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Anfechtung eines Kaufvertrags aufgrund erloschener Herstellergarantie

| 15. Juli 2017 09:59 |
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Kaufrecht


Beantwortet von


14:19

Zusammenfassung

Auch beim Kaufvertrag gilt der Vorrang der Nacherfüllung. Ein Garantievertrag ist eine zusätzlich zum Kaufvertrag abzuschließende Vereinbarung. Die Garantierklärung des Herstellers wird durch den Kauf konkludent angenommen. Eine erloschene Garantieerklärung kann einen Rechtsmangel darstellen.

Am 20. März dieses Jahres fragte ich bei dem Musikgeschäft, bei dem unsere gesamte Famillie seit über 40 Jahren sämtliche Musikinstrumente gekauft hat, ein bestimmtes E-Gitarrenmodell (Fender Stratocaster) an.

Dort sagte man mir, daß man "nicht mehr als Fender-Händler gelistet" sei und und bot mir stattdessen ein anderes Instrument an.

Dies lehnte ich aber ab.

Dann bekam ich die überraschende Nachricht, daß man das gewünschte Instrument nun doch für ich besorgen könne, worauf ich einwilligte und um Bestellung bat. Als Liefertermin nannte man mir zuerst Ende April.

Die Bestellung nahm der Händler am 25. März vor.

Dann verzögerte sich die Lieferung der Gitarre und man teilte mir auf Nachfrage mit, daß die Gitarre erst am 22. Mai bei Fender eintreffen werde (diese Aussage habe ich schriftlich!).

Inzwischen überlegte ich schon, mir die Gitarre bei einem anderen Händler zu kaufen, der diese auf Lager hatte.

Am 3. Juni bekam ich einen Anruf, daß die Gitarre nun endlich beim Verkäufer eingetroffen sei.

Da ich sichergehen wollte, ein unbenutztes, originalverpacktes Produkt zu bekommen, bat ich darum, es gemeinsam vor Ort auszupacken.

Es war dann auch orignalverpackte Ware, an der mit nichts Gegenteiliges auffiel.

Diese Woche nahm ich mit dem Fender-Kundenservice Kontakt auf, da ich eine Frage zu dem verwendeten Holz hatte und erfuhr bei dieser Gelegenheit zufällig, daß das Musikhaus meine Gitarre gar nicht bei Fender bestellt hat.

Man konnte mir nur sagen, daß meine Gitarre (Identifikation über die Seriennummer) schon im April an einen autorisierten Fender-Händler geliefert worden sei. Auf welchem Wege diese dann zu meinem Händler kam, konnte man nicht nachvollziehen.

Fender teilte mir aber noch mit, daß es nun ein Problem mit der 2-jährigen weltweiten Fender-Garantie gebe:

Durch den "Zwischenverkauf" eines gewerblichen Händlers an einen zweiten sei diese Garantie nämlich erloschen und ich hätte daher gegenüber Fender keinerlei Garantieansprüche mehr, müsse mich daher in allen Belangen an meinen Verkäufer wenden.

Daraufhin schrieb ich gestern eine erboste E-Mail an den Verkäufer mit der Bitte um umgehende Stellungnahme und Rückname des Instruments, hörte aber bis zum Nachmittag nichts.

Da ich in der Nähe zu tun hatte, suchte ich das Musikgeschäft gestern nachmittag dann persönlich auf und erfuhr, daß der betreffende Mitarbeiter in Urlaub sei. Als ich nach dem Geschäftsinhaber fragte, sagte man mir, er sei ebenfalls nicht im Haus.
Man versprach mir aber, die Mail an ihn weiterzuleiten.

Gestern spät abends erhielt ich vom Inhaber dann eine knappe Mail, in der er mir mitteilte, daß der Mitarbeiter bis Ende nächster Woche in Urlaub sei und sich danach bei mir melden werde.

Daraufhin setzte ich dem Inhaber eine Frist bis heute und verlangte aufgrund der erloschenen Herstellergarantie, die eine erhebliche Wertminderung mit sich bringt, das Instrument gegen vollständige Kaufpreiserstattung zurückzugeben.

Ich bin aufgrund des gesamten Vorgangs und offensichtlichen Betrugs sehr verärgert und möchte diesen Fall so schnell wie möglich abschließen, zumal wir übernächsten Montag für zwei Wochde in Urlaub fahren.

Wie sieht nun also die Rechtslage aus, habe ich das Recht vom Kaufvertrag zurückzutreten?

15. Juli 2017 | 11:12

Antwort

von


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Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),

in Betracht kommt, wie von Ihnen richtig erkannt, ein Rücktritt wegen Mangels gem. § 437 BGB . Dies setzt neben dem unproblematisch zu bejahenden Kaufvertrag das Vorliegen eines Mangels voraus, darüber hinaus den Fehlschlag der Nacherfüllung gem. § 440 BGB .

Da es sich vorliegend um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, gelten zu Ihren Gunsten zusätzlich auch noch die §§ 474 ff. BGB , insbesondere die Beweislastumkehr gem. § 476 BGB . Danach wird zu Ihren Gunsten vermutet, dass ein binnen einem halben Jahr nach dem Kauf auftretender Mangel schon von Anfang an bestanden hat.

Ein Mangel ist die negative Abweichung der tatsächlichen Ist- von der vereinbarten Soll-Beschaffenheit. Dabei steht ein Rechtsmangel einem Sachmangel gleich. Es handelt sich vorliegend, da eine Garantieerklärung des Herstellers möglicherweise erloschen ist, um einen Rechtsmangel gem. § 435 BGB .

Allerdings: Der Händler hatte Ihnen mitgeteilt, kein autorisierter Fender-Händler zu sein. Dies könnte schlimmstenfalls dahingehend ausgelegt werden, dass Sie damit einverstanden waren, von einem weiteren gewerblichen Zwischenhändler zu erwerben und damit keine Garantieerklärung von Fender zu erhalten. Dann gehörte diese Garantie schon gar nicht zur vereinbarten Beschaffenheit. Ein Mangel wäre dann zu verneinen.

Ferner fehlt es vorliegend auch noch an der Gelegenheit zur Nacherfüllung. Bei den Mängelrechten besteht der Vorrang der Nacherfüllung. Sie hätten dem Verkäufer vor dem Rücktritt daher noch Gelegenheit geben müssen, das Problem mit der möglicherweise erloschenen Garantieerklärung von Fender zu klären.

Denn diese Garantie seitens Fender ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern aus einer Vereinbarung gem. § 443 BGB in Verbindung mit § 477 BGB . Ihrem Verkäufer kann es ja noch gelingen, eine solche Vereinbarung mit Ihnen und Fender herzustellen. Der Rücktritt ohne Gelegenheit zur Nacherfüllung ist unwirksam, vgl. BGH, 23.02.2005 - VIII ZR 100/04 (Vorrang der Nacherfüllung).

Der Garantievertrag ist in § 443 BGB geregelt, im Falle des Verbrauchsgüterkaufs gilt zusätzlich § 477 BGB . Der Garantievertrag setzt einen wirksamen und nicht durch Rücktritt beseitigten Kaufvertrag voraus. Weiter ist in jedem Fall ein wirksamer Garantievertrag erforderlich, der aufgrund der Garantieerklärung des Garantiegebers und deren Annahme durch den Garantienehmer, also durch Sie, zumindest konkludent zustande gekommen ist.

Gibt es eine solche Erklärung von Fender überhaupt, die Sie durch Ihren Kauf hätten annehmen können? Ist in dieser Erklärung der Ausschluss der Garantie im Falle eines Zwischenhändlers überhaupt verzeichnet?

An Ihrer Stelle würde ich dem Verkäufer mitteilen, dass vor Ausübung des Rücktrittsrechts noch letztmals Gelegenheit gegeben wird, eine Garantievereinbarung zwischen Ihnen und Fender zustande zu bringen. Hierfür sollten Sie eine angemessene Frist von zwei Wochen setzen. Falls diese Frist fruchtlos verstreicht, können Sie dann unter Hinweis auf den nicht behobenen Rechtsmangel zurücktreten. Vor Scheitern der Nacherfüllung würden Sie in einem Rechtsstreit unterliegen. Zudem könnte sich der Verkäufer wie gesagt darauf berufen, dass von Anfang an die fehlende Autorisierung klar war und damit die fehlende Garantieerklärung des Herstellers.

Unabhängig davon ist aber freilich ein Aufhebungsvertrag denkbar. Ist der Verkäufer also mit dem Rücktritt einverstanden (obwohl die Voraussetzungen dafür zumindest noch nicht vorliegen), käme zwischen Ihnen ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag zustande und könnte die Sache noch vor Ihrem Urlaub gelöst werden.

Insofern könnten Sie alternativ also mit dem Geschäftsführer Kontakt aufnehmen und ihm die Sache erläutern, insbesondere deutlich machen, dass Ihnen der Garantievertrag mit Fender so unabdingbar wichtig war. Dabei kann auch Ihre langjährige Kundenbeziehung eine erhebliche Rolle spielen, so dass der Kaufvertrag einvernehmlich aufgehoben werden kann.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben, auch wenn das juristische Ergebnis - Rücktritt zumindest noch nicht möglich und in jedem Falle riskant - für Sie sicher nicht zufriedenstellend ist.

Mit den besten Grüßen

Dr. Andreas Neumann
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Dr. Andreas Neumann

Rückfrage vom Fragesteller 15. Juli 2017 | 13:47

Sehr geehrter Herr Dr. Naumann,

besten Dank für Ihre ausführliche und hilfreiche Antwort.

Jedoch sind m.E. zwei Dinge für die Einschätzung das Falles sehr bedeutend:

1. In diversen Telefonaten wurde mir gestern auf Nachfrage merfach von Fender bestätigt, daß die FENDER-Garantie für ein fabrikneues Instrument durch den gewerblichen Zwischenverkauf UNWIEDERBRINGLICH erloschen ist.

Diese FREIWILLIGE Herstellergarantie ist untrennbar mit der Seriennummer des Instruments verknüpft und es gibt keine Möglichkeiten seitens Fender, diese Garantie wieder herzustellen. d.h. diesen Mangel zu heilen. Da kann dann auch mein Händler nichts mehr bewirken.

Das Erlöschen dieser Garantie muß meinem gewerblichen Händler zum Zeitpunkt der Bestellung bekannt gewesen sein und er hätte mich VOR DEM KAUF explizit darauf hinweisen müssen.

2. Mir hingegen war anhand seiner Äußerung, kein "gelisteter" Fender-Händler mehr zu sein, eben nicht bewußt, daß dadurch die Herstellergrantie erlischt, da ich im guten Glauben war, daß er die Gitarre DIREKT bei Fender ordert.

Durch seine Verlautbarungen während der langen Wartezeit auf die Auslieferung des Instruments ließ er mir gegenüber auch keine Zweifel aufkommen, daß er die Gitarre direkt über Fender bezieht.

Wäre mir also bekannt gewesen, daß er über einen Mittelsmann kauft, und so die Herstellergarantie erlischt, so hätte ich diese Gitarre NIE bei diesem Händler bestellt!

Nun hält mich der Geschäftsinhaber hin, verweist auf seinen Mitarbeiter, mit dem ich den Kauf abgewicket habe, und der erst Ende nächster Woche aus seinem Urlaub zurückkehrt, wenn wir schon in unserem Urlaub sind.

Er hat auch die heutige Frist fruchtlos verstreichen lassen, sodaß mir jetzt nur noch der Gang zum Anwalt übrig bleibt, denn ein Einlenken und eine Kaufvertragsaufhebung in beiderseitigem EInvernehmen schließe ich nach Sachlage aus.

Da ich mir auch die Option offenhalten wollte, die Gitarre innerhalb der kommenden zwei Jahre evtl. privat wieder weiterzuveräußern (dann bleibt die Fender-Garantie nämlich erhalten und geht auf den neuen Eigentümer über!), stellt das Fehlen der "Fender-Garantie" für mich einen erheblichen Nachteil/Mangel dar, der sich auch im zu erzielenden Verkaufspreis des dann gebrauchten Instrumentes niederschlagen dürfte.

Rätselhaft bleibt ja auch die lange Frist zwischen April (Kauf durch den autorisierten, mir unbekannen Händler) und Anfang Juni. wo mir das Instrument erst vom Musikhaus ausgehändigt wurde und mir bewußt vorgelogen wurde, die Gitarre treffe erst am 22. Mai bei Fender ein (wurde in Mexiko produziert).

Daher nun nochmals meine abschließende Frage, wie Sie den Fall nach meinen ergänzenden Ausführungen einschätzen, da eine gütliche Einigung nicht mehr zu erwarten ist und das Vertrauensverhältnis zu diesem Händler irreparabel zerstört wurde..

Ich möchte in jedem Fall das Instrument zurückgeben und den vollen Kaupreis zurückbekommen und argumentiere mit dem Vorliegen einer arglistigen Täuschung,

MfG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. Juli 2017 | 14:19

Sehr geehrte(r) Fragestellerin,

Danke für Ihre ergänzenden Informationen. Wenn Sie die arglistige Täuschung so wie geschildert nachweisen können, haben Sie auch Anspruch auf Schadensersatz, so dass Sie neben dem Kaufpreis zum Beispiel auch die Kosten der Rechtsverfolgung geltend machen können.

Hierfür genügt, wenn ein verständiger Verkäufer damit rechnen muss, dass ein verschwiegener Mangel Einfluss auf die Entscheidung des Käufers haben würde, wobei es von der Rechtsprechung auch für ausreichend gehalten wird, wenn der Verkäufer es für möglich hält, dass der Käufer den aufklärungsbedürftigen Mangel nicht kennt und bei ordnungsmäßiger Aufklärung den Vertrag nicht geschlossen hätte. Die Arglist muss nicht kausal für den Kaufvertrag sein, Urteil des BGH vom 15.07.2011 − V ZR 171/10 . Der Angestellte könnte allerdings nachweisen, dass er von den Konsequenzen für die Garantie von Fender nichts wusste. Dann würde ihm der bedingte Vorsatz fehlen und die Arglist entfallen.

Sie könnten bei nachgewiesener Arglist zwar gem. § 123 BGB den Kaufvertrag auch anfechten, so dass der Kaufvertrag ex tunc nichtig wäre und der Verkäufer Sie stellen muss, wie Sie ohne Abschluss des Kaufvertrags stünden. Sie können aber auch neben dem Rücktritt Ihren Schadensersatz geltend machen, § 325 BGB . Im Hinblick auf die Unsicherheiten beim Arglistnachweis würde ich daher den Weg über den Rücktritt empfehlen. Die damit verbundenen Risiken hatte ich ja bereits in meiner ersten Antwort aufgezeigt.

Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andreas Neumann
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 15. Juli 2017 | 14:22

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