Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Für die Anwendung von § 566 BGB
müssen grundsätzlich der Veräußerer, Eigentümer und der Vermieter müssen identisch sein (BVerfGE NJW 2013, 3774
Rn. 20; BGH NJW-RR 2012, 237
Rn. 12; offen gelassen aber in BGH WuM 2012, 323
Rn. 23). Dies ist bei Ihnen ja nicht der Fall, da Ihre Großmutter als Eigentümerin die Immobilie veräußert hat, Vermieter aber zu diesem Zeitpunkt Ihr Onkel war.
Jedoch ist § 566 Abs. 1 entsprechend anwendbar, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (BGH GE 2017, 1086 Rn. 26). Diese Ausnahme ist nach Ihrer Schilderung erfüllt, da die Vermietung mit Zustimmung Ihrer Großmutter erfolgte, nur Ihre Großmutter ein wirtschaftliches Interesse daran hatte und Ihr Onkel kein eigenes Interesse an einer Fortführung des Mietverhältnisses hat.
Mit dem Übergang des Eigentums an der vermieteten Immobilie an Sie und Ihre Schwester sind Sie beide daher an Stelle Ihres Onkels als Gesamtschuldner/Gesamtgläubiger in den Mietvertrag eingetreten, mit allen Rechten und Pflichten. Ein neuer Mietvertrag muss nicht aufgesetzt werden, es gilt der alte Mietvertrag weiter, aber eben mit Ihnen und Ihrer Schwester als neue Vermieter.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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Rechtsanwalt Jan Wilking
Sehr geehrter Herr Wilking,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Eine Sache ist für mich leider noch unklar, da bei Ihrer Antwort der Nießbrauch aussen vor bleibt.
Der Nießbrauch berechtigt meine Großmutter durch die Vermietung Einnahmen zu erzielen, wie bei der Schenkung vereinbart. Die einzige die also ihre wirtschaftlichen Interessen an der Mietwohnung wahren könnte, wäre sie selbst. Wieso ist nicht sie als Gesamtschuldner/Gesamtgläubiger in den Mietvertrag eingetreten, sondern wir als Eigentümer?
Ist der Nießbraucher nicht immer vorrangig zur Vermietung berechtigt, da nur er die Bereitstellung durch seine Nutzungsrechte der Wohnräume gewähren kann, wie durch den Eintrag ins Grundbuch geregelt? Und wenn dies nicht automatisch geregelt ist, wie kann es meiner Großmutter zurückübertragen werden?
Hier habe ich eine ähnliche Beratung gefunden, würde diese nicht auch in unserem Fall greifen:
https://www.deutsche-anwaltshotline.de/rechtsberatung/102302-stellung-des-eigentuemers-eines-mietshauses-nach-einraeumung-eines-niessbrauchrechts
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Da haben Sie völlig recht. Ich hatte mich bei der Prüfung darauf konzentriert, ob Ihr Onkel die Vermieterstellung durch die Eigentumsübertragung verloren hat, und den Nießbrauch dann nicht mehr mit einbezogen. Bitte entschuldigen Sie dieses Versehen. Aufgrund des Nießbrauches hat Ihre Großmutter gemäß § 567 BGB
die Vermieterposition erlangt.
Mit freundlichen Grüßen