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Ansprüche von Nachbarn wegen Verwüstung von Gartenflächen durch Wildschweine

1. September 2009 20:25 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Dennis Meivogel

Folgende nachbarschaftsrechtliche Problematik im Bundesland Berlin:

In ca. 500 - 700 Meter Entfernung eines Grundstücks befindet sich ein größerer Wald, in dem u. a. auch Wildschweine leben. Der Hauseingang dieses Grundstücks ist nicht direkt an der Straße, sondern etwas versetzt. Der Weg zur Haustür, welcher parallel zu einem Nachbargrundstück verläuft, ist nicht durch ein Tor o. ä. versperrt, sondern offen zugänglich.

Auf der Grenze zum Nachbargrundstück befindet sich ein mit Sträuchern bepflanzter Zierstreifen, auf dem z. T. auch Bäume wachsen. Dieser Streifen ist relativ dicht bewachsen, aber die Sträucher sind alle recht "biegsam" und manche Abschnitte sind auch frei, sodass eine Person oder ein Tier an der ein oder anderen Stelle hindurch kommen kann.

Nun wurden in der Vergangenheit die Garten- und Rasenflächen des Nachbargrundstücks hin und wieder nachts von aktiven Wildschweinen verwüstet.

Die Nachbarn vermuten, dass diese Wildschweine über das offen zugängliche Grundstück über auf ihr Grundstück gelangen (Der Beweis steht noch aus, aber einige Anzeichen sprechen tatsächlich dafür).

Die Nachbarn kritisieren demnach, dass dieser bepflanzene Streifen keine ausreichende Abgrenzung darstelle bzw. keinen ausreichenden Schutz gewährleiste (z. B. gegen eindringende Wildschweine).

An diesen Sachverhalt anknüpfend folgende Rechtsfragen:

1. Können die Nachbarn die Eigentümer des "offenen Grundstücks" für die Verwüstung ihrer Gartenflächen bzw. die Beschädigung ihres Eigentums haftbar machen? Haben Sie ggf. Ansprüche auf Schadenersatz?

2. Können die Nachbarn verlangen, dass das besagte "offene Grundstück" eingezäunt wird? Beispielsweise dadurch, dass man auf dem besagten Streifen, der zurzeit nur mit Sträuchern bepflanzt ist, einen Zaun errichtet? Falls ja, wer müsste die Kosten hierfür tragen?

3. Was würde passieren, wenn die Eigentümer mit dem "offenen Grundstück" sich auf den Standpunkt stellen, dass "herumstreunende Wildschweine" nicht in ihrem Verantwortungsbereich liegen und den gegenwärtigen Zustand einfach so belassen wie er ist?

4. Vielleicht haben Sie noch weitere Anmerkungen, Vorschläge, Ratschläge usw., auf die es in diesem Fall ankommen könnte bzw. die hilfreich sein könnten?! Vielen Dank für die Auskunft.

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt.

Im vorliegenden Fall kommt die Geltendmachung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches aus § 1004 BGB in Betracht. nach dieser Rechtsnorm kann der Eigentümer bei Beeinträchtigungen seines Eigentums von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen und für die Zukunft auf Unterlassung klagen.

Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruches ist, dass eine Eigentumsbeeinträchtigung vorliegt. Unter den Beeinträchtigungsbegriff des § 1004 BGB fallen alle dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB ) widersprechenden Eingriffe in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers. Hierzu gehört auch die tatsächliche Benutzung durch Menschen oder Tiere.
Adressat dieses Anspruches ist der Störer.

Hier kommt in Betracht die Eigentümer des Nachbargrundstückes als sogenannte Zustandsstörer anzusehen, da der Zustand des Nachbargrundstückes, nämlich die nicht vorhandene Einfriedung, die Eigentumsbeeinträchtigung ermöglicht. Allerdings sieht der Bundesgerichtshof den Eigentümer einer Sache, von der eine Beeinträchtigung ausgeht, nicht schon wegen dieser Rechtsstellung als Zustandsstörer, sondern nur dann, wenn die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückgeht. Das setzt voraus, dass er die die Beeinträchtigung durch eine eigene Handlung adäquat mit verursacht hat oder ihre Beseitigung entgegen einer Handlungspflicht, z. Bsp. aus dem Rücksichtnahmegebot aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis, unterlässt.
Natureinwirkungen alleine verursachen keine Zustandsstörerhaftung.

Dies ist vorliegend das Problem: eine Zurechnung wird vorliegend nur dann möglich sein, wenn es in dem Gebiet in dem die Grundstücke liegen regelmäßig zu Besuchen der Wildtiere kommt, so dass von einem jeden Grundstückseigentümer eigentlich zu erwarten ist Schutzmaßnahmen, wie Einfriedungen oder dergleichen zu treffen. Schlechthin hat kein Grundstückseigentümer ohne Hinzutreten besonderer Umstände die Verpflichtung sein Grundstück einzufrieden. Eine Zustandsstörerhaftung kommt vorliegend nur in Betracht, wenn es in dem Gebiet in dem die Grundstücke liegen quasi eine Handlungspflicht zur Ergreifung von Sicherungsmaßnahmen gibt. Nur in einem solchen speziellen Ausnahmefall kann sich eine Zustandsstörerhaftung ergeben. Allein die Tatsache, dass die Grundstücke in Waldnähe liegen reicht hierfür nicht. Es müssten vielmehr weitere Besonderheiten hinzutreten, wie beispielsweise eine bekannte Gefährdung durch Wildschweine, vorliegen. Nur wenn dies vorliegend gegeben wäre, würden sich hier Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche in Form der Schaffung von Einfriedungen ergeben.

Das Problem für einen Schadensersatzanspruch liegt darin, dass dieser nach der allgemeinen Schadensersatznorm des § 823 BGB ein Verschulden des Nachbarn voraussetzt, der o.g. Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch aber verschuldensunabhängig greift. Selbst wenn man also einen solchen Anspruch bejahen würde, so könnte man hieraus nicht auf einen Schadensersatzanspruch schließen. Es wird letztlich rechtlich wohl kaum möglich sein, das Verhalten der Wildtiere dem Nachbarn zuzurechnen und insoweit eine Schadenskausalität und ein Verschulden des Nachbarn zu konstruieren.

Insgesamt wird eine rechtliche Verantwortlichkeit der Nachbarn ohne weiteres nicht zu konstruieren sein, wenn nicht ganz besondere Umstände hinzutreten (s.o.). Die Angelegenheit sollte einvernehmlich geregelt werden, da die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens voraussichtlich sehr gering sind. Die Nachbarn sollten gemeinsam prüfen, welche Möglichkeiten der Abwehr der wilden Besucher bestehen.

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