Hallo, ich bin schwanger und seit Ende August im Beschäftigungsverbot von meiner Ärztin aus.
Ich habe in meiner Firma von 2015-2018 meine Ausbildung gemacht und arbeite seit Mitte 2018 normal sozialversicherungspflichtig dort. Jedes Jahr habe ich Weihnachtsgeld bekommen, nur jetzt nicht. Einen Arbeitsvertrag habe ich nie bekommen. Meines Wissens nach habe ich jedoch trotzdem Anspruch auf das Weihnachtsgeld aufgrund der Regelung der "betrieblichen Übung". Mein Arbeitgeber hat mir gegenüber nie etwas gesagt bezüglich einer Kürzung oder ähnlichem.
Nun bräuchte ich bitte, wenn möglich, eine rechtsverbindliche Antwort ob mein Arbeitgeber rechtlich richtig gehandelt hat oder nicht. Gut wäre ein Gesetz oder sonstiges womit ich meinen Arbeitgeber notfalls konfrontieren kann.
vielen Dank für ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:
Zunächst teilen Sie mit, dass Sie jedes Jahr Weihnachtsgeld erhalten haben. Dies wurde offenbar auch nicht unter einem sog. Freiwilligkeitsvorbehalt gezahlt. In dem Fall haben Sie grds. einen jährlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld aufgrund betrieblicher Übung, wie Sie selbst ja schon festgestellt haben. Hierzu gibt es kein Gesetz, sondern dies ist ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Ich zitiere z.B. den Leitsatz aus dem Urteil des BAG vom 23. April 1963, 3 AZR 173/62:
Zitat:
Durch eine mindestens dreimalige vorbehaltlose Gewährung einer solchen Weihnachtszuwendung wird, wenn nicht die Umstände des Falles eine andere Auslegung bedingen, eine Verpflichtung des Arbeitgebers begründet, mit der Folge, daß er sich von dieser Verpflichtung nicht durch einseitigen freien Widerruf wieder lossagen kann.
Hinsichtlich des Weihnachtsgeldes in Zeiten des Beschäftigungsverbots aufgrund Schwangerschaft hat sich bereits 1999 der europäische Gerichtshof befasst und Urteil vom 21. 10. 1999 – C-333/97 ausgeführt:
Zitat:
Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, daß es Artikel 119 des Vertrages untersagt, daß ein Arbeitgeber Arbeitnehmerinnen im Erziehungsurlaub vollständig von der Gewährung einer freiwillig als Sonderzuwendung zu Weihnachten gezahlten Gratifikation ausschließt, ohne im Jahr der Gewährung der Gratifikation geleistete Arbeit oder Mutterschutzzeiten (Beschäftigungsverbote) zu berücksichtigen, wenn diese Gratifikation eine Vergütung für in diesem Jahr geleistete Arbeit sein soll.
[…]
Somit untersagt es Artikel 119 des Vertrages, daß ein Arbeitgeber bei der Gewährung einer Weihnachtsgratifikation Mutterschutzzeiten anteilig leistungsmindernd berücksichtigt.
Zeiten der Beschäftigungsverbote des MuSchG kann der Arbeitgeber dementsprechend nicht leistungsmindernd berücksichtigen bzw. Ihnen das Weihnachtsgeld deswegen komplett versagen. Ihnen darf hier aufgrund Ihrer Schwangerschaft kein finanzielle Nachteil entstehen. Konfrontieren Sie ggf. Ihren Arbeitgeber mit dem genannten Urteil, damit er seine Entscheidung noch einmal überdenkt.