Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Sie sollten zunächst einmal prüfen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen etwa die Teilungserklärung eine Änderungsmöglichkeit vorsieht. Oftmals enthält die Teilungserklärung einen Passus, wodurch der teilende Alleineigentümer bevollmächtigt wird, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen rechtswirksame Änderungen und Ergänzungen der Wohnungseigentumsbegründung vorzunehmen, die notwendig oder zweckmäßig werden könnten, wenn die errechnete Wohnfläche nach DIN sich wesentlich verändert oder von der zugrundegelegten Berechnung wesentlich abweicht.
Wenn eine nicht sachgerechte Festlegung der Miteigentumsanteile zu grob unbilligen Ergebnissen bei der Kostenverteilung führt und die Teilungserklärung keine Änderungsmöglichkeit vorsieht, hat der einzelne Wohnungs- oder Teileigentümer entsprechend den Grundsätzen des § 242 BGB
dann einen Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile, wenn wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an der geltenden Regelung grob unbillig wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße (BGHZ 95, 137
/141 ff. = ZMR 86, 19
; BayObLGR 1997, 10 = WE 97, 160 m.w.N.; Bärmann/Pick/Merle WEG § 10
Rdnr. 42). Ein Abänderungsanspruch unter dieser Voraussetzung besteht demnach, wenn eine nicht sachgerechte Festlegung der Sondereigentumsanteile zu grob unbilligen Ergebnissen bei der Kostenverteilung führt, vgl. OLG Köln16 Wx 204/02. Dies dürfte vorliegend der Fall sein, da die Fläche um mehr als 100 % abweicht. Zudem handelt es sich ja vermutlich nur um einen Schreibfehler, wofür insbesondere die Tatsache spricht, dass die Miteigentumsanteile anhand der korrekten Fläche berechnet wurden.
Wenn eine gütliche Einigung mit den anderen Eigentümern nicht möglich sein sollte, sehe ich nach dem oben Gesagten daher gute Chancen, Ihre Ansprüche auf dem Klageweg geltend zu machen.
Seit der WEG-Reform im Jahre 2007 gelten auch für Wohnungseigentumsverfahren die Regelungen für die Kostenverteilung im Zivilprozess (§§ 91 ff. ZPO
). Danach hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Sollten Sie den Prozess vollumfänglich gewinnen, würden die Prozesskosten auf die anderen Wohnungseigentümer umgelegt werden.
Abschließend sollte auch noch kurz erwähnt werden, dass im Ihrem Fall möglicherweise auch der Notar haftbar gemacht werden könnte. Grundsätzlich haftet der Notar, wenn die notarielle Urkunde aus ihm zu vertretenden Gründen inhaltlich fehlerhaft ist, was angesichts des von Ihnen geschilderten Sachverhalts durchaus denkbar wäre.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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Ergänzend möchte ich noch hinzufügen, dass nach der Neuregelung des § 10 Abs. 2 S. 3 WEG
die gesetzliche Möglichkeit zur Änderung bestehender Vereinbarungen erleichtert worden ist. Danach kann jeder Wohnungseigentümer eine Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen (also nicht nur bei außergewöhnlichen Umständen) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint, LG Hamburg Urteil vom 30.09.2009, 318 S 22/09
.
ich würde Ihnen daher raten, noch einmal auf die anderen Eigentümer zuzugehen und unter Verwies auf die aktuelle Rechtslage auf eine gütliche Einigung hinzuwirken.