Sehr verehrte Fragestellerin,
Scheidungsfolgenvereinbarungen können angefochten werden.
Ich gehe davon aus, dass Ihr Mann sich von den vertraglichen Regelungen lösen will, damit er keinen bzw. weniger Betreuungsunterhalt schulde.
Eine Abänderung des Vertrages käme nur nach den Grundsätzen eines Wegfalls oder einer Änderung der Geschäftsgrundlage in Frage, § 313 BGB
. Eine solche Änderung der Geschäftsgrundlage läge vor, wenn das neue Unterhaltsrecht im konkreten Fall Ihrem Anspruch auf Betreuungsunterhalt entgegenstünde.
Zunächst spielt hier schon eine Rolle, ob Sie ein oder mehrere minderjährige Kinder zu betreuen haben. § 1570 BGB
lässt eine Verlängerung des (Betreuungs-)Unterhaltsanspruchs zu, solange und soweit dies, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Belange der Kinder, der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB
, oder wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht, § 1570 Abs. 2 BGB
.
Hieraus folgt schon einmal, dass aus der Änderungs des § 1570 BGB
per se nicht folgt, dass anderslautende vertragliche Vereinbarungen ab Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform anfechtbar seien.
Wenn Sie nach nach der Ehe und entsprechend des ehelichen Zusammenlebens den Kindern immer als Betreuungsperson zur Verfügung standen, dürfte für Sie auch ein Vertrauenstatbestand geschaffenn worden sein, sich vordringlich um die Betreuung der Kinder kümmern zu dürfen, so dass ein Abänderung des Ehevertrages im Punkte Betreuungsunterhalt einer erschöpferenden Begründung bedarf als allein der, dass sich das Unterhaltsrecht geändert habe.
Im Ergebnis kann ich Ihnen daher sagen, dass zwar auch ein Ehevertrag anfechtbar ist. In Ihrem Falle aber der bloße Bezug auf die Änderung des Unterhaltsrechts nicht ausreicht, sich vom Vertrag zu lösen.
Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben. Bei Unklarheiten fragen Sie einfach nach.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Scholz, RA
Diese Antwort ist vom 17.01.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Meine Situation ist wohl etwas spezieller, so dass das mit dem §1570 Absatz 2 so eine Sache ist.
Mein Kind aus der Ehe ist 9 Jahre (ich habe noch einen 2jährigen behinderten Sohn - mit dessen Vater ich aber nicht zusammenbin und nicht zusammenlebe, aber Unterhalt für den Sohn bekomme).
Ich arbeite Teilzeit seit 2002, das Gehalt wurde bis 2009 überobligatorisch (d.h. nicht laut Vertrag verpflichtend) auf den Unterhalt angerechnet.
Zu den 24 Stunden Arbeit kommen die Mittagspausen und ein sehr langer Fahrweg hinzu, was eine Abwesenheit von rund 45 Stunden pro Woche bedeutet. Damit ist die Hortbetreuungszeit und damit meine Arbeitsmöglichkeit fast ausgeschöpft.
Mein Exmann verließ uns kurz nach der Geburt - damit gab es also kein wirkliches Zusammenleben, die Scheidung erfolgte aber erst 4 Jahre später mit der entsprechenden Vereinbarung.
Ist damit eine Anfechtung zu erwarten? Wenn ja, kann ich zu einer Vollzeittätigkeit gezwungen werden bzw. zu einer Aufstockung der Tätigkeit? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem 2. Kind?
Vielen Dank im voraus
Sehr verehrte Fragestellerin,
Ihr Mann kann versuchen, die Unterhaltsvereinbarung anzugreifen. Dies würde wohl im Wege einer Abänderungsklage nach § 313 BGB
, § 36 EGZPO
geschehen. Die Änderung der Rechtslage hinsichtlich des Betreuungsunterhalts reicht hierfür aus. Gleichwohl hätte Ihr Exmann zu beweisen, dass er die Unterhaltsvereinbarung bei Kenntnis der neuen Rechtslage nicht abgeschlossen hätte. Hier würde der Wortlaut und der Inhalt der Vereinbarung von Bedeutung.
Für die Erfolgsaussicht der Klage stellt sich letztlich die Frage, ob Ihnen unter Billigkeitsgesichtspunkten weiterhin ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zusteht. Dies ist Einzelfallfrage. In Abwägung zu stellen ist die Vereinbarkeit des Betreuungsbedürfnisses des Kindes mit der Kinderbetreuung und der Erwerbstätigkeit, zum anderen auf die Frage, welche zuverlässigen Möglichkeiten der Kinderbetreuung im jeweiligen Einzelfall bestehen und ob sich unter den jeweiligen individuellen Umständen und den Arbeitsmarktbedingungen eine Erwerbstätigkeit, in dem durch die Fremdbetreuung (in Ihrem Fall wohl Schule und Hort) vorgegebenen zeitlichen Korridor, realisieren lässt. Insbesondere die freiwillige Ausübung einer Berufstätigkeit - bei Ihnen wohl der Fall - kann maßgebendes Indiz für eine Vereinbarkeit von Kindererziehung und Arbeitsmöglichkeit sein.
Ergibt sich, dass Ihnen die Ausübung einer wenigstens halbtägigen Tätigkeit zugemutet werden kann - was angesichts des Alters des Kindes nicht unwahrscheinlich ist -, so würde Ihr Exmann im Streitfalle und bei entsprechendem Antrag obsiegen.
Ob Ihnen in Ihrer Situation eine Vollzeittätigkeit zumutbar ist, dürfte jedenfalls Gegenstand näherer Erörterung werden. Das OLG München vertritt die Auffassung, dass auch bei bestehenden Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten eine vollschichtige Erwerbstätigkeit regelmäßig nicht erwartet werden kann, solange ein Kind den Kindergarten bzw. die ersten Grundschulklassen besucht. Die Erwerbsobliegenheit beschränke sich auf eine Teilbeschäftigung - anfangs im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung bis zur Halbtagsstelle -, die mit zunehmendem Alter des Kindes zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit auszubauen sein dürfte. Von daher ist es also durchaus streitbar, ob von Ihnen im Moment schon eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden kann.
Dass Sie ein zweites Kind - das nicht vom Exmann ist - betreuen, spielt für die Frage des Betreuungsunterhaltes Ihrem Exmann ggü. keine Rolle, hat daher keine Konsequenzen.
Ich hoffe, Ihre Frage beantwortet zu haben. Bei bestehenden Unklarheiten nutzen Sie meinen Mailkontakt.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Scholz, RA