeitsentgelt erzielt, sondern Krankengeld erhalten.

Daher wird in Ihrem Fall der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, er umfasst daher den Zeitraum 01.12.2009 – 30.11.2011 (erweiterter Bemessungsrahmen).

Im erweiterten Bemessungsrahmen haben Sie in der Zeit vom 01.12.2009 – 08.08.2010 lediglich in Teilzeit gearbeitet. Das Gesetz spricht in § 130 Abs. 2 SGB III davon, dass bestimmte Zeiten außer Betracht bleiben. Dies bedeutet, dass sie zur Bemessung nicht herangezogen werden dürfen. Jedoch müssen dann im erweiterten Bemessungsrahmen immer noch 150 Tage mit Anspruch auf (unvermindertes) Arbeitsentgelt bestehen, damit das Arbeitslosengeld danach bemessen werden kann.

Dies klingt sehr kompliziert, bedeutet konkret aber folgendes:

In jedem Fall beträgt der Bemessungsrahmen höchstens zwei Jahre, in Ihrem Fall umfasst er den Zeitraum 01.12.2009 – 30.11.2011. Die Regelung des § 130 Abs. 2 SGB III führt nicht dazu, dass der Bemessungsrahmen noch weiter erweitert werden kann.

Wenn man nunmehr die Zeiten der Teilzeitbeschäftigung außer Acht lässt, haben Sie im Bemessungsrahmen von zwei Jahren keinerlei Arbeitsentgelt erzielt. Ihr Arbeitslosengeld wäre dann nach § 132 SGB III fiktiv zu bemessen. Jedoch besagt die Dienstanweisung der Agentur für Arbeit zu § 130 SGB III , dass die nach § 130 Abs. 2 SGB III außer Betracht zu lassenden Zeiten doch zu berücksichtigen sind, wenn dies für den Arbeitslosen günstiger ist.

So wurde offenbar auch in Ihrem Fall verfahren. Die Berücksichtigung des Teilzeitentgeltes ist für Sie günstiger als die fiktive Einstufung.

Was ggf. zu prüfen wäre, ob die fiktive Einstufung zutreffend erfolgte. Dies richtet sich gemäß § 132 SGB III nach sog. Qualifikationsgruppen. Je nach Bildungsgrad wird der Arbeitslose in Qualifikationsgruppen eingeordnet, kurz gesagt: je höher der Bildungsgrad, desto höher die Eingruppierung.

Maßgeblich ist hier aber nicht nur per se der erworbene Abschluss, sondern auch auf welche Art der Tätigkeit sich die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit in erster Linie beziehen. Hier könnte z.B. problematisch sein, dass Sie aufgrund Ihrer Erkrankung nicht mehr voll einsetzbar sind und daher auch nicht mehr Ihrer ggf. ursprünglich erworbenen Qualifikation vermittelt werden können. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie wurden fiktiv zu niedrig eingestuft, kann ein Widerspruch bzw. Überprüfungsantrag sinnvoll sein. Sollte nämlich dann die fiktive Einstufung für Sie günstiger sein, wäre nach dieser Maßgabe das Arbeitslosengeld zu zahlen.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Dörthe Kiesewetter, Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 5. März 2012 | 16:06

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Kongret zu meinen Fragen bedeutet dies also:

1) Der Bemessungsrahmen endet am 30.11.2011 (Antrag ALG) und nicht 08.08.2012 (Ende Bezug Arbeitsentgelt)?

2) §130 Abs. 2 Nr. 4 SGBIII: Dies war ein Hinweis von meinem Betriebsrat. Ist es also (in meinem Fall) nicht richtig, dass bei Bezug von befristetem Teilzeitgehalt (75%) das Vollzeitgehalt zu bemessen ist, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und ich mind. 6 Monate Vollzeit in den letzten 42Monate/3,5 Jahre gearbeitet habe?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. März 2012 | 11:18

Sehr geehrter Ratsuchender,

gerne möchte ich Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:

zu 1) ja, der Bemessungsrahmen endet am 30.11.2011, mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnis vor Entstehung des Anspruches auf Alg. Dieses letzte Versicherungspflichtverhältnis ist in Ihrem Fall der Bezug von Krankengelg und nicht das letzte Arbeitsverhältnis.

zu 2) die Vorschrift des § 130 Abs. 2 Nr. 4 SGB III ist sehr missverständlich. Hintergrund ist vermutlich, dass bis 2004 der Bemessungsrahmen auf bis zu drei Jahre verlängert werden konnte. Daher war die Regelung bezüglich der 3 1/2 Jahre auch sinnvoll. Im Grunde hätte mit der Neuregelung des Bemessungsrahmens auch dieser Zeitraum verkürzt werden müssen.
Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 06.05.2009 (Az.: B 11 AL 7/08 R ) dazu folgendes entschieden:
Das Gesetz sieht eine Erweiterung des Bemessungsrahmen auf über 2 Jahre nicht vor. Daran ändert auch nichts, dass nach § 130 Abs. 2 Nr. 4 SGB III bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes Teilzeittätigkeiten im dort genannten Umfang außer Betracht bleiben, wenn der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor Entstehung des Anspruches während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat. § 130 Abs. 2 Nr. 4 SGB III stellt keinen Aufschubtatsbestand dar, der zu einer Erweiterung des Bemessungsrahmens auf mehr als zwei Jahre führen könnte.
Der Gesetzgeber hat damit keinen beliebigen Rückgriff auf frühere Beschäftigungszeiten mit längeren regelmäßigen Arbeitszeiten zugelassen.

Im Ergebnis ist daher, wenn die Nichtberücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung dazu führt, dass keine 150 Tage im Bemessungszeitraum mit Arbeitsentgelt zu verzeichnen sind, das Alg fiktiv zu bemessen ist. Es sei denn, wie in Ihrem Fall, die Berücksichtigung des Teilzeitgehaltes ist günstiger, dann wird nach dem Teilzeitgehalt bemessen.

Es tut mir leid, dass ich Ihnen keine günstigere Auskunft geben kann.

Mit freundlichen Grüßen
Dörthe Kiesewetter
- Rechtsanwältin -

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