Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Aus Ihrer Schilderung entnehme ich, daß Ihnen und der geschiedenen Ehefrau die Grundsätze des Zugewinnausgleichs weitestgehend fremd sind.
Der Zugewinnausgleich ist eine komplizierte Materie, so daß es empfehlenswert ist, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, zumal, wenn es um nicht unerhebliche Vermögenswerte geht.
2.
Im Rahmen dieser Anfrage kann ich Ihnen einen Überblick über die Grundsätze der Durchführung des Versorgungsausgleichs geben. Um den Zugewinnausgleich zu ermitteln, bedarf es einer konkreten Berechnung.
Zunächst sind für beide Ehegatten das Anfangs- und das Endvermögen zu ermitteln. Die Differenz zwischen Anfangs- und Endvermögen ist der Zugewinn. Derjenige Ehegatte, der den höheren Zugewinn erzielt hat, ist dem anderen Ehegatten zum Ausgleich verpflichtet.
Maßgeblich sind die Stichtage zur Ermittlung von Anfangs- und Endvermögen. Stichtag für das Anfangsvermögen ist der Tag der Eheschließung, Stichtag für das Endvermögen ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten zugestellt worden ist. Wie lange die Eheleute getrennt gelebt haben, ist dabei unerheblich.
3.
Wenn die Ehefrau zum Stichtag, zu dem das Endvermögen zu berechnen ist, Schulden hat, sind die Schulden bei der Ermittlung des Endvermögens in Abzug zu bringen. Das heißt aber nicht, daß Sie mit 12.500 Euro an den Schulden zu beteiligen sind. Hier wurde nämlich keine Berechnung des Zugewinnausgleichs vorgenommen, vielmehr ist nur ein Posten herausgepickt worden, um damit eine Forderung zu begründen.
Allerdings ist Ihre Auffassung, Sie hätten bei der Aufnahme des Darlehens bereits getrennt gelebt mit der Folge, daß Rechtsgeschäfte, die während der Trennung getätigt worden seien, keine Berücksichtigung fänden, unzutreffend. Wie bereits oben gesagt, kommt es auf die Trennung für die Berechnung des Zugewinnausgleichs nicht an.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 20.09.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Sehr geehrter Herr Raab,
erstmal vielen Dank für die prompte Antwort.
zu 1. der Zugewinnausgleich ist mir sehr wohl bekannt. Ich picke tatsächlich nur eine, sehr spezielle Position aus der Zugewinnberechnung heraus, in der meine ehemalige Frau und ich ansonsten uns einig sind.
zu 2. ist mir bekannt. Allerdings wird in "§ 1357 Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs" ausdrücklich auf den Zustand "getrennt leben" hingewiesen. Also ein weiterer "Stichtag"
zu 3. Um mich bestmöglich auszudrücken, erlaube ich mir die folgende, vereinfachte Berechnung:
Anfangsvermögen: beide 0
Endvermögen: Ehemann 0, Ehefrau 100.000
Zugewinn: Ehemann 0, Ehefrau 100.000
Ausgleich: Frau zahlt 50.000 an Mann.
Soweit sind Mann und Frau einverstanden. Nun fällt der Frau ein, dass es noch dieses Darlehen gibt: 25.000 €, die 2012 von der Frau aufgenommen wurden und sofort in den Besitz des Sohnes übergegangen sind. Entscheidend ist hier, dass die Frau diese 25.000 € verschenkt hat und damit, wenn es nun rechtens wäre, lediglich als Schuld vom Endvermögen abgeht:
Endvermögen: Ehemann 0, Ehefrau 75.000
ergo
Zugewinn: Ehemann 0, Ehefrau 75.000
Ausgleich: Frau zahlt 37.500 an Mann.
und damit wäre ich, wenn auch indirekt, mit 12.500 Euro an dem Darlehen bzw an der Schenkung beteiligt. Ist in gewisser Weise eine "Sippenhaft der Eheleute".
Ich ging davon aus, dass derartige Geschäfte unter "§ 1357 Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs" fallen und hier aufgrund von Absatz 3 "Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben." mich auch im Zugewinnausgleich nicht betreffen dürfen. Dazu folgendes Zitat aus http://www.lebenslage-scheidung.de/Zugewinngemeinschaft.html:
"Jedoch bereits mit der Trennung gibt es eine Vorform der Aufhebung des gemeinsamen Wirtschaftens. Ab diesem Zeitraum können Ausgaben nicht mehr unbedenklich getätigt werden. Es dürfen weiterhin Ausgaben für den Lebensunterhalt oder zu erwartende Leistungen gemacht werden. Unerwartete oder sogar unerwartet hohe Ausgaben bedürfen jedoch einer Absprache."
Frage: ist die Frau berechtigt die 25.000 € von ihrem Endvermögen abzuziehen, so dass sie 12.500 € weniger an den Mann ausgleichen muss? Wenn ja, hat der Mann einen Anspruch auf Schadensersatz?
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Die Vorschrift des § 1357 BGB
hat nichts mit der Berechnung des Zugewinnausgleichs zu tun. Es gibt also keinen "dritten Stichtag". Vielmehr ist auf die genannten Stichtage abzustellen, die ich in meiner Antwort genannt hatte. Das ist einhellige Meinung in Literatur und Rechtsprechung.
2.
Eine Darlehensgewährung oder eine Schenkung in der Größenordnung von 25.000 Euro gehört nicht zu den Geschäften zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie im Sinne des § 1357 BGB
.
3.
Bis zu der Zustellung des Scheidungsantrags, also dem Stichtag für die Ermittlung des Endvermögens, besteht tatsächlich die Gefahr, daß Vermögen beiseite geschafft wird. Schließlich ist es den Eheleuten nicht untersagt, mit ihrem eigenen Vermögen (fast) nach Belieben zu verfahren. Hat ein Ehegatte den Verdacht, daß Vermögen verschleudert wird, besteht die Möglichkeit, den Zugewinnausgleich vorzuziehen. Das ist aber nicht die Problematik, die Sie ansprechen.
Die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung des Studiums des Sohns ist nicht unredlich. Wenn es sich also tatsächlich um ein Darlehen handelt, sind das Schulden, die beim Endvermögen von den Aktiva abgezogen werden können.
Aus dem Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte, wonach die Frau dem Mann zum Schadenersatz verpflichtet wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt