Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Nach Ihren Schilderungen gehe ich davon aus, dass Sie nicht sicher wissen, ob die Gegenseite den Vergleichsbetrag tatsächlich an Ihren Rechtsanwalt bezahlt hat. Sie vermuten dies nur. Ich möchte Ihnen deshalb empfehlen, sich zunächst zu vergewissern, ob der Betrag tatsächlich bezahlt wurde. Durch einen Anruf bei der Gegenseite sollte sich dies herausfinden lassen.
Grundsätzlich ist der Rechtsanwalt verpflichtet, Fremdgelder unverzüglich auszubezahlen, § 4 Abs. 2 BORA
. Ist dies nicht möglich, weil er z. B. Ihre Bankverbindung nicht kennt, muss er das Fremdgeld auf ein Anderkonto weiterleiten. Anderenfalls macht sich der Kollege wegen Unterschlagung oder Untreue strafbar. Allerdings darf der Rechtsanwalt mit eigenen Honorarforderungen aufrechnen. Solche liegen nach Ihren Angaben nicht vor.
Unterstellt, der Betrag wurde bereits an Ihren Rechtsanwalt ausbezahlt, bietet sich folgendes weitere Vorgehen an: Da Sie den Kollegen bereits mehrmals unter Fristsetzung zur Auszahlung aufgefordert haben, können Sie nun entweder das gerichtliche Mahnverfahren einleiten oder sofort Klage gegen den Kollegen erheben. Das Mahnverfahren ist ein kostengünstiger Weg, relativ schnell einen Titel zu erhalten, aus dem ggf. vollstreckt werden kann. Den Mahnantrag können Sie online unter www.online-mahnantrag.de ausfüllen, ausdrucken und dann an das zuständige Mahngericht schicken. Die Beantragung eines Mahnbescheids ist jedoch nur sinnvoll, wenn Sie keinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid erwarten. Sollte dem Mahnbescheid widersprochen werden, müssten Sie Ihren Antrag wie in einer Klage begründen. Vorteile gegenüber einer sofortigen Klageerhebung hätten Sie dann nicht.
Bei einer verzögerten Weiterleitung des Fremdgelds ist Ihnen übrigens auch der entstandene Zinsschaden zu ersetzen.
Eine Meldung an die zuständige Rechtsanwaltskammer kann im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, weil hier ein Berufsrechtsverstoß vorliegen könnte. In diesem Falle ist zu erwarten, dass die Rechtsanwaltskammer diesen Verstoß sanktioniert.
Zur weiteren Vertretung Ihrer Interessen steht Ihnen meine Kanzlei gern zur Verfügung.
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Diese Antwort ist vom 11.03.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Bisher habe ich nur 1 mal mit Frist zur Zahlung aufgefordert, davor hatte ich bei Nachfragen jeweils keine Frist gesetzt.
Wie oft muss ich eine Frist setzen, bevor ich das Mahnverfahren einleiten kann?
Und können Sie bestätigen, dass der Anwalt mich längst hätte darüber informieren müssen, wenn die Gegenseite das Geld noch nicht bei ihm eingezahlt hätte, oder ist das ein Trugschluss? Schliesslich war die Zahlungsverpflichtung der Gegenseite ausdrücklich Bestandteil des Vergleichs.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Die einmalige Fristsetzung ist ausreichend.
Zudem hätte der Kollege Sie tatsächlich darüber informieren müssen, ob die Zahlung eingegangen ist oder nicht. Diesbezüglich hätte er mit Ihnen auch mögliche weitere Schritte besprechen müssen, unabhängig davon, ob Sie dann einen Auftrag zur Zwangsvollstreckung erteilen oder nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Marion Deinzer
Rechtsanwältin