Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes gerne wie folgt beantworten darf. Vorab möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass auf diesem Portal lediglich eine erste rechtliche Einschätzung möglich ist, die eine tiefer gehende anwaltliche Beratung nicht ersetzen kann.
Sie können das von Ihrem Girokonto abgebuchte Geld von dem Nachtklubbetreiber zurückverlangen, wenn Ihnen ein Rückzahlungsanspruch zusteht. Ein solcher kommt nach § 812 BGB
in Betracht, wenn Ihnen das Geld ohne Rechtsgrund abgebucht worden ist.
Rechtsgrund für die Abbuchung des Geldes sind vor allem die zugrundeliegenden Verzehrverträge.
Aufgrund der Ihrerseits mitgeteilten besonders auffällig hohen Preise und dem besonderen Vorgehen seitens des Nachtklubpersonals könnten diese Verzehrverträge ggf. als unwirksam betrachtet werden oder nachträglich angefochten werden.
In vielen, dieser Nachtklubs sind die Getränkepreise oft exorbitant hoch. Leider führt dies nicht schon deshalb im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB
zur Sittenwidrigkeit und damit zur Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Verzehrvertrages.
Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass hohe Getränkepreise in einem Animierlokal erst dann grundsätzlich sittenwidrig sind, wenn mit ihnen auch sexuelle Leistungen abgegolten werden (OLG Köln NJW-RR 2002, 621; OLG Schleswig 16 U 11/04
, vom 13.05.2004); aber auch der Umstand, dass in einem Animierlokal die Möglichkeit besteht, mit den dort tätigen Bardamen in Séparées gegen gesondertes Entgelt Geschlechtsverkehr auszuüben oder sonst in intimer Weise mit ihnen zusammen zu sein, macht den Verkauf von Getränken auch zu hohen Preisen in einer solchen Einrichtung nicht sittenwidrig (BGH WM 1980, 521 (522), (902)), da Verträge, die im Zusammenhang mit Prostitution abgeschlossen werden, als sittlich wertneutral anzusehen sind, wenn die Lieferung oder Bereitstellung sachlicher Mittel gegen ein Entgelt vorgenommen wird, das Entgelt aber nicht durch seine Überhöhung eine Partizipierung an dem spezifischen Unzuchtserwerb erkennen lässt (OLG Hamm NJW-RR 1986, 547
(548)).
Ihren Schilderungen nach nahmen die Damen lediglich die Getränke ein, so dass nach der vorgenannten Rechtsprechung nicht von einer Sittenwidrigkeit auszugehen ist.
Ggf. kommt jedoch eine Unwirksamkeit der Verzehrverträge wegen Wuchers (§ 138 Abs. 2 BGB
) in Betracht.
Von einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung dürfte man ausgehen können, wenn die Getränkepreise über 100 % über dem Marktpreis liegen. Man müsste hier daher auch mal die Preise ähnlicher Nachtklubs miteinbeziehen.
Für eine Unwirksamkeit nach § 138 Abs. 2 BGB
müsste aber wegen der dortigen Voraussetzungen auch weiter der Frage nachgegangen werden, ob bei dem Ihrerseits geschilderten Fall von der Ausbeutung einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder einer erheblichen Willensschwäche ausgegangen werden kann.
Sie schildern, dass nirgends eine Getränkekarte ausgelegt worden sei, aus der sich die Getränkepreise ergaben und sie nicht davon ausgegangen waren, dass die Getränke für derart hohe Preise angeboten würden, so dass man ggf. von einer Unerfahrenheit ausgehen könnte; anders wäre der Fall, wenn sie den Nachtklub bereits in der Vergangenheit häufiger besucht hätte, so dass davon ausgegangen werden könnte, dass sie die dortigen Preise kannten.
Bei § 138 Abs. 2 BGB
könnte man daher einerseits ansetzen.
Weiterhin wäre noch an § 105 Abs. 1 BGB
zu denken, nachdem solche Nachtklubs nicht selten nach reger Teilnahme an Volksfesten und hohem Konsum von Alkohol besucht werden. Nach § 105 Abs. 2 BGB
sind Willenserklärungen, die im Zustand der Geschäftsunfähigkeit abgegeben werden, nichtig.
Sie schildern, dass Sie sich noch genau an die einzelnen Getränke erinnern könnten und noch am Abend selbst Ihre Karte sperren ließen, weshalb wohl eher nicht von Geschäftsunfähigkeit auszugehen sein dürfte.
Schließlich könnte man die Verzehrverträge ggf. auch wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB
) im Nachhinein anfechten, so dass sie als von Anfang an nichtig anzusehen sind (§ 142 BGB
) und dann die beiderseitig erbrachten Leistungen nach den §§ 812 ff. BGB
zurück zu gewähren wären.
Die Täuschung könnte darin zu sehen sein, dass sie um das Ausgeben der Drinks gebeten worden sind, ohne dass Sie auf die hohen Preise hingewiesen worden sind und nirgends Getränkekarten auslagen oder über die Preise informiert wurde.
Problematisch erscheint hier zumindest hinsichtlich der Bestellungen die Vorlage der Zwischenrechnung, wonach Sie dann per EC-Karte zahlten und erneut bestellten.
Schließlich könnten Sie mit der Unterschreibung den über 500,00 € hinausgehenden, nicht sofort per EC-Karte bezahlten Geldbetrag ein Schuldanerkenntnis i.S.v. § 781 BGB
abgegeben haben, dass ggf. nach § 138 Abs. 1 BGB
als nichtig anzusehen ist, wenn dieser Betrag als auffällig hoch (s.o.) anzusehen wäre (s. d. OLG Schleswig 16 U 11/04
, vom 13.05.2004).
Wichtig ist jedoch vor allem auch die Beweislastverteilung, wonach sie in der Regel die für Sie günstigen Tatsachen in einem Prozess zu beweisen hätten.
Nachdem in dem Vorgehen seitens des Nachtclubs bei der Getränkebestellung ggf. ein Betrug i.S. v. § 263 StGB
gesehen werden könnte, könnte man auch bei der Polizei Strafanzeige stellen.
Ein Rechtsanwalt kann Sie sowohl hierbei als auch bei der Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich vertreten, insoweit sich ein Vorgehen nach Abschluss der Beratung als erfolgsversprechend und damit zweckmäßig erweist.
Ich hoffe, Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Fragen eine Unterstützung zur ersten Orientierung gegeben zu haben. Um lediglich Verständnisfragen zu klären, nutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen im Rahmen dieser ersten rechtlichen Einschätzung, aufgrund der hier geschilderten Sachverhaltsdarstellung, die ggf. ohne Kenntnis sämtlicher Sachverhaltsumstände geschieht, keinen abschließenden Rat in Ihrer konkreten Rechtsangelegenheit geben kann; dazu ist dieses Portal nicht gedacht.
Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des gesamten Sachverhaltes wünschen, empfehle ich Ihnen, einen Rechtsanwalt in Ihrer Nähe zu kontaktieren und mit ihm die Sachlage nach seinem Einblick in sämtliche, bei Ihnen vorhandene Unterlagen und unter Berücksichtigung sonstiger Beweismittel und einer darauf aufbauenden ausführlichen Prüfung der Rechtslage konkret zu besprechen; ggf. ergeben sich aufgrund der Einsichtnahme in Ihre Unterlagen, der Hinzuziehung von Zeugen und der Besprechung weiterer Umstände und Hintergründe zusätzlich zu berücksichtigende Tatsachen und entsprechende Gesichtspunkte, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen können.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Joerss
Rechtsanwalt
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