Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
I.
Nach der herrschenden Meinung darf der Inhalt von privaten E-Mails vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht gelesen oder herausgefordert werden, wenn eine private Nutzung des Internets erlaubt ist (de Wolf, NZA 2010, 1206, m.w.N.). Diese private Nutzung ist in Ihrem Fall Ihren Informationen entsprechend jedoch gerade nicht erlaubt.
Hat der Arbeitgeber daher die private E-Mail-Nutzung am Arbeitsplatz untersagt, greift das Fernmeldegeheimnis (auf Grund der fehlenden Anwendbarkeit der TK-Gesetze) im Verhältnis des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer nicht (vgl. Ernst, NZA 2002, 585; ArbG Frankfurt/M. MMR 2004, 829
).
Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber bei verbotener Privatnutzung nach § 32 Abs. 1
Satz 1 BDSG gestattet, die E-Mail-Nutzung im Betrieb zu kontrollieren. Regelmäßig wird dabei sein Interesse, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu schützen oder auch die tatsächliche Nutzung der betrieblichen Arbeitszeit sowie eventuellen Missbrauch durch Arbeitnehmer überprüfen zu können, gegenüber dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers überwiegen (Hoppe/Braun, MMR 2010, 80).
Sie sollten daher im Ergebnis die rein geschäftlichen E-Mails freigeben.
II.
Demgegenüber schätze ich die E-Mails, die Sie insbesondere als Antidiskriminierungsbeauftragter geschrieben haben, nicht als rein geschäftlich ein, sondern – zumindest wohl teilweise – als aufgrund der damit verbundenen Vertrauensposition schutzwürdiger ein.
Hier könnte trotz der generellen Zugriffsmöglichkeit des Arbeitsnehmers ein Eingriff in Ihr Persönlichkeitsrecht vorliegen. Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers können durch Wahrnehmung überwiegend schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Bei einer Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den Interessen des Arbeitgebers ist somit durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Vorrang verdient (BVerfG 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96
- und - 1 BvR 805/98
- BVerfGE 106, 28
).
Hier müssten daher die jeweiligen E-Mails separat gewürdigt werden, ob diese etwa vertrauliche oder private Inhalte haben, die konkret Ihre Interessen als für (Anti-)Diskriminierungsfragen zuständige Person betreffen.
Diese schutzwürdigen E-Mails wären dann vom Zugriff des Arbeitgebers ausgenommen. Es bleibt jedoch zusammenfassend festzuhalten, dass hier vieles noch nicht gerichtlich geklärt ist, insbesondere der hier vorliegende Fall, dass eigentlich bei Ausschluss der privaten Nutzung der E-Mail-Adresse dennoch – aufgrund einer besonderen Position – eventuelle schutzwürdige Inhalte von E-Mails vorliegen.
III.
Dies betrifft dann letztlich auch die Weiternutzung Ihrer E-Mail-Adresse. Diese „gehört" wohl dem Arbeitgeber, weshalb er diese auch nutzen darf. Letztendlich wird diese aus meiner Sicht jedoch nutzlos, wenn Sie nicht mehr in dem Betrieb arbeiten.
Eventuell sollten Sie diese Frage näher konkretisieren.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Otterbach, Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Otterbach,
ich bedanke mich für Ihre schnelle Auskunft.
Mittlerweile hat mein Arbeitgeber auf den Servern nach meinen Postfächern gesucht und festgestellt, dass diese bis zum Jahr 2005 nicht mehr rekonstruierbar sind.
Anfang 2013 wurde unser alter, externer E-Mailserver von einer Dienstleistungsfirma auf einen internen Exchange-Server portiert. Dabei sind offenbar alle alten E-Mails verloren gegangen. (Zu dieser Zeit war ich nicht mehr für den Datenverwaltung zuständig.)
Bin ich verpflichtet, für solche Fälle von allen E-Mails Kopien anzufertigen?
Meine alte E-Mail-Adresse ist für mich nicht nutzlos.
Ich bin zwar kein Arbeitnehmer, wohl aber noch Gesellschafter meiner alten Firma.
Demzufolge sind wahrscheinlich auch noch vertrauliche Gesellschafterbeschlüsse und Absprachen unter den Gesellschaftern in meinem Exchange-Postfach gespeichert. Ich möchte nicht, dass mein Nachfolger auf diese Informationen Zugriff hat.
Kann ich verlangen, dass mein Postfach und dessen Daten komplett gelöscht werden?
Freundlich grüßt
der Fragesteller
Sehr geehrter Fragesteller,
für die Datensicherung von E-Mails sind Sie sicherlich nicht verantwortlich. Dies müsste ansonsten in irgendeiner Art und Weise dokumentiert bzw. von Ihrem Arbeitgeber angewiesen oder beauftragt worden sein.
Ihre zweite Frage geht m.E. über die ursprüngliche Frage hinaus. Insbesondere könnten nun auch gesellschaftsrechtliche Erwägungen eine Rolle spielen. Dennoch in gebotenen Kürze:
Möglicherweise könnte Ihnen ein Anspruch auf Löschung des Postfaches bzw. der noch vorhandenen Daten (nur die vertraulichen) aus §§ 1004
, 823 Abs. 2 BGB
i.V.m. § 88 Abs. 3 TKG
und Art. 10 Abs. 1 GG
. Hier wäre jedoch zu klären, ob § 88 Abs. 3 TKG
überhaupt Anwendung findet, da zwar persönliche E-Mails vorliegen, eine private Nutzung jedoch durch den Arbeitgeber grundsätzlich ausgeschlossen war.
Daneben könnte sich der Anspruch auch i.V.m. § 202a StGB
ergeben, sofern der Arbeitgeber unbefugt auf Ihre Daten zugreift. Diese dürften wohl, soweit Sie die gesellschaftsrechtlichen vertraulichen Informationen enthalten, unter den Schutz der Norm fallen, müssten jedoch, um einen Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch zu rechtfertigen, bereits eingesehen worden sein.
Zuletzt greift jedoch auch hier wieder Art. 10 Abs. 1 GG
, nach dem dann eine Abwägung zu machen wäre. Hier tendiere ich wiederum dazu, die vertraulichen gesellschaftsrechtlichen Informationen höher zu werten, als das Interesse des Arbeitgebers, Ihren Account einzusehen.
Im Zweifel müsste hier weiter nach relevanter Rechtsprechung recherchiert werden, um einen eventuell bestehenden Löschungsanspruch ausreichend abzusichern.
Mit freundlichen Grüßen