Guten Tag,
ausweislich Ihrer Schilderung scheint es, dass Sie der Ansicht sind, dass der für die Berechnung des Eheunterhalts angerechnete Wohnvorteil in Ihrer Situation möglicherweise nicht gerechtfertigt ist, da Sie nur einen Teil des Hauses bewohnen und auch noch für einen über Ihren Anteil hinausgehenden Teil der Wohnung Miete zahlen. Sie argumentieren, dass Ihre Ex-Partnerin dagegen alle Mieteinnahmen für die vermieteten Anteile erhält.
Zunächst einmal ist es grundsätzlich so, dass im Rahmen der Berechnung des Unterhalts (sowohl für Ehe- als auch für Kindesunterhalt) alle Einkünfte und Vorteile berücksichtigt werden, die eine Partei aus Vermögen oder Eigentum zieht. In diesem Fall wird der Wohnvorteil auf der Grundlage der unentgeltlichen Nutzung der Wohnung, die Sie bewohnen, berechnet.
Die gängige Praxis ist, dass der sogenannte Wohnvorteil mit einem Mietwert (also der Betrag, den man für die Nutzung der Wohnung theoretisch zahlen würde) angesetzt wird, um das "unentgeltliche Wohnen" zu berücksichtigen. In Ihrem Fall wurde der Wert von 1.000 Euro als möglicher Mietwert angenommen, jedoch nur 500 Euro angerechnet, da Ihre Ex-Partnerin und Sie gemeinsam 50% des Hauses besitzen.
Siehe hierzu BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 5.3.2008, XII ZR 22/06):
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2008-3&nr=43407&linked=urt&Blank=1&file=dokument.pdf
"Nach der Trennung der Parteien ist der Vorteil mietfreien Wohnens zunächst regelmäßig nur noch in dem Umfang zu berücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten darstellt. Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste. Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft allerdings nicht mehr zu erwarten, etwa wenn ein Scheidungsantrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermögensrechtlichen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben, sind solche Ausnahmen von der grundsätzlichen Berücksichtigung des vollen Mietwerts nicht mehr gerechtfertigt (Abgrenzung zu dem Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879).
b) Von dem Vorteil mietfreien Wohnens sind grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten kann aber dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn der andere Ehegatte nicht mehr von der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung profitiert und daher eine einseitige Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten stattfindet, wie es im Fall des gesetzlichen Güterstandes ab Zustellung des Scheidungsantrags der Fall ist (Fortführung der Senatsurteile vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879 und vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159)."
Ihre Argumentation:
Da Sie nur 25% des Hauses selbst bewohnen (und 30% der gesamten Wohnung), sind Sie nur für einen Anteil des Hauses verantwortlich, während die Miete für den Rest des Hauses an Ihre Ex-Partnerin geht.
Sie zahlen bereits Miete für den 5%-igen Teil, der über Ihren Anteil hinausgeht. Das könnte als Argument dafür dienen, dass Sie keinen oder nur einen reduzierten Wohnvorteil zahlen sollten, da Sie bereits einen Teil der Wohnung, der eigentlich der Ex-Partnerin gehört, mitbezahlen.
Ihre Ex-Partnerin erhält die gesamten Mieteinnahmen aus den 75% des Hauses, was im Vergleich zu Ihrer unentgeltlichen Nutzung des 25%-Anteils eine ungleiche Verteilung darstellt. Es könnte als ungerecht angesehen werden, dass Ihr Wohnvorteil auf Basis eines gesamten Mietwertes berechnet wird, obwohl Ihre Ex-Partnerin tatsächlich von den Mietzahlungen profitiert und Sie selbst keine Einnahmen aus dem von Ihnen bewohnten Anteil ziehen.
Der Wohnvorteil wird grundsätzlich bei der Berechnung des Unterhalts als Einkommensquelle berücksichtigt. Es ist jedoch nicht immer gerecht, den vollen Mietwert anzusetzen, wenn eine Partei eine Wohnung lediglich anteilig bewohnt oder Miete für einen Teil der Fläche zahlt.
Wenn Sie nur 25% des Hauses bewohnen und die 5% über Ihrem Anteil hinaus sogar noch Miete zahlen, könnte es aus einer fairen Perspektive argumentiert werden, dass die Höhe des Wohnvorteils, die Ihnen zugeschrieben wird, möglicherweise zu hoch angesetzt ist.
Wenn Ihre Ex-Partnerin bereits Mieteinnahmen aus ihrem Anteil des Hauses erhält, könnte dies ebenfalls bei der Berechnung des Unterhalts ein gewisses Ungleichgewicht erzeugen, das berücksichtigt werden sollte.
Gibt es in Ihrem Fall keine Vergleichsgrundlagen (kein Mietspiegel) und bestreitet etwa Ihre Frau, dass die objektive Miete angemessen erfasst ist, müsste im Streitfall ein Sachverständiger die objektive Miete für Ihre Wohnung bestimmen.
(Wurde die Wohnung finanziert, ist der Tilgungsanteil der Darlehensraten nicht mehr zu berücksichtigen, da er zur Schuldenrückführung und damit zur Vermögensbildung nur eines Ehegatten führt (BGH, FamRZ 2007, 881). Dann ist lediglich der Zinsaufwand berücksichtigungsfähig. Unter dem Gesichtspunkt einer zusätzlichen Altersvorsorge im Rahmen des nachehelichen Ehegattenunterhalts wird zusätzlich eine Vermögensbildung durch Zahlung von Tilgungsraten bis zur Höhe von 4 % des eigenen Bruttoeinkommens zugebilligt (BGH, FamRZ 2007, 882)).
Mögliche Schritte:
Es wäre ratsam, diese Aspekte mit Ihrem Anwalt zu besprechen. Dieser kann helfen, ob der Wohnvorteil in Ihrer spezifischen Situation korrekt berechnet wurde oder ob eine Reduzierung bzw. Neubewertung des Wohnvorteils gerechtfertigt ist, insbesondere im Hinblick auf Ihre Mietzahlungen und die Mieteinnahmen Ihrer Ex-Partnerin.
Wenn Sie der Meinung sind, dass der angerechnete Wohnvorteil unangemessen ist, können Sie versuchen, dies im Rahmen einer Unterhaltsberechnung zu überprüfen oder zu ändern, möglicherweise auch vor Gericht, wenn eine Einigung nicht erzielt werden kann.
Alternativ kommt auch die Vereinbarung einer Nutzungsvergütung (Nutzungsentschädigung) für die Wohnung in Betracht. Zieht nämlich ein Ehepartner aus der im Miteigentum stehenden ehelichen Immobilie aus, kann er zumindest ab dem Zeitpunkt der endgültigen Trennung eine Neuregelung der Verwaltung und Nutzung der Wohnung verlangen.
Diese besteht darin, dass eine angemessene Nutzungsentschädigung zu zahlen ist (BGH, FamRZ 1996, 932). Wird allerdings bei der Unterhaltsberechnung ein Wohnvorteil berücksichtigt, bleibt eine Nutzungsentschädigung ausgeschlossen. Denn der im Unterhaltsrechtsstreit angesetzte Wohnvorteil beinhaltet bereits eine Regelung über den Nutzungswert der beiden Ehepartnern gehörenden ehelichen Wohnung.
Fazit:
Die Berechnung des Wohnvorteils dürfte in Ihrem Fall zu hoch angesetzt sein, wenn Sie nur einen Teil des Hauses bewohnen und für den restlichen Anteil Miete zahlen. Es erscheint sinnvoll, diese Aspekte im Zweifel gerichtlich prüfen zu lassen, um sicherzustellen, dass der Unterhalt auf einer fairen Grundlage berechnet wird.
Viele Grüße
Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
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