Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre gestellte Frage beantworte ich wie folgt:
§ 19 des Mietvertrages enthält eine sog. Abwälzungsklausel bzgl. der laufenden Schönheitsreparaturen und eine sog. Quotenklausel bzgl. der Endrenovierung. Bei beiden Klauseln handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, deren Wirksamkeit an §§ 305 ff BGB
zu messen ist.
Die Klausel regeln die laufenden Renovierungspflichten und die Pflicht zur Endrenovierung jeweils nach starren Laufzeiten ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Wohnungszustandes. Beide Klauseln verstossen damit gegen § 307 BGB
(vgl. dazu BGH, 25.06.2003, Urteil 23.06.2004, <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=VIII%20ZR%20361/03" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 23.06.2004 - VIII ZR 361/03: Unwirksamkeit von Abgeltungsklauseln mit "starren" Fristen">VIII ZR 361/03</a> und BGH, Urteil 18.10.2006, <a href="http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=VIII%20ZR%2052/06" target="_blank" class="djo_link" title="BGH, 18.10.2006 - VIII ZR 52/06: Unwirksamkeit von Abgeltungsklauseln mit "starren" Fristen">VIII ZR 52/06</a>.
Anders zu berurteilen ist der handschriftliche Eintrag, mit dem ebenfalls eine Endrenovierung vereinbart wird. Hierbei dürfte es sich -vorbehaltlich näherer Prüfung- um eine Individualvereinbarung handeln, die nicht nach den strengen Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen zu beurteilen ist. Für sich genommen ist diese Klausel daher wirksam.
Mit Urteil vom 05.04.2006, VIII ZR 163/05
beschäftigt sich der Bundesgerichtshof damit, ob es eine Wechselwirkung zwischen den Klauseln gibt. Die Entscheidung besagt dazu, dass eine unwirksame formularmäßige Überwälzung der Schönheitsreparaturen dann zur Unwirksamkeit einer separaten -grundsätzlich wirksamen- individuell vereinbarten, bedarfsunabhängigen Endrenovierungsklausel führt, wenn beide Klauseln wegen Ihres sachlichen Zusammenhangs ein einheitliches Rechtsgeschäft iSd. § 139 BGB
bilden.
Mit einem aktuellen Urteil vom 14.01.2009 - VIII ZR 71/08
hat sich der BGH erneut mit dieser Frage beschäftigt und festgestellt, wenn starre und deshalb unwirksame Formularklauseln zur Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen und der Endrenovierung durch den Mieter mit einer später bei Einzug individuell vereinbarten Übernahme der Endrenovierungspflicht durch den Mieter zusammentreffen, unterliegt die Individualvereinbarung weder der Inhaltskontrolle nach § 307 I 1 BGB
noch wird sie gem. § 139 BGB
von der Unwirksamkeit der Formularklausel erfasst.
Unterschied war, dass im zweiten Fall die Individualklausel nachträglich vereinbart wurde, im ersten Fall bei Vertragsabschluss. Abschliessend ist zu sagen, dass Sie hier das Risiko trifft, ob ein einheitliches Geschäft vorliegt oder nicht. Dies kann erst nach weiterer Aufklärung des Sachverhaltes zum Zustandekommen des Vertrags und Einblick in den Vertrag und das Übergabeprotokoll beurteilt werden; ggf. kann das Übergabeprotokoll eine weitere nachträgliche Vereinbarung enthalten. Eine Pflicht zur Endrenovierung ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, so dass Sie sich zu den weiteren Umständen m.E. anwaltlich beraten lassen sollten.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten hilfreichen Überblick in der Sache verschafft zu haben. Ich weise darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Matthes
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Guido Matthes
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Sehr geehrter Herr Matthes,
zunächst vielen Dank für die umfangreiche Antwort.
Die Sache mit der Individualvereinbarung ist uns nicht ganz klar geworden. Vielleicht hatten wir auch die Umstände der handschriftlichen Ergänzung des Mietvertrages in § 24 nicht deutlich genug dargestellt.
Die handschriftliche Passage bzgl. der Renovierung in unserem Original des Mietvertrages ist dort nicht original hineingeschrieben worden, sondern scheint (aus einem vorher abgeschlossenen Vertrag - wir waren die 3. oder 4. Mieter) kopiert worden zu sein. Diese Passage befand sich bereits in dem Mietvertragsmuster, das uns von den Vermietern vorgelegt wurde. Sie wurde nicht in unserem Beisein ergänzt. Die Ergänzung bzgl. der Renovierung befand sich in kopierter Handschrift im Vertrag bevor dieser unterzeichnet wurde!
Im übrigen ist uns aufgefallen, dass diese Passage inhaltlich eigentlich nur das in kürzerer Form wiederholt, was in § 19 Nr. 4 bzgl. der Endrenovierung bereits aufgeführt wurde. Ergibt sich dadurch überhaupt eine Änderung, wenn auf verschiedene Arten der gleiche Inhalt ausgedrückt wird?
Ergibt sich durch diese Klarstellung eine neue rechtliche Einschätzung?
Sehr geehrter Fragesteller
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt, § 305 BGB
. Vorformuliert ist eine Vertragsbedingung, wenn sie für eine mehrfache Verwendung aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert ist. Auf welche Weise sie vorformuliert oder auf welche Weise sie in den Vertragstext aufgenommen wird, ist nicht maßgeblich. Eine Vielzahl in diesem Sinne liegt regelmäßig vor, wenn eine Klausel tatsächlich dreimal oder mehrfach verwendet worden ist. Stellen liegt vor, wenn die Klausel vom Verwender einseitig festgelegt und ihre Einbeziehung der Verwendergegenseite abverlangt wird und es keine Verhandlungen über die Klausel gibt.
Dies trifft gesamt auf die Klausel in § 24 nach Ihrer Nachfrage zu. Als Allgemeine Geschäftsbedingungen ist diese Klausel dann unwirksam, da zustandsunabhängig renoviert werden soll. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von AGB tragen aber Sie als Vertragspartei, die sich gegenüber dem Verwender auf den Schutz der AGB-Bestimmungen beruft.
Mit freundlichen Grüßen
Matthes
Rechtsanwalt