Sehr geehrter Ratsuchende /-er,
unter Berücksichtigung der Angaben und Ihres Einsatzes nehme ich zu Ihren Fragen gern wie folgt Stellung:
Vorab: Grundsätzlich gilt im Recht der Umsatzsteuer die Regel, daß das steuerliche Schicksal der Nebenleistung dem der Hauptleistung folgt. Somit müssten die Nebenkosten steuerlich genauso behandelt werden wie die Hauptleistung, also wie die Kaltmiete. Wurde also auf die Kaltmiete im Jahr 1993 Umsatzsteuer draufgeschlagen, so wäre das bei den Betriebs- und Nebenkosten genauso zu geschehen.
Allerdings wären dabei die vertraglichen Regelungen vorrangig zu beachten, die ich ohne Einsichtnahme in den Mietvertrag hier nicht in die Bewertung einbeziehen kann.
Ein Mieter eines Geschäftsraumes muss dann die Umsatzsteuer nur zahlen, wenn dies so ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart wurde und der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert hat. Eine Klausel könnte dabei ähnlich dieser lauten: „Neben dem vereinbarten Mietzins zahlt der Mieter die Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlich gültigen Höhe"
Eine Formularklausel, wonach der Vermieter die Mehrwertsteuer nachträglich verlangen kann, wenn er für die Umsatzsteuer optiert, wäre aber nur dann wirksam, wenn der Mieter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Ihren Angaben nach dürfte dies aber nicht der Fall sein, da Sie bei der Heilbehandlung von der MwSt befreit sind. Die Erhebung der MwSt auf Miete und Nebenkosten erfolgt damit unrechtmäßig.
Zu Ihren Fragen:
Kann die ehemalige Vermieterin/Verwalterin wegen der eindeutig unrechtmäßig eingeforderten und bezahlten MwSt-Zahlungen noch haftbar gemacht werden? Gibt es Verjährungsfristen??
Bei der Beantwortung der Fragen gehe ich davon aus, dass nach dem Jahr 2008 die Nebenkostenabrechnung dann korrekt OHNE MwSt. erfolgt ist.
Der Mieter kann grundsätzlich Einwendungen gegen Abrechnungspunkte der Betriebs- und Nebenkosten nur gegen den Vermieter erheben.
Die Formulierung in § 556 III BGB
enthält dabei eine Ausschlussfrist - "Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten."
Der letzte Halbsatz bezieht sich zB darauf, dass der Vermieter dem Mieter keine vollständige Abrechnung mitgeteilt hat.
Sofern Sie demnach (was wahrscheinlich wäre) die betreffenden Abrechnung vor dem November 2009 erhalten haben, sind Einwendungen dagegen ausgeschlossen. Zum Vergleich: BGH Urteil vom 17.11.2004, Aktenzeichen VIII ZR 115/04
.
Sofern man hier der ehemaligen Vermieterin / Verwalterin den Vorwurf machen könnte, den Eigentümerwechsel der ISTA nicht mitgeteilt zu haben, so sehe ich hierin keine grobe Pflichtverletzung, die zu Schadensersatzansprüchen hinsichtlich der vergangenen MwSt. führen würde. Denn die nachfolgende Vermieterin (Ihre Frau) hätte ebenfalls den Eigentümerwechsel selbst mitteilen können bzw. im Verhältnis zur Verwalterin auf Berichtigung der Nebenkostenabrechnungen schon eher drängen können.
Ich bedauere, Ihnen keine für Sie günstigere Einschätzung geben zu können und hoffe, Ihnen einen ersten Einblick gegeben zu haben.
Abschließend möchte ich gern noch auf folgendes hinweisen:
Bei der obigen Beantwortung Ihrer Frage, die ausschließlich auf Ihren Angaben basiert, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes. Bitte berücksichtigen Sie deshalb, dass dies eine umfassende juristische Begutachtung nicht ersetzen kann und soll.
Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung unter Umständen sogar völlig anders ausfallen.
Über eine positive Bewertung durch Sie würde ich mich sehr freuen.
Antwort
vonRechtsanwalt Marko Setzer
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