Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Zulässigkeit des Zugriffs des Betriebsrats ohne Betriebsvereinbarung:
Der Zugriff des Betriebsrats auf personenbezogene Daten, wie die Stempeldaten im Zeiterfassungssystem, bedarf einer Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO. Ohne eine Betriebsvereinbarung oder eine andere rechtliche Grundlage, die den Zugriff regelt, könnte der Zugriff unzulässig sein. Art. 5 DSGVO fordert zudem die Einhaltung der Prinzipien der Zweckbindung, Datenminimierung, Vertraulichkeit und Transparenz. Ohne eine dokumentierte Protokollierung und klare Regelungen könnte ein Verstoß gegen diese Prinzipien vorliegen.
2. Weitergabe von Pflichtverstößen an die Führungskraft:
Die Weitergabe personenbezogener Daten durch den Betriebsrat an eine Führungskraft ist problematisch, wenn keine Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder keine andere Rechtsgrundlage die Weitergabe rechtfertigt. Der Betriebsrat hat zwar Kontrollrechte, diese richten sich jedoch primär gegen das Verhalten des Arbeitgebers (§ 80 Abs. 1 BetrVG) und nicht gegen einzelne Beschäftigte. Die Weitergabe könnte daher unzulässig sein, insbesondere wenn sie ohne Einwilligung oder rechtliche Grundlage erfolgt.
3. Dauerhafter Lesezugriff ohne Protokollierung:
Ein dauerhafter Lesezugriff auf personenbezogene Daten ohne dokumentierte Protokollierung widerspricht den Grundsätzen der DSGVO, insbesondere der Transparenz und Rechenschaftspflicht. Eine solche Praxis könnte als Verstoß gegen die DSGVO gewertet werden, da sie die Rechte der betroffenen Personen auf Information und Kontrolle über ihre Daten beeinträchtigt.
4. Handlungsmöglichkeiten:
- Interne Rüge: Sie könnten den Vorfall intern ansprechen und eine Rüge einlegen, um auf die Missstände hinzuweisen.
- Gegendarstellung: Eine schriftliche Gegendarstellung könnte helfen, Ihre Sichtweise zu dokumentieren.
- Datenschutzrechtliche Beschwerde: Eine Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde könnte eingereicht werden, um den Vorfall prüfen zu lassen.
- Arbeitsrechtlicher Widerspruch: Ein Widerspruch gegen die informelle Ermahnung könnte in Betracht gezogen werden, um Ihre Position zu klären.
Die von Ihnen genannten Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) könnten in diesem Kontext relevant sein, insbesondere wenn es um die Abgrenzung der Rechte und Pflichten des Betriebsrats geht. Eine genaue Prüfung der Urteile und der Kommentarliteratur könnte weitere Klarheit bringen.
Insgesamt scheint der Zugriff und die Weitergabe der Daten ohne entsprechende rechtliche Grundlage problematisch zu sein, und es bestehen mehrere Ansatzpunkte, um gegen die Vorgehensweise vorzugehen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Deniz Altundag
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