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Anschaffungsnahe Herstellungskosten (unterliegen der AfA) oder Herstellungskosten

8. Februar 2020 14:25 |
Preis: 63,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Elisabeth v. Dorrien

Guten Tag,
2018 habe ich eine sehr abgewohnte ETW als Kapitalanlage gekauft. Vor der Vermietung habe ich folgende Reparaturen bzw. Erneuerungen durchgeführt:
- Sämtliche alten abgewohnten Böden wurden entfernt und mit Fließen erneuert
- Stromkasten im WC musste aus Gründen der Sicherheit und Ablauf des Bestandschutzes verlegt werden. Defekte Schalter, defekte Steckdosen sowie defekte Leitungen mussten aus Sicherheit erneuert werden.
- Durchlauferhitzer war defekt und musste erneuert werden.
- Alte Armaturen in Bad und WC waren nicht funktionstüchtig und mussten erneuert werden
- Wanne hatte seit 1970 erhebliche Abnutzungserscheinungen, Absplitterungen ebenso das WC und wurden erneuert.
- Die Fliesen im WC und Bad waren durch ständige Reparaturen defekt.
- Alter Wasserschaden an der Decke im Bad musste behoben werden.
- Der Putz an der Decke und Wänden war porös, Stellenweise lose oder nicht mehr vorhanden, konnte so auch nicht darüber tapeziert werden. Somit musste dieser entfernt und erneuert werden. Danach haben wir die Decken und Wände tapeziert und gestrichen.

Viele Leistungen haben wir selber erbracht. Die Elektro- Sanitärdemontage, sowie Reparatur, Austausch und Erneuerungen wurde von einer Fachfirma erledigt.
Materialeinsatz insgesamt 11.604,76€ inkl. MwSt. bestehend aus 66 Belegen
Arbeitslohn insgesamt 4255,33 € bestehend aus 3 Belegen
Im Prinzip existierten all diese durchgeführten Erneuerungen/ Reparaturen schon aus dem Jahre 1970. Ich hätte dies auch so vermieten können, wäre aber zu zukünftigen Reklamationen gekommen und der Sinn war die Wohnung länger zu Erhalten.

Meine Frage:
Sind diese Erneuerungen und Reparaturen anschaffungsnahe Herstellungskosten (unterliegen der AfA) oder Erhaltungsaufwendungen die man auf 5 Jahre verteilen oder komplett direkt absetzen kann?
Die Antwort bitte mit Verweis auf die ESt.-Gesetze oder BHF- Urteile etc.
Benötige ich eventuell für das Finanzamt.

Es ist immer schwierig, gerade in den 3 folgenden Jahren der Anschaffung den Unterschied zu finden.
Dankeschön für die Antwort

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Begriffe "Anschaffungskosten" und "Herstellungskosten" sind aus § 255 Handelsgesetzbuch (HGB ) abzuleiten. Diese handelsrechtlichen Begriffsdefinitionen sind auch für das Steuerrecht maßgeblich. Der Begriff der "anschaffungsnahen Aufwendungen" ist hingegen ein speziell steuerrechtlicher Begriff und in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Fallen Aufwendungen nicht unter eine dieser Begriffsdefinitionen, handelt es sich um sofort abzugsfähigen (§ 11 Abs. 2 EStG , Ausnahme: § 82 b EStDV ) Erhaltungs- bzw. Modernisierungsaufwand oder sog. Schönheittsreparaturen.

Der Begriff der Herstellungskosten ist definiert in § 255 Abs. 3 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB). Danach sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die getätigt werden, um ein Gebäude über seinen ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich zu verbessern.

Eine Ausnahme vom sofortigen Werbungskostenabzug für Schönheitsreparaturen gilt, wenn mehrere Arbeiten durchgeführt werden, die jede für sich betrachtet zwar als Schönheitsreparatur zu bewerten ist, sie aber in engem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zueinander stehen und in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden, wie dies bei der Modernisierung einer Wohnung im Ganzen und von Grund auf der Fall ist.

Es ist verständlich, dass Sie im Zweifel sind, wie die von Ihnen ausgeführten Arbeiten zu werten sind, aber ich würde sie tatsächlich als anschaffungsnahe Aufwendungen ansehen. Es wurde ja doch schon einiges ersetzt und erneuert, und abgesehen von der Höhe der Aufwendungen muss man den Gesamtzusammenhang sehen und sich auch fragen, ob (objektiv betrachtet) jemand eingezogen wäre, ohne dass diese Maßnahmen zur Sanierung und Modernisierung sowie zur Gefahrenbeseitigung durchgeführt worden wären.

Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen bilden jedenfalls nach § 255 Abs. 2 Satz 2 HGB unabhängig von ihrer Höhe Herstellungskosten, wenn sie für eine Erweiterung oder zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung des Gebäudes führen. Aufwendungen für ein Bündel von Maßnahmen, die für sich genommen teils Anschaffungskosten oder Herstellungskosten, teils Erhaltungsaufwendungen darstellen, sind demnach insgesamt als Anschaffungskosten oder Herstellungskosten zu beurteilen, wenn die Arbeiten im sachlichen Zusammenhang stehen.

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören – unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung – auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten). Insoweit enthält die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf (BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 15/15 , BStBl 2016 II S. 996 ).

Weitere Hinweise zur steuerlichen Behandlung finden sich in R 21.1 EStR (Erhaltungs- und Herstellungsaufwand) sowie im BMF-Schreiben vom18. Juli 2003, IV C 3 – S 2211 – 94/03, BStBl 2003 I S. 386, zur Abgrenzung von Anschaffungs-/Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei Gebäuden.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben weitergeholfen zu haben, und verbleibe mit freundlichen Grüßen!

Elisabeth v. Dorrien
Rechtsanwältin

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