Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
Rückforderungen des Jobcenters müssen innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen [erfolgen], welche die Rückforderung rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X
).
In Ihrem Fall waren entsprechende Bescheide binnen Jahresfrist erlassen worden. Es war jedoch erforderlich, dass Ihnen die Bescheide auch rechtzeitig bekanntgegeben wurden. Nach § 37 Abs. 2 SGB X
gilt ein „schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, […] am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben." Allerdings gilt dies „nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen." Das Bundessozialgericht führt dazu aus: In diesem Sinne aber bestehen schon dann Zweifel, wenn der Adressat den Zugang - schlicht – bestreitet. (Bundessozialgericht, Urteil vom 26.07.2007 - B 13 R 4/06 R
).
Sie sollten also gegen die Erstattungsbescheide Widerspruch einlegen und diesen damit begründen, dass Sie die Erstattungsbescheide erst Ende 2019/Anfang 2020 erhalten haben, die Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X
also abgelaufen ist.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften gedient zu haben und weise darauf hin, dass diese auf Ihren Angaben beruhen. Bereits geringfügige Abweichungen des Sachverhalts können zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen.
Nutzen Sie bei Rückfragen gern die kostenlose Nachfragefunktion!
Mit freundlichen Grüßen
Vasel
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Vasel,
ich danke Ihnen vielmals für die schnelle und ausführliche Antwort bezüglich meines Anliegens.
Muss ich ein genaues Datum nachweisen, an dem ich die Erstattungsbescheide erhalten habe?
Denn die Briefumschläge in denen die Erstattungsbescheide verschickt wurden, habe ich leider nicht mehr.
Das Jobcenter hat die Bescheide auch nur mit einem Stempel "Duplikat" versehen ohne Angabe eines neuen Datums (ich weiß nicht, ob das überhaupt nötig bzw. üblich ist).
Wie kann das Jocenter den Zugang des Verwaltungsaktes nachweisen, wenn es nicht als Einschreiben verschickt wurde?
Reicht mein Widerspruch so aus?
"Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich gegen den Vollstreckungsaufschub* vom 13.02.2020 Widerspruch,
da mir die Erstattungsbescheide nicht fristgerecht zugestellt worden sind.
Diese habe ich erst Ende 2019 / Anfang 2020 erhalten, nachdem ich mich mit dem Jobcenter in Verbindung gesetzt und nach den Erstattungsbescheiden gefragt hatte.
Somit ist die Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X
abgelaufen."
*Zum Verständnis:
Im Brief von der Stadtkämmerei heißt die Überschrift Vollstreckungsaufschub, nicht Vollstreckungsbscheid. Wahrscheinlich weil mir eine Ratenzahlung gewährt wurde. Das weiß ich leider nicht genau.
Ich danke Ihnen nochmals sehr herzlich für Ihre Hilfe!
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
es ist doch etwas komplizierter. Sie müssen gegen die Erstattungsbescheide vorgehen, da diese unrechtmäßig, weil zu spät ergangen sind. Wenn Sie die Duplikate der Erstattungsbescheide bereits Ende 2019/Anfang 2020 erhalten haben, ist die Monatsfrist für einen Widerspruch allerdings schon abgelaufen. Sie sollten daher einen Antrag auf Rücknahme gem. § 44 Abs. 1 SGB X
stellen.
Diesen können Sie wie folgt formulieren:
„"Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich Rücknahme der Erstattungsbescheide vom ##, ##, ## gem. § 44 Abs. 1 SGB X
, da mir die Erstattungsbescheide nicht fristgerecht zugestellt worden sind.
Diese habe ich erst Ende 2019 / Anfang 2020 erhalten, nachdem ich mich mit dem Jobcenter in Verbindung gesetzt und nach den Erstattungsbescheiden gefragt hatte.
Somit ist die Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X
abgelaufen."
Mit freundlichen Grüßen
Vasel
Rechtsanwalt