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Anzeige- und Nachweispflichten im Krankheitsfall / Wirksamkeit abweichende Regelung

9. Januar 2009 14:34 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Linienvorgesetzter von 5 Mitarbeitern bin ich disziplinarisch und fachlich fuer einen Mitarbeiterkreis (als Teamleiter) zustaendig.

Mein Linienvorgesetzter teilt mir nunmehr per Mail mit - Personalsachbearbeiter auf cc - , dass ich kuenftig darauf zu achten haette, dass bei krankheitsbedingten Abwesenheiten von Mitarbeitern "an Freitagen und Montagen" grundsaetzlich ein aerztliches Attest vorzulegen sei.

Mein Arbeitsvertrag enthaelt unter dem Abschnitt "Arbeitsverhinderung" den Hinweis bei Arbeitsunfaehigkeit wegen Erkrankung sei der jeweils gueltigen Fassung des Entgeltfortzahlungsgesetzes Folge zu leisten. Diese enthaelt unter §5 Anzeige- und Nachweispflichten die Regelung, dem Arbeitgeber muesse ein Attest vorgelegt werden, wenn die Erkrankung laenger als drei Kalendertage dauere. Der Arbeitsvertrag definiert als Wochenarbeitszeit Montag bis Samstag, wobei an Samstagen das Buero regelmaessig geschlossen ist. Ich gehe davon aus, dass auch die mir zugeteilten Personen diesen Passus vertraglich vereinbart haben, kann dies aber zur Zeit nicht mit 100%iger Gewissheit sagen.

Gedankenspiel: Wenn ein Mitarbeiter also an einem Freitag erkrankt, kann ich mir durchaus vorstellen dass aufgrunddessen die beiden darauffolgenden Tage "Kalendertage" mitgezaehlt werden koennten, demzufolge am Montag ein Attest vorgelegt werden muesste. Schwierigkeiten bereitet mir der Fall, wenn eine Erkrankung sich nur auf einen Montag beschraenkt. Werden dann die beiden vorangegangenen Kalendertage tatsaechlich als Beginn der Krankeit mitgezaehlt, und muss deswegen ein Attest vorgelegt werden ?

Wie ist hier die Rechtslage? Hat diese Mail bereits somit einen individuell abweichende Vereinbarung als Gegenstand (gem. §5 Anzeige- und Nachweispflichten kann der Arbeitgeber ja eine fruehere Vorlage verlangen) und wenn ja, muesste diese vom Gesetz abweichende Vereinbarung nicht von der Personalleitung schriftlich erklaert werden und dann aber fuer ALLE Mitarbeiter gelten, und nicht nur fuer meinen Zustaendigkeitsbereich ? Was koennen Sie mir raten ? Danke fuer Ihre Antwort.

9. Januar 2009 | 17:20

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre gestellte Frage beantworte ich wie folgt:

Für den gesetzliche Grundfall des § 5 I 2 EFZG meint das Gesetz tatsächlich Kalendertage. Arbeitsfreie Tage und Wochenende sind für die Berechnung der Drei-Tages-Frist mitzuzählen; nachzuweisen ist die Arbeitsunfähigkeit am nächsten Arbeitstag des Betriebes.

Der Arbeitgeber kann gem. § 5 I 3 EFZG den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ab dem ersten Tag fordern. Das Bundesarbeitsgericht führt dazu mit Urteil vom 26.2.2003 - 5 AZR 112/02 aus:
" § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG begründet einen Anspruch des Arbeitgebers (§ 194 Abs. 1 BGB ). Dieser Anspruch kann in einem Einzelfall ausgeübt, arbeitsvertraglich vereinbart oder durch Tarifvertrag geltend gemacht werden. (...) Mit der Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG sollte der Arbeitgeber "in jedem Fall" die Möglichkeit erhalten, sich die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit schon für den ersten Tag durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen zu lassen (BT-Drucks. 12/5798 S 26 )."

Bei der Ausübung seines Anspruchs unterliegt der Arbeitgeber dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, d.h. er darf nicht aus sachfremden Erwägungen zwischen vergleichbaren Arbeitnehmers differenzieren oder vergleichbare Arbeitnehmer sachfremd schlechterstellen. Beachtet der Arbeitgeber diesen Grundsatz, kann den früheren Nachweis der Arbeitsunfähigkeit auch für einzelne Arbeitnehmer fordern. Sachgerecht ist m.E. etwa die Unterscheidung bei einem Missbrauchsverdacht gegen bestimmte Arbeitnehmer. Ob und inwieweit die Erwägungen Ihres Arbeitgebers im vorliegenden Fall sachgerecht oder sachfremd sind, muss im Einzelfall geklärt werden und kann aus der Ferne nicht beantwortet werden.

Ich hoffe, Ihnen einen ersten hilfreichen Überblick in der Sache verschafft zu haben. Ich weise darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Matthes
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 9. Januar 2009 | 19:10

Danke fuer Ihre Antwort ! Meine Frage war darueber hinaus, ob die angesprochene Mail meines Vorgesetzten bereits per Zusendung an mich einen individuell abweichende Vereinbarung als Gegenstand fuer mich hat, was heisst ob ich nun ab sofort aufgrund seines "Beachtungshinweises" verpflichtet bin Atteste - z.B. fuer einen einzelnen Krankheitstag angenommenerweise Montags - von meinen Mitarbeitern einzufordern, bzw. falls es mich betreffen wuerde, selbst an die Personalabteilung einzureichen. Die mir per Mail mitgeteilte Regelung ist im Betrieb allgemein derzeit so nicht ueblich. Eine weitere Frage war: Kann eine Arbeitsunfaehigkeit die Montags beginnt, tasaechlich RUECKWIRKEND das davorliegende Wochenende zur Zaehlung der Drei Tages Frist beinhalten ? Ausserdem, habe ich Sie richtig verstanden, dass wenn eine Arbeitsverhinderung aufgrund Krankheit an einem Freitag "beginnt", es scheinbar rechtlich unbedingt der Fall ist, dass auch Samstags und Sonntags arbeitsunfaehig vorausgesetzt wird, auch wenn dies tatsaechlich nicht der Fall gewesen ist ? Danke fuer die Beantwortung meiner Fragen.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Januar 2009 | 10:59

1.
Der Arbeitgeber kann seinen Anspruch aus § 5 I 3 EFZG auch per arbeitgeberseitiger Weisung geltend machen. Eine besondere Form ist nicht erforderlich, so dass der Anspruch unter der Voraussetzung der Wahrung der Gleichbehandlung auch per email geltend gemacht werden kann. Vorbehaltlich dessen ist die email für Sie verbindlich.

2.
Der erste Tag der Arbeitsunfähigkeit ist der erste Tag der Drei-Tages-Frist. Beginnt die Arbeitsunfähigkeit am Montag, beginnt auch die Frist am Montag. Eine Rückwirkung auf das Wochenende gibt es nicht.

3.
Wird der Mitarbeiter Freitags arbeitsunfähig krank und ist auch am Wochenende krank, zählen Samstag und Sonntag mit bei der Berechnung der Frist, auch wenn an diesen Tagen nicht gearbeitet wird. Ist der Arbeitnehmer am Samstag und Sonntag wieder arbeitsfähig, läuft die Drei-Tages-Frist nicht weiter.

Mit freundlichen Grüßen

ANTWORT VON

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