Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
1. Ich gehe davon aus, dass die faktische Geschäftsführung durch den stillen Teilhaber nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Dann hat der Gesellschafter+Geschäftsführer den stillen Teilhaber also mit der Übernahme der Geschäftsführung beauftragt und ihm auf der Grundlage dieses Auftrags eine Vollmacht erteilt. Dieser Auftrag darf gemäß § 671 BGB
jederzeit gekündigt werden, indem der Gesellschafter+Geschäftsführer dem stillen Teilhaber die Kündigung erklärt. Und dann erlischt auch die Vollmacht des stillen Teilhabers automatisch. Gegenüber Dritten, die von dieser Kündigung keine Kenntnis haben, bleibt die Vollmacht des stillen Teilhabers aber in bestimmten Fällen bestehen:
<ul>
<li>Sofern der Gesellschafter+Geschäftsführer dem stillen Teilhaber eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat, die dieser Dritten zum Nachweis seiner Vollmacht vorgelegt hat
, dann bleibt die Vollmacht des stillen Teilhabers diesen Dritten gegenüber solange bestehen, bis der Gesellschafter+Geschäftsführer die Vollmachtsurkunde zurückerhalten hat. Der Gesellschafter+Geschäftsführer hat gegen den stillen Teilhaber einen Anspruch auf Rückgabe der Vollmachtsurkunde. Sollte der stille Teilhaber die Vollmachtsurkunde trotz Aufforderung nicht zurückgeben, dann kann der Gesellschafter+Geschäftsführer die Kraftloserklärung der Vollmachtsurkunde bei seinem örtlichen Amtsgericht beantragen (§ 176 BGB
). Sobald die Vollmachtsurkunde für kraftlos erklärt und dies im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, kann sich kein Dritter mehr auf die Vollmachtsurkunde berufen. Der Gesellschafter+Geschäftsführer sollte sich zur Durchführung dieses Verfahrens an einen Rechtsanwalt vor Ort wenden.</li>
<li>Sollte der Gesellschafter+Geschäftsführer keine solche Vollmachtsurkunde erteilt haben, sondern bloß die Übertragung der Vollmacht auf den stillen Teilhaber Dritten gegenüber erklärt bzw. angezeigt
haben, dann muss er den Dritten gegenüber erklären, dass die Vollmacht des stillen Teilhabers erloschen ist. Sobald der Gesellschafter+Geschäftsführer dies getan hat, können sich die Dritten ihm gegenüber nicht mehr auf das Bestehen der Vollmacht des stillen Teilhabers mehr berufen.</li>
</ul>
2. Wenn der Gesellschafter+Geschäftsführer dem bisherigen Bevollmächtigten die Vollmacht in dieser Weise entzogen hat, dann kann er einen neuen Bevollmächtigten einsetzen. Sinnvoll erscheint die Erteilung einer neuen Vollmachtsurkunde, die der neue Bevollmächtigte Dritten zum Nachweis seiner Vollmacht vorlegen kann und die zudem den Hinweis enthalten kann, dass der frühere Bevollmächtigte nun keine Vollmacht mehr hat.
3. Nach der Kündigung des Auftragsverhältnisses mit dem bisherigen Bevollmächtigten darf dieser nicht mehr als Vertreter des Gesellschafters+Geschäftsführers auftreten, er ist dann wieder "nur" stiller Teilhaber. Zudem ist er verpflichtet, alles, was er zur Ausführung seines Auftrags erhalten hat - z.B. die blanko unterschriebenen Formulare - an den Gesellschafter+Geschäftsführer zurückzugeben (§ 667 BGB
). Sollte der stille Teilhaber sich einer entsprechenden Aufforderung verweigern, dann muss der Herausgabeanspruch des Gesellschafters+Geschäftsführers gerichtlich durchgesetzt werden. Da die Angelegenheit eilbedürftig sein wird, empfiehlt sich die Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den stillen Teilhaber mit dem Inhalt, die Formulare nicht mehr zu verwenden und sie (eventuell an einen "Treuhänder" bis zur endgültigen Klärung des Streits) herauszugeben. Auch hierfür sollte der Gesellschafter+Geschäftsführer einen Rechtsanwalt vor Ort einschalten.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)
Vielen Dank für Ihre rasche und kompetente Antwort.
Kann dem stillen Gs/Treugeber nach Widerspruch auch der Zugang zu den Geschäftsräumen verweigert werden, bzw. die Schlösser ausgetauscht werden?
Freundliche Grusse
Das kommt auf das genaue Verhältnis des stillen Teilhabers zu den Geschäftsräumen an. Wenn sich seine Berechtigung, die Geschäftsräume zu betreten, allein aus seiner Einsetzung als Vertreter des Geschäftsführers ableitet, dann hat er, sobald der ihm erteilte Auftrag zur Vertretung erloschen ist, kein Recht mehr, die Geschäftsräume zu betreten; der Inhaber des Hausrechts darf ihm den Zutritt verwehren, notfalls auch durch Austausch der Schlösser. Wenn der stille Gesellschafter dagegen auch aus anderen rechtlichen Gründen Zutritt zu den Geschäftsräumen hat (etwa weil dies im Gesellschaftsvertrag mit ihm so festgelegt ist), dann darf ihm der Zugang zu den Geschäftsräumen nicht verwehrt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)