Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich anhand Ihrer Angaben beantworten werde. Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Portal dazu gedacht ist, eine erste rechtliche Einschätzung vorzunehmen und Ihnen dadurch eine erste Orientierung zu geben. Die persönliche anwaltliche Beratung kann und soll dadurch nicht ersetzt werden. Durch das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann sich die rechtliche Einschätzung zudem noch erheblich verändern.
Nun aber zu Ihren Fragen:
1. Rückzahlung von Hartz IV oder Krankentagegeld
Die Leistungspflicht sowie der Leistungsumfang für die Krankentagegeldversicherung ergibt sich aus § 4 der MB/KT 2008/2009. Dort ist in Absatz 2 geregelt, dass das Krankentagegeld zusammen mit anderen Krankentagegeldzahlungen und Krankengeldern das tägliche Nettoeinkommen aus der beruflichen Tätigkeit nicht übersteigen darf. Berechnungsgrundlage zur Ermittlung des täglichen Nettoeinkommens sind die letzten 12 Monate vor der Antragstellung. Aus dem täglichen Nettoeinkommen ergibt sich dann das monatliche Nettoeinkommen.
Das Einkommen ist nachzuweisen und zwar entweder durch die Erklärung des Steuerberaters oder eben durch den Steuerbescheid.
Nach § 4 Abs. 3 MB/KT ist der Versicherungsnehmer zudem verpflichtet, nicht nur vorübergehende Einkommensminderungen der Versicherung unverzüglich mitzuteilen. Bei solchen Einkommensminderungen ist die Versicherung gem. § 4 Abs. 4 MB/KT ferner berechtigt 2 Monate nach Kenntniserlangung von der Einkommensminderung das Krankengeld sowie den Beitrag entsprechend herabzusetzen.
Entscheidend für den Krankentagegeldanspruch ist daher Ihr (tägliches) Nettoeinkommen der letzten 12 Monate vor dem Antrag auf Leistung des Krankengeldes, wobei die Einkommensminderung sowie der Bezug von Hartz IV sicherlich entsprechend mitgeteilt und bei der Berechnung berücksichtigt werden müssten.
Sie sollten sich daher bemühen, schnellstmöglich den Steuerbescheid für 2008 zu bekommen. Daneben sollten Sie der Versicherung mitteilen, dass Sie die Buchführung selbst übernommen haben und die vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung vorlegen. Gleiches gilt für den Einkommensnachweis für 2009, wobei hier auch die Leistungsbescheide für Hartz IV vorsorglich vorgelegt werden sollten. Wegen des Verlustvortrags sollte auch der Steuerbescheid aus 2007 vorgelegt werden. U. U. ist die Hinzuziehung des Steuerberaters sinnvoll, zumal die Einkommensermittlung in Ihrem Fall nicht ganz unproblematisch sein wird.
Bei Bezug von Hartz IV werden die Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit für 6 Wochen weitergezahlt, wenn ein Anspruch auf Krankengeld besteht. Da Sie als Selbständige wahrscheinlich nicht pflichtversichert in der Krankenkasse waren, ist es fraglich, ob Sie aus Ihrer beruflichen Tätigkeit einen Anspruch auf Krankengeld hatten. Dies wäre ggf. zu klären.
Das Krankengeld der gesetzlichen Versicherungen ist beim Bezug von Hartz IV als anrechbares Einkommen zu bewerten (BSG B 4 AS 70/07 R
). Für das private Krankentagegeld gilt meiner Erfahrung nach nichts anderes, so dass auch dies zumindest anteilig auf die Hartz IV Leistung angerechnet wird.
Kommt es durch den Bezug von Krankentagegeld zu einer Überbezahlung von Hartz IV wird diese Zuvielzahlung in aller Regel zurückgefordert bzw. von den laufenden Leistungen in Abzug gebracht. Ob also erhaltene Hartz-IV-Leistungen von Ihnen zurückgezahlt werden müssen, hängt von der Höhe des bezogenen Krankentagegeldes und dessen Anrechnung auf den Hartz IV-Bezug ab. Dies wird vom Jobcenter berechnet. Grundsätzlich kann eine Rückzahlungen von Leistungen aber nicht völlig ausgeschlossen werden.
Das erhaltene Krankentagegeld aus der privaten Versicherung dürfen Sie grundsätzlich in der Höhe behalten, die dem oben beschriebenen Nettoeinkommen entspricht. Ob hier bei einer Überbezahlung eine Rückforderung möglich ist oder die Überbezahlung anders verrechnet wird, ergibt sich meist aus den konkreten Versicherungsbedingungen bzw. aus dem Versicherungsvertrag. Sie sollten sich daher unbedingt noch einmal die geltenden Versicherungsbedingungen zuschicken lassen. Im Übrigen wird die Versicherung anhand der Einkommensnachweise feststellen, in welcher Höhe das Krankentagegeld zu zahlen ist und sich dann mit Ihnen wegen evtl. Überzahlungen in Verbindung setzen.
In den Musterbedingungen ist grundsätzlich kein ausdrücklicher Leistungsausschluss bei Bezug von Hartz IV-Leistungen vorgesehen. Leider gibt es noch immer Versicherungen, die die Leistung bei Arbeitslosigkeit ablehnen, weil unter diesen Voraussetzungen kein Versicherungsverhältnis mehr bestehen kann bzw. das Versicherungsverhältnis durch die Arbeitslosigkeit endet. Allerdings hat der BGH in einer Entscheidung (Az. IV ZR 219/06
) ausgeführt, dass zumindest für Arbeitslose mit Bezug von ALG I die Versicherung die Zahlung des Krankentagegeldes nicht ohne weiteres nur wegen der eingetretenen Arbeitslosigkeit verweigern dürfe. Da bei Selbständigen regelmäßig bei Arbeitslosigkeit kein ALG I-Anspruch besteht, ist es m. E. vertretbar, diese Entscheidung im Grundsatz auch in Ihrem Fall heranzuziehen und damit ein Leistungsverweigerungsrecht der Krankentagegeldversicherung zunächst zu verneinen. Von daher sollte grundsätzlich ein Leistungsanspruch gegen die Krankentagegeldversicherung bestehen, wobei natürlich die Arbeitslosigkeit/Gewerbeaufgabe und der Bezug von Hartz IV der Versicherung unverzüglich mitzuteilen war.
2. Meldung des Krankentagegeldes bei Hartz IV
Da das Krankentagegeld als zumindest anteilig zu berücksichtigen ist, muss die Zahlung des Krankentagegeldes beim Jobcenter gemeldet werden. Die Zahlungen sind zudem der Höhe nach nachzuweisen. Das Jobcenter prüft dann, ob neben dem Bezug des Krankentagegeldes noch ein Anspruch auf Hartz IV besteht. Ist das anrechenbare Krankentagegeld bereits höher als die Hartz IV-Zahlung entfällt der Leistungsanspruch u. U. komplett und überbezahlte Leistungen könnten vom Jobcenter zurückgefordert werden.
Sie sollten sich also unbedingt möglichst schnell sowohl mit der Versicherung als auch mit dem Jobcenter in Verbindung setzen, um dort die Höhe der jeweiligen Leistungen feststellen zu lassen. Darüber hinaus rate ich Ihnen dringend an, die Einkommensnachweise möglichst von einem Steuerberater anfertigen zu lassen und die Steuererklärung für 2008 möglichst schnell einzureichen, um den Steuerbescheid vorlegen zu können.
Sollte es bei den Leistungen des Jobcenters oder der Versicherung wegen der Höhe oder der Leistungspflicht zu Problemen kommen, sollten Sie zudem schnellsten anwaltlichen Rat einholen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen erst einmal weiterhelfen konnte und wünsche Ihnen alles Gute,
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
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