Sehr geehrte Ratsuchende,
bei derartigen Konstellationen stellt sich in der Regel die Frage, ob es sich um Bauarbeiten zur Erneuerung, Erweiterung oder Verbesserung handelt und ob der Anlieger in der Folge verpflichtet ist, hierfür Straßenausbaubeiträge zu zahlen.
Erfolgt eine Verbesserung oder die Veränderung einer vorhandenen, also bereits erstmals hergestellten Straße (hier liegt der Unterschied zum Erschließungsbeitrag), hat dies in der Regel positive Auswirkungen auf die Erschließungssituation der Anlieger. Dieser Vorteil kann z.B. darin liegen, dass der Autoverkehr leichter, gefahrloser, geräuscharmer als zuvor ist, etc. Der Wert der anliegenden Grundstücke kann dadurch steigen. Diese Vorteile dienen der Rechtfertigung dafür, dass eine Erhebung zum Straßenausbaubeitrag erfolgt. Dies ist es aber auch, was dann Diskussionsstoff bietet.
Die Rechtsgrundlage für Straßenausbaubeiträge ergibt sich aus § 128 Abs. 2 BauGB
in Verbindung mit dem Landesgesetz. Für Sachsen-Anhalt ist dies § 6 des Kommunalabgabengesetzes geregelt. Hinzu kommen muss eine spezielle gemeindliche Satzung. In dieser gemeindlichen Satzung ist dann insbesondere das genaue Verfahren der Beitragsberechnung geregelt. Diese Satzung sollten Sie sich in jedem Fall besorgen und genau prüfen.
Dreh- und Angelpunkt ist dann die Frage, ob es sich um eine „beitragsfähige Ausbaumaßnahme“ handelt. Hierzu ist es erforderlich, dass es sich um eine öffentliche Straße, also nicht um eine Privatstraße handelt. Dies ist hier ganz offensichtlich der Fall. Zu berücksichtigen ist, dass zur Straße auch ein etwaiger Gehweg, Straßenbeleuchtung, Grünflächen, etc. gehören. Ferner muss es sich um Arbeiten zur Erneuerung, Erweiterung oder Verbesserung der Straße handeln. Dies wäre hier nach weiterer Erörterung des Sachverhaltes besonders zu prüfen und bietet ein besonderes Maß für unterschiedliche Ansichten. Im Gegensatz hierzu sind reine Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten von der Gemeinde selbst zu tragen.
Beiträge für die Erneuerung sind auch nur dann zu erheben, wenn die Nutzungsdauer der alten Straße abgelaufen ist. Hauptverkehrsstraßen halten etwa 25 Jahre lang. Weniger belastete Straßen sind erst nach einem längeren Zeitraum erneuerungsbedürftig, selten vor 40 Jahren. Hinzu kommen muss, dass zuvor eine laufende Unterhaltung und Instandsetzung durch die Gemeinde efolgte.
So hat z.B. das OVG NW entschieden, dass eine Beitragspflicht besteht, wenn die Gemeinde eine Straße erneuert, die durch normale Abnutzung nicht mehr funktionsfähig und deren übliche Nutzungsdauer abgelaufen ist. Dies jedenfalls dann, wenn die Gemeinde die Straße laufend unterhalten und instandgesetzt hat (OVG NW, Urteil v. 21.4.1975 – II A 1112/73
, DÖV 1975, 860). Wenn eine Straße trotz Unterhaltungsmaßnahmen erneuerungsbedürftig geworden ist, kommt es nicht darauf an, ob sie noch verkehrssicher ist (OVG NW, Urteil v. 26.7.1991 – 2 A 905/89). Steht objektiv fest, dass eine Erneuerung notwendig ist, kann die Gemeinde frei entscheiden, ob sie weitere Instandsetzungs-oder Unterhaltungsmaßnahmen ausführt oder die Straße vollständig erneuert. Es reicht nicht aus, dass die übliche Nutzungszeit abgelaufen ist. Erneuerungsmaßnahmen sind nur dann beitragspflichtig, wenn die Straße auch tatsächlich abgenutzt war (OVG NW, Beschluss v. 20.7.1989 – 2 B 430/89).
Andererseits haben Gerichte in diversen Fällen die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen als unbegründet angesehen.
Erneuerungen, die keinen Sinn machen, insbesondere, die nicht als erforderlich anzusehen sind, z.B., weil die frühere Herstellung mangelhaft war, sind nicht von den Anliegern zu zahlen. Auch hier kommt es wieder im einzelnen auf den konkreten Sachverhalt an und kann in der Regel zu unterschiedlichen Einschätzungen führen.
Wird z.B. bei den Erneuerungsarbeiten mangelhaftes Material eingebaut, so dass keine intakte und auf lange Zeit haltbare Straße zur Verfügung gestellt wird, sind dafür keine Straßenausbaubeiträge zulässig (OVG NW, Urteil v. 5.7.1990 – 2 A 1483/87
, KStZ 1991, 96
). Wird eine Straße weder ordnungsgemäß unterhalten noch instandgesetzt und ist dies der Grund für die Erneuerung, hat die Gemeinde keine Rechtfertigung für Straßenausbaubeiträge. Denn durch laufende Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten kann die Lebensdauer einer Straße erheblich verlängert werden (OVG NW, Urteil v. 21.4.1975 – II A 1112/73
, KStZ 1976, 16). Reicht die laufende Unterhaltung und Instandsetzung aus, um die Straße in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten, darf die Gemeinde sie nicht zu Lasten der Grundstückseigentümer erneuern (OVG NW, Beschluss v. 31.8.1983 – 2 A 1373/82). Muss die Fahrbahn einer reinen Anliegerstraße schon 13 Jahre nach der erstmaligen Herstellung erneuert werden, muss davon ausgegangen werden, dass es sich um einen sogenannten aufgestauten Reparaturbedarf handelt (OVG NW, Urteil v. 18.12.1979 – II A 1751/78).
Wird an Straßen etwas verändert, kann es sich um Verbesserungen im Rechtssinne handeln. Eine Verbesserung ist dann gegeben, wenn sich der Zustand der Straße nach der Baumaßnahme in irgend einer Hinsicht vom früheren Zustand unterscheidet und die Maßnahme sich positiv auf die Benutzbarkeit auswirkt (BayVGH, Urteil v. 13.9.1989 – 6 B 86.02633, BayVBl 1990, 243; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 10.10.1995 – 2 M 30/95
). Hierbei ist der neue Zustand mit dem ursprünglichen Straßenzustand zu vergleichen. Regelmäßige Unterhaltungsmaßnahmen sind keine Verbesserungen im Sinne des Beitragsrechts.
Wird z.B. auf eine alte Straße, deren Unterbau aus einfachem Schotter besteht, eine Frostschutzschicht aufgebracht, ist die Verstärkung des Unterbaus und die darauf aufgebrachte Asphaltdecke eine Verbesserungsmaßnahme, weil dadurch in der Zukunft Frostaufbrüche vermieden werden (OVG NW, Urteil v. 28.7.1988 – 2 A 842/87). Gleiches gilt, wenn eine etwa 80 Jahre alte Straße, die den heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht, erneuert und mit einer Decke aus Verbundsteinpflaster versehen wird. (HessVGH, Beschluss v. 20.7.1993 – 5 TH 2859/90
, GemHH 1994, 61). Wird auf eine alte Befestigung aus 15 cm starkem Schotter und 3 cm Verschleißdecke eine ca. 7 cm dicke Bitumendecke aufgebracht, ist diese zusätzliche bituminöse Überdeckung eine beitragspflichtige Verbesserung (OVG NW, Urteil v. 26.3.1991 – 2 A 2125/88
, GemHH 1992, 155).
Keine Verbesserung sind – wie gesagt - Straßenbaumaßnahmen, die im Rahmen der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung anfallen. Wird z.B. zur Verbesserung der Optik ein Asphaltbelag durch Pflaster ersetzt, ist dies keine Verbesserung (HessVGH, Beschluss v. 4.4.1995 – 5 TH 1264/93
, GemHH 1996, 169).
Selbst wenn sich dann eine Beitragspflicht ergeben sollte – dies wäre – wie gesagt – genau zu prüfen, wobei es sicherlich unterschiedliche Ansichten geben kann, ist der sog. Eigenanteil der Gemeinde zu berücksichtigen. Denn die Straße wird nicht nur von den Anliegern, sondern von verschiedenen Dritten genutzt. Auch hierfür ist ein Blick in die Beitragssatzung erforderlich.Je nach Straßenart und Straßenteil liegen diese Anteile in der Regel zwischen 40 bis 90% der Herstellungskosten. Für den Restbetrag ist ein grundstücksbezogener Maßstab heranzuziehen, z.B. Grundstücksfläche, zulässige Geschossfläche.
Gegen den formellen Beitragsbescheid können Sie innerhalb Monatsfrist Widerspruch einlegen und dadurch eine Überprüfung des Bescheides erreichen. Gegen einen dann etwaigen ergehenden Widerspruchsbescheid kann dann Klage zum Verwaltungsgericht eingereicht werden.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen ersten Überblick verschafft zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
RA Ernst G. Mohr
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