Sehr geehrter Fragesteller,
im Grundsatz ist in Deutschland unbegrenzt Steuerpflichtig nur, wer in Deutschland seinen Wohnsitz oder seinen ständigen Aufenthaltsort hat (§ 1 EStG; §§ 8, 9 AO). Wohnsitz meint dabei einen Ort, der Ihnen als Bleibe zur Verfügung steht und den Sie auch tatsächlich zu Wohnzwecken verwenden. In Ihrem Fall kann die Abgrenzung durchaus schwierig sein; auf der einen Seite ist anerkannt, dass bloße Kurzaufenthalte (bspw. die "Ferienwohnung") noch keinen Wohnsitz begründen. Auf der anderen Seite ist ebenfalls anerkannt, dass Sie zum Wohnen nicht dauerhaft oder auch nur regelmäßig vor Ort sein müssen; maßgeblich ist nur, dass Sie das Haus so behandeln, als würden Sie immer mal wieder (nicht nur ganz kurzfristig) dort "wie im eigenen Haus" wohnen.
Insgesamt wird in der Praxis oft darauf geschaut, wie genau das Haus eingerichtet ist: Private Einrichtungsgegenstände lassen auf eine Wohnung schließen. Eine schlichte, neutrale Einrichtung dagegen eher weniger.
Insgesamt ist Ihr Fall ein Grenzfall, bei dem ich persönlich - entgegen der Auffassung des Finanzamtes - aber nicht eine Wohnung i.S.d. § 8 AO erkennen würde. Falls Sie das Finanzamt davon überzeugen wollen, müssen Sie das Haus aber nicht verkaufen. Neben der Möglichkeit, dem Finanzamt zu erläutern, wie wenig Sie das Haus tatsächlich nutzen, käme auch die Möglichkeit in Betracht, das Haus zu vermieten oder schlicht die Einrichtung zu reduzieren. Der Verkauf sollte nur "das letzte Mittel" sein, zumal Sie hier ggf. durch den Verkauf Steuern auslösen können.
Sie sollten aber sich auch bewusst machen, dass die Annahme keines Wohnsitzes in Deutschland durchaus auch Nachteile mit sich bringen kann. Renten, die aus Deutschland an einen nicht in Deutschland ansässigen Rentner bezahlt werden, werden nämlich trotzdem besteuert, dieses Mal aber unter dem Aspekt der sog. "beschränkten Steuerpflicht". Das kann erhebliche Nachteile nach sich ziehen, da Sie in der beschränkten Steuerpflicht nicht in den Genuss des Steuerfreibetrages kommen. In der Regel können über 1.000,00 EUR zusätzliche Steuern allein deshalb entstehen. Überlegen Sie daher gut, wo Sie Ihre steuerliche Ansässigkeit haben wollen, und ziehen Sie ggf. einen Steuerberater oder den Lohnsteuer-Hilfeverein zu Rate. Letzterer bietet regelmäßig eine sehr günstige Beratung an.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
28. Februar 2025
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12:00
Antwort
vonRechtsanwalt Roland Schmidt
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