Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Wenn Sie ein fremdes Foto ohne Einwilligung des Rechteinhabers auf Ihrer Webseite veröffentlich haben, liegt ohne Zweifel eine Urheberrechtsverletzung vor. Sie sollten das Foto daher umgehend von Ihrer Seite entfernen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Hierbei sollte aber nicht die von der Gegenseite vorgefertigte Unterlassungserklärung verwendet werden, da diese wahrscheinlich zu weit gefasst ist und ggf. auch eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten enthält.
Dem Grundsatz nach sind Sie auch zum Schadensersatz verpflichtet, da Sie wussten, dass Sie keine Rechte an dem Bild haben, und daher zumindest fahrlässig gehandelt haben. Allerdings kann man sich über die Höhe trefflich streiten, hier ist die Rechtsprechung extrem uneinheitlich. Dies beginnt bereits beim angemessenen Streitwert, aus dem sich die Anwaltsgebühren berechnen. Da Sie das Foto für gewerbliche Zwecke verwendet haben, greift die Kostendeckelung des § 97a Absatz 3 UrhG
nicht. Allerdings erscheinen 6.000,- EUR hier relativ hoch angesetzt, 3.000,- EUR dürften bei einer kleinen Seite mit geringen Zugriffszahlen realistischer sein (allerdings kann ohne Kenntnis aller Details natürlich nur äußerst grob geschätzt werden). Es ist aber durchaus möglich, dass ein Gericht im Streitfalle diesen Streitwert für korrekt erachtet.
Auch die Frage, ob die MFM-Richtlinien zur Berechnung des Schadensersatzes herangezogen werden können, wird von Gericht zu Gericht unterschiedlich beurteilt. Wenn es sich um eine Bildagentur handelt, zählen aber in erster Linie die tatsächlichen Lizenzbedingungen, für die die Agentur das Bild zur Nutzung an legale Erwerber herausgibt – und diese Lizenzen liegen regelmäßig deutlich unter den MFM-Empfehlungen. Andererseits erscheint der Betrag bei einer Nutzung möglicherweise über 5 Jahre nicht völlig überzogen.
Auch die 100% Verletzerzuschlag werden nur von manchen von Gerichten anerkannt, teilweise auch nur 50% oder bei fehlender Branchenüblichkeit einer Namensnennung gar kein Zuschlag zugesprochen. Der Verletzerzuschlag steht im Übrigen zunächst einmal nur dem Urheber des Bildes (=Fotografen) zu und kann als höchstpersönlicher Anspruch auch nicht einfach an die Agentur abgetreten werden.
Kurz gesagt: Wenn es keine Zweifel gibt, dass die Agentur tatsächlich die Nutzungsrechte an dem Bild hat, sollten Sie eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben, um eine Unterlassungsklage und damit weitere Kosten zu vermeiden. Bei den geltend gemachten Kosten würde ich versuchen zu verhandeln und sowohl eine Reduzierung des Streitwertes als auch des Lizenzschadens geltend machen und dem Verletzerzuschlag widersprechen.
Geht man aber davon aus, dass Sie das Foto wahrscheinlich über 5 Jahre gewerblich genutzt haben, wäre es durchaus auch denkbar, dass ein Gericht der Gegenseite die geforderte Summe zuspricht, sodass ein Gerichtsverfahren wenn möglich vermieden werden sollte.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Jan Wilking