Sehr geehrter Ratsuchender,
soweit nicht bereits der Insolvenzschuldner bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens versucht hat, sich aus den ihn belastenden gegenseitigen Verträgen zu lösen, wird der Insolvenzverwalter, soweit er ein Festhalten an Ihrem Vertrage gegenüber der Gläubigergemeinschaft ökonomisch nicht hinnehmbar hält, gegenüber den Vertragsparteien erklären, er lehne die Erfüllung des Vertrages ab. Dieses Wahlrecht steht dem Insolvenzverwalter gemäß § 103 InsO
zu.
Aber auch die Ablehnung eines Vertrages durch den Insolvenzverwalter hat auf die Wirksamkeit Ihres Vertrages grundsätzlich keinen Einfluß. Denn aus der durch den Insolvenzverwalter verwirklichten Verletzung des Vertrages aufgrund seiner Erfüllungsablehnung ergeben sich die allgemeinen Folgen des bürgerlich-rechtlichen Leistungsstörungsrechts.
Grundsätzlich sind alle persönlichen Gläubiger, die zurzeit der Insolvenzeröffnung einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Insolvenzschuldner haben, Insolvenzgläubiger. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird das Rechtsverhältnis zwischen dem Insolvenzschuldner und dem Vertragspartner durch durch die Insolvenzeröffnung umgestaltet. Hiernach berührt die Insolvenzeröffnung zwar nicht die Existenz des Rechtsverhältnisses zwischen dem Insolvenzschuldner und seinen Vertragspartnern, jedoch gehen die wechselseitigen Erfüllungsansprüche unter. Anstelle Ihres Anspruches gegenüber dem Bauträger als Insolvenzschuldner auf Erfüllung, tritt nunmehr der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, der lediglich eine Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO
begründet. Ihren noch zu beziffernden Schaden wegen der Baumängel müssen Sie beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden. Diesen Schaden sollten Sie von einem vom Gericht zugelassenen Sachverständigen dokumentieren lassen. Sollte der Anspruch auf Gewährleistung noch wirksam gegenüber den Bauhandwerkern abgetreten worden sein, müssen Sie die Bauhandwerker auf Erfüllung in Anspruch nehmen, obwohl ich nach meiner Einschätzung wenig Aussicht auf Erfolg hier sehe. Die Bauhandwerker können sehrwohl auch Insolvenzgläubiger sein, insbesondere aus arbeitsvertraglichen Regelungen oder Werklohnansprüchen gegenüber dem Bauträger.
Ich sehe keine Chancen, dass die Gewährleistungsansprüche in natura erfüllt werden. Eine Möglichkeit sehe ich nur, dass Ihre Baumängel in Geldeswert ausgeglichen werden. Um dies abzuschätzen, müssen Sie als Insolvenzgläubiger die Forderungstabelle prüfen, wieviele Gläubiger der Schuldner hat, wie hoch die gesamten Schulden sind und wie hoch Ihre Zuteilungsquote bei der späteren Verteilung wäre. Sie erwähnen, dass Massearmut vorliegt. Diese liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass die voraussichtlichen Kosten des Verfahrens nicht aus der vorhandenen Masse bestritten werden können. Das Insolvenzgericht ist zur Verfahrenseinstellung mangels Masse verpflichtet, wenn sich die Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens im Verlauf des eröffneten Insolvenzverfahrens ergibt. Die Masseunzulänglichkeit bedeutet dann aber nicht, dass Sie sich der Einzelzwangsvollstreckung bedienen können, dies verbietet § 210 InsO
. Für den dann weiteren Verlauf, wird der Insolvenzverwalter Sie in Kenntnis setzen.
Ich hoffe Ihnen einen entsprechenden Überblick verschafft zu haben und stehe Ihnen im Rahmen der Nachfragefunktion gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Walden
Sehr geehrter Herr Walden,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Eine Insolvenzforderung ist wenig erfolgversprechend. Wir würden nicht einmal die Sachverständigenkosten, die zu unserem Schaden noch hinzukämen, ersetzt bekommen (Massearmut! Forderungen : Masse = ca. 20:1).
Unsere einzige Chance ist, den Insolvenzverwalter dazu zu bewegen, unsere Gewährleistungsansprüche an die Handwerker abzutreten. Die Handwerker, die wir in Anspruch nehmen wollen, wurden vom Bauträger voll bezahlt und sind keine Gläubiger. Können Sie uns mitteilen, welche Möglichkeiten wir hier haben.
Sehr geehrter Ratsuchender,
ohne den genauen Vertrag und die Umstände zu kennen, kann hier nicht eine definitive Beurteilung vorgenommen werden. Insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung gibt es Bestimmungen in Verträgen, die einen Sicherheitsbehalt rechtfertigen. Sie sollten daher den Vertrag von einem Kollegen vor Ort prüfen lassen. Darüber hinaus kann ich mir nicht erklären, warum sich der Insolvenzverwalter nicht kooperativ zeigt, wenn der Masse kein Nachteil durch Abtretung der Gewährleistungsansprüche entsteht.
Dennoch ist es ratsam, dass Sie den Insolvenzverwalter unter Fristsetzung schriftlich auffordern mitzuteilen, ob eine Nachfolgefirma die Gewährleistungsansprüche übernimmt verbunden mit der Androhung, dass andernfalls die Ersatzvornahme Ihrerseits eingeleitet werden wird. Sollte der Geschäftsbetrieb der Baufirma noch nicht eingestellt sein, wird der Insolvenzverwalter im Falle eines Sicherheitseinbehalts ein Interesse an der Mängelbeseitigung haben, da der nicht verbrauchte Sicherheitseinbehalt später der Masse zur Verfügung steht. Im Falle einer Ersatzvornahme sollten Sie aus Beweisgründen die Mängel zuvor durch einen Sachverständigen feststellen lassen. Die Kosten der Ersatzvornahme können Sie sodann als Forderung zur Tabelle anmelden.
Sollte tatsächlich keine Masse mehr vorhanden sein, bleiben Sie wirklich auf Ihren Kosten sitzen.
Sie könnten versuchen Ihre Gewährleistungsansprüche gegenüber den bauausführenden Firmen nach den einzelnen Gewerken direkt geltend machen, wobei ich mir aber vorstellen kann, dass diese die Gewährleistung verweigern.
Noch einmal möchte ich darauf hinweisen, dass hier eine konkrete Beratung vor Ort nicht ersetzt werden kann (siehe „Hilfe“). Da die Angelegenheit sicherlich eine hohe Bedeutung hat, sollten Sie sich unbedingt vor Ort beraten lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Walden