Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich unter Berücksichtigung Ihrer Angaben beantworten darf.
Das ergangene Versäumnisurteil ist rechtskräftig, da nicht rechtzeitig Einspruch eingelegt worden ist. Dies bedeutet, dass der Inhalt des Versäumnisurteils gegen Ihren Vater wirkt. Das Urteil ist 30 Jahre lang vollstreckbar. Eine Abwehr des Urteils ist daher lediglich auf Vollstreckungsebene möglich.
Ihre Rechte aus § 543 BGB
, die Sie auch teilweise wahrgenommen haben (Aufrechnung, Erforderlichkeit einer Mahnung) sind durch das Urteil Makulatur geworden, so auch die von Ihnen benannte Schonfrist.
Möglicherweise könnte aber ein unwirksames Versäumnisurteil vorliegen, wenn dies ohne Prüfung ergangen ist, ob die Voraussetzungen einer Kündigung überhaupt vorliegen. Diese Rechte sind aber wiederum nur im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens, mit einer Vollstreckungsabwehrklage, geltend zu machen.
Hier ist es wichtig genau den Tenor des Urteils zu kennen, ob nur auf Kündigung oder auch auf Räumung geklagt worden ist.
Es könnte tatsächlich auch eingewandt werden, dass eine Vollstreckung des Urteil aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr zulässig sei, insbesondere weil das Vertragsverhältnis fortgesetzt worden ist. Hierin kann auch ein neuer Vertrag gesehen werden oder die Einwilligung der Gegenseite den alten Vertrag fortzusetzen. Dann wäre es hier rechtsmißbräuchlich noch mit dem alten Titel zu vollstrecken. Auch könnten Sie Vollstreckungsschutz in Anspruch nehmen, wenn das Verhalten der Gegenseite sittenwidrig wäre. Dies ist aber ein sehr allgemeiner und dehnbarer Begriff (§765a ZPO
), aber hier durchaus denkbar. Der Antrag muß gem. § 765a Abs.3 ZPO
spätestens 2 Wochen vor dem Räumungstermin gestellt werden.
Die Anträge sind an das Vollstreckungsgericht zu richten. Hier sollten Sie am besten einen Anwalt vor Ort aufsuchen. Es besteht die Möglichkeit für den Vollstreckungsschutz Prozeßkostenhilfe zu erhalten.
Parallel dazu sollten Sie aber auch nochmals auf die BG zugehen und versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu suchen, insbesondere garantieren, dass pünktliche Mietzahlungen erfolgen und auch auf eine Fortsetzung des Mietverhältnisses drängen, da die Vollstreckung nach den o.g. Grundsätzen Anzeichen bietet, die auf eine Rechtswidrigkeit schließen lassen und insbesondere auch aufgrund der langen Dauer und Fortsetzung des Mietverhältnisses durchaus einen neuen Vertragdarstellen können.
Das Aquarium sowie das Zubehör bildet grds. kein Vollstreckungshindernis. Hier muß aber der GVZ auf einen ordnungsgemäßen Transport achten und falls wirklich notwendig, eine Frist zur Organisation des Transports eingeräumt werden.
Schließlich ist, sofern das Versäumnisurteil auf Räumung gerichtet ist, grds. gegen alle Mietparteien, die im Urteil stehen. Ist dies nicht der Fall, muß ein weiteres Urteil gegen die Vertragspartei erfolgen. Hier wäre dann im Mietvertrag nachzuschauen, wer Mieter ist. Alle anderen Personen halten sich nur geduldet im Haus auf.
Ich hoffe, Ihnen eine erste Orientierung gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne im Rahmen der Nachfragefunktion zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Joachim
-Rechtsanwalt-
www.rechtsbuero24.de
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Joachim
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Sehr geehrter Herr Joachim,
vielen Dank für Ihre Ausführungen. Noch zwei Details bitte ich Sie mir zu beantworten:
Das damalige Versäumnisurteil von 2003 besagt sinngemäß, dass 1. der Beklagte das Einfamilienhaus an die Klägerin herauszugeben hat, 2. der Beklagte die offenen Zahlungen nebst Zinsen und Gebühren zu zahlen hat, 3. der Beklagte die Kosten des Rechtsstreites zu zahlen hat und 4. das Urteil vorläufig vollstreckbar ist.
Damals ist keine Vollstreckung zur Herausgabe (Punkt 1) erfolgt. Die Rückstände und Kosten wurden alle gezahlt.
Kann man sich somit auf die Unzulässigkeit der Vollstreckung durch Zeitablauf berufen, weil damals der Vertrag fortgesetzt wurde?
Das Aquarium wird wohl wirklich nicht so einfach zu transportieren sein. Es befinden sich darin insgesamt 5 Säcke a 25 kg Kies. Das Aquarium hat ein Gesamtgewicht von mind. 700kg (also kein kleines Becken). Ein Transport ist nur durch komplette Herausnahme des Boden möglich. Es muss ja auch eine artgerechte Umsetzung der Tiere erfolgen. Meine Fürsorgepflicht für die Tiere kann ja auch eine unbillige Härte zur Gewährung einer längeren Räumungsfrist zu Grunde legen! (?)
Ich denke, dass selbst die angesetzten Kosten für die komplette Zwangsräumung von 4000 Euro des Gerichtsvollzieher hier insgesamt nie ausreichen werden. Kann der GVZ hier die Zwangsräumung ablehnen und erst wenn die Baugenossenschaft mehr Geld hinterlegt weiter vollstrecken?
Vielen Dank!
Sehr geehrter Fragesteller,
entschuldigen Sie bitte den etwas größeren Zeitablauf seit Ihrer Nachfrage.
Das Versäumnisurteil bildet die Grundlage der Vollstreckung und ist auf die Herausgabe gerichtet. Wenn dieses im Jahr 2003 ergangen ist, verstärkt sich meine Ansicht, dass hier ein Verwirkungstatbestand gegeben sein kann. Auch geht aus dem Urteil nicht hervor, dass das Mietverhältnis gekündigt worden ist, wenn nur auf Herausgabe geklagt worden ist, so ist bereits das Urteil fehlerhaft, da Sie weiterhin einen wirksamen Vertrag besitzen! Dies räumt Ihnen ein Recht zum Besitz ein, das Sie der Vollstreckung entgegen halten können. Sie sollten daher, sofern die Vollstreckung eingeleitet worden ist, Gegenmaßnahmen durch eine Vollstreckungsgegenklage oder eben Volstreckungsschutz nach § 765a ZPO
ergreifen.
Eine mögliche Zwangsräumung in Bezug auf Ihr Aquarium muß die Größe des Aquariums und auch die Kosten berücksichtigen. Soweit dem GVZ bekannt ist, dass höhere Kosten entstehen und diese nicht durch den Gläubiger vorgeschossen worden sind, kann dieser die Durchführung der Vollstreckung ablehnen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Abwehr der Räumung und stehe Ihne selbstverständlich in der Angelegenheit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Joachim
-Rechtsanwalt-
www.rechtsbuero24.de