Sehr geehrter Fragesteller,
grundsätzlich stellen die Umzugskosten in Ihrem Fall Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1
Einkommensteuergesetz dar. Die Rechtsprechung geht pauschal zunächst davon aus, dass diese Umzugskosten als Werbungskosten dann gerechtfertigt sind, wenn durch den Umzug eine mindestens einstündige Fahrzeit eingespart wird. Dies ist auch Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs.
Der Umzug muss also zwingend durch den Wechsel in eine Berufstätigkeit oder sonstige Veränderung im beruflichen Bereich veranlasst werden. Die Fahrtzeitverkürzung um eine Stunde stellt ohne weitere Prüfung von § 12 EstG eine solche Veränderung dar.
Aus diesem Grund dürfte es bei der Begründung der Klage insbesondere darauf ankommen, die Zeitersparnis besonders detailliert darzustellen.
Zweite Voraussetzung ist die berufliche Veranlassung, die hier wohl durch das Finanzamt infrage gestellt worden ist, wobei, wenn es sich auf wirtschaftliche Kriterien beruft, bereits die Fahrzeitverkürzung ausreichend sein dürfte.
Dem Finanzamt sollten Sie daher entgegenhalten, dass insbesondere eine Verschlechterung der Wohnsituation erfolgt ist und mitteilen, dass durch die entsprechend bereits überreichten Bescheinigungen nachgewiesen ist, dass gerade die Wiedereingliederung nach der Elternzeit und die Möglichkeit des Arbeitsplatzes für Ihre Ehefrau bei dem ersten Umzug die ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Gegebenenfalls wäre auch hier eine Bescheinigung des Arbeitgebers nützlich, in dem dieser seine Bereitschaft erklärt hat, dass eine Einstellung bei entsprechender zeitlicher Möglichkeit Ihrer Ehefrau ohne weiteres erfolgt wäre. Sodann käme man zum Schluss, dass aufgrund des mangelnden Kindergartenplatzes es sodann nicht zu der Einstellung gekommen ist, wobei darauf hinzuweisen ist, dass wohl auch zum Zeitpunkt es Umzugs ein Arbeitsvertrag noch bestanden hat.
Bezüglich des zweiten Umzuges gilt grundsätzlich die gleiche Regelung. Hier ist nachzuweisen, dass der Umzug aufgrund des beruflichen Wechsels in das Ausland erfolgt ist. Hier dürfte auch die wirtschaftliche Zurechenbarkeit gegeben sein, da gerade aufgrund der nicht möglichen Unterbringung des Kindes im Kindergarten de zweite Option des Wechsels in das Ausland nachvollziehbar ist.
Die Rechtssprechung geht auch davon aus, dass bei der Fahrzeitverkürzung von einer Stunde täglich die berufliche Veranlassung des Umzuges stets im Vordergrund steht und daneben, sofern überhaupt vorhanden, private Motive generell in den Hintergrund treten, so z.B. beim Zusammenzug nach Eheschließung (BFH IV R 42/86
). Allerdings gelten besondere Voraussetzungen bei einem Umzug erst viele Jahre nach der Arbeitsaufnahme (BFH VI R 129/86
). Hier wäre zu prüfen, in welchem zeitlichen Umfang Ihre Frau bereits immer die Wegstrecke zur Arbeit gefahren ist.
Sofern die berufliche Tätigkeit im Ausland befristet gewesen ist, wird auch ein Rückumzug als grundsätzlich beruflich veranlasst angesehen (BFH VI R 11/92
).
Bei entsprechender Argumentation sehe ich somit grundsätzlich gute Chancen für ein Obsiegen vor dem Finanzgericht.
Sollten Sie noch weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne, auch im Rahmen der kostenlosen Nachfrage, zur Verfügung.
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Joachim
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Rechtsanwalt Christian Joachim
Sehr geehrter Herr Joachim,
vielen Dank fuer Ihre Antwort.
Sie addressieren in Ihrer Antwort nur am Rande, dass es sich bei dem ersten Umzug (A) letztlich um vergebliche Werbungskosten handelt. Nach Sicht des Finanzamtes folgt daraus, dass hoehere Anforderungen an die "objektiv, nach aussen erkennbaren Kriterien" gelegt werden, und da kein Nachweis ueber die Rueckkehrabsicht besteht (ausser dem Hinweis im Elternzeitantrag), privaten Motiven ein hoeheres Gewicht zu geben ist. Ist dies richtig?
Bitte gehen Sie auch darauf ein, ob es fuer die Anerkennung der Werbungskosten fuer den Rueckumzug aus dem Ausland problematisch ist, dass er grundsaetzlich denselben Anlass hat (Rueckkehr aus der Elternzeit) wie der erste Umzug. Die Taetigkeit des Ehemannes im Ausland war nicht befristet (Ehefrau ist weiterhin in Elternzeit), der Ehemann ist nach Rueckkehr in Deutschland zunaechst arbeitssuchend. Ehefrau kehrt aus der Elternzeit zurueck.
Auf beide Punkte wurde ausdruecklich in der Frage hingewiesen.
Vielen Dank.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Grds. können auch vergebliche Werbungskosten erstattungsfähig sein, so zB. wenn vom Arbeitgeber eine vorgesehene Versetzung rückgängig gemacht wird (BFH Urteil vom 24.5.2000, VI R 17/96
, BStBl II 2000, 584
). Hier wäre zu argumentieren und zu prüfen, ob die nicht mögliche Unterbringung des Kindes eine ähnliche Auswirkung hätte.
Wichtig ist hier der Zeitpunkt des Entschlusses des Steuerpflichtigen Einkünfte aus einer bestimmten Tätigkeit zu erzielen. Dies bedeutet, dass der Entschluss der Teilzeittätigkeit vor dem Umzug gefallen sein muss und ggf. auch durch Zeugen oder Dokumente belegt werden sollte. Insgesamt muss die neue Tätigkeit daher mehr als wahrscheinlich gewesen sein, also so gut wie festgestanden haben und dann nur wegen der fehlenden Kinderbetreuung nicht realisierbar gewesen sein.
Sofern es noch die erste Elternzeit gewesen ist, könnte man sodann beim zweiten Umzug nur argumentieren, dass sodann die Kinderbetreuung sichergestellt gewesen ist oder eine andere Tätigkeit ausgeübt werden sollte. Der erste Punkt ist natürlich problematisch, da man dann in den Argumentationszwang kommt, der auch für den ersten Umzug nicht unproblematisch ist, warum man sich nicht zuvor um einen Betreuungsplatz gekümmert hat, also umgezogen ist, obwohl man von den Problemen wusste. Diese Argumentation würde die ersten Umzugskosten gefährden, aber die zweiten Umzugskosten begründen, da dann eine klare berufliche Veranlassung vorliegt, da die Tätigkeit ja auch aufgenommen worden ist. Insofern könnte die bedeuten, dass ggf. nur ein Umzug, hier ggf. der zweite Umzug, anerkannt wird, wenn man die Einschränkung der vorherigen Organisation der Kinderbetreuung gelten lässt.
Im Übrigen sollte der zweite Umzug nicht mit der Elternzeit, sondern mit der Tätigkeit begründet werden. Dass der Umzug erneut den gleichen Arbeitsplatz und Sachverhalt betrifft, dürfte m.E. unschädlich sein, da es sich ja gerade beim ersten Umzug um vergebliche Werbungskosten handeln dürfte.
Gerne können Sie sich weiterhin an mich wenden.