Sehr geehrter Ratsuchender,
vorab weise ich Sie darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Rechtsfragen in keinem Fall eine Beratung durch einen Anwalt vor Ort ersetzen kann, der in alle Fakten des Falles Einsicht hat. Meine Antwort soll lediglich eine erste Orientierung ermöglichen.
1.
Eine Herabsetzung der Miete erfolgt kraft Gesetzes im Falle eines Mietmangels, ohne dass es einer Erklärung der Minderung durch den Mieter bedarf (§ 536 Abs. 1 Satz 1 BGB
).
Um sich die Möglichkeit einer nachträglichen Geltendmachung des Minderungsanspruchs zu erhalten, hätten die Mieter zwar grundsätzlich den Mangel unverzüglich anzeigen müssen. Gemäß § 536c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB
entfällt das Minderungsrecht aber nur, wenn der Vermieter infolge
der unterlassenen Mängelanzeige keine Abhilfe schaffen konnte.
Letzteres ist hier jedenfalls in Bezug auf den verspätet fertiggestellten Balkon nicht der Fall, weil Ihnen insofern der Mangel ja bereits bekannt war und Sie die Möglichkeit zur Abhilfe hatten.
Inwiefern dies auf die anderen angeblichen Mängel auch zutrifft, kann ich mangels Sachverhaltsschilderung nicht beurteilen.
In Bezug auf den Balkon ist aber eine rückwirkende Minderung meines Erachtens rechtens und durchsetzbar.
Nach dem seit 01.09.2001 geltenden Mietrecht verliert der Mieter bei nachträglich auftretenden Mängeln seinen Anspruch auf Minderung auch nicht mehr allein dadurch, dass er die Miete ungekürzt und ohne Vorbehalt weiterzahlt. Dies hat der Bundesgerichtshof am 16.07.2003 in einem Grundsatzurteil klargestellt und eine analoge Anwendung des § 536b Satz 3 BGB
abgelehnt (Az.: VIII ZR 274/02
).
Eine Verwirkung der Ansprüche nach § 242 BGB
dürfte hier noch nicht eingetreten sein.
2.
Soweit keine weiteren Minderungspositionen außer den nicht ausgeführten Restarbeiten geltend gemacht werden können, wäre die Zurückbehaltung von zwei Monatsmieten übermäßig. Denn insofern wird allenfalls ein monatlicher Betrag in Abzug zu bringen sein, der maximal in etwa der damaligen Mieterhöhung von € 50 wegen der Modernisierung entspricht.
Allerdings können die Mieter auch noch Rechte aus der angeblichen Unwirksamkeit der Mieterhöhung vom April 2005 herleiten. Inwieweit diese Mieterhöhung zulässig und der Höhe nach gerechtfertigt war, entzieht sich mangels näherer Angaben meiner Beurteilung.
3.
Ohne die Zustimmung der Mieter dürfen Sie die Wohnung, solange das Mietverhältnis besteht, nur nach vorheriger Ankündigung betreten. Die Mieter müssen Ihnen aufgrund der vertraglichen Regelung den Zutritt zu Besichtigungszwecken ermöglichen, können aber auf einer Terminsabsprache bestehen.
Auch wenn die Mieter bereits ausgezogen sind, haben sie damit grundsätzlich nicht ihr Recht darauf verloren, zu bestimmen, wer zu welchen Zeiten die Wohnung betreten darf. Im vorliegenden Fall haben die Mieter ja außerdem kundgetan, dass sie einer Betretung der Wohnung ohne deren Beisein widersprechen, haben also den Besitz an der Mietsache nicht aufgegeben.
Sie sollten daher auf keinen Fall ohne vorherige Absprache die Wohnung betreten, da Sie sich sonst des Hausfriedensbruchs gemäß § 123 Abs. 1 StGB
strafbar machen.
4.
Aufgrund der Gebrauchsgewährung an der Mietsache (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB
) und des Besitzrechts (§ 854 ff. BGB
) dürfen die Mieter das Schloss austauschen und sind auch durch die vertragliche Regelung nicht verpflichtet, Ihnen einen Schlüssel zu überlassen. Erst im Rahmen der Rückgabeverpflichtung müssen die Mieter den ursprünglichen Zustand wiederherstellen.
Allerdings müssen die Mieter gegebenenfalls einen Schaden ersetzen, der Ihnen dadurch entsteht, dass Ihnen der Zugang zur Wohnung verwehrt wird, und zwar nicht nur bei Gefahr im Verzug, sondern auch für den Fall, dass Sie die Wohnung wegen fehlender Besichtigungsmöglichkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt vermieten können.
Zuvor sollten Sie die Mieter auffordern, konkrete Besichtigungstermine mit Ihnen fest zu vereinbaren. Können die Mieter Ihnen dann keine angemessenen Termine zur Verfügung stellen, zu denen diese selbst auch anwesend sind, obliegt es den Mietern, Ihnen auf andere Weise Zutritt zu verschaffen.
Wird Ihrem berechtigen Wunsch nicht entsprochen, können Sie – wie ausgeführt – Schadensersatz verlangen, tragen aber bei eigenmächtiger Durchführung einer Besichtigung dennoch das strafrechtliche Risiko. Zwar wird hier, da die Wohnung bereits leer steht, kein so bedeutender Eingriff in die Privatsphäre der Mieter anzunehmen sein, solange aber Ihr Verhalten gegen deren ausdrücklichen Willen erfolgt, ist es nicht erlaubt. Die vorliegende vertragliche Regelung kann auch kein Einverständnis der Mieter ersetzen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften weitergeholfen zu haben. Bei Unklarheiten nützen Sie bitte die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
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