Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Frage, diese beantworte ich aufgrund Ihrer Angaben wie folgt.
zu Ihren Fragen…
1) Zur Definition der Betriebsstätte ist u.a. auf § 12 AO zu verweisen.
Die Kommentierung in Schwarz/Pahlke Rz 13 sagt dazu folgendes:
Zitat:Rz. 13
Eine Geschäftseinrichtung oder Anlage begründet nur dann eine Betriebstätte, wenn der Unternehmer über sie nicht nur vorübergehend Verfügungsmacht hat. Die Verfügungsmacht ist nach deutschem Verständnis eine zwingende Voraussetzung für das Bestehen einer Betriebstätte. Daher kann, anders als in anderen Ländern, die bloße Dienstleistung keine Betriebstätte begründen. Ohne das Vorliegen einer Verfügungsmacht begründet der Steuerpflichtige keine Betriebstätte. Die bloße Verfügungsmacht, ohne dass die weiteren Voraussetzungen für eine Betriebstätte vorliegen, kann aber nach deutschem Steuerrecht allein keine Betriebstätte begründen.[32 A.A. wohl die OECD, die eine entsprechende Konkretisierung in den OECD-MK aufnehmen will; ablehnend dazu OFD Karlsruhe v. 16.9.2014, S 130.1/316-St 222, IStR 2015, 887f.] Eine Verfügungsmacht setzt regelmäßig voraus, dass dem Steuerpflichtigen einen eigenen Schlüssel für die Räumlichkeiten hat und jederzeitigen Zugriff auf die notwendigen Arbeitsmittel, die in der Betriebstätte vorhanden sind[33]. Dabei ist Alleinverfügungsmacht des Unternehmers nicht erforderlich; er muss aber in der Lage sein, die Einrichtung oder Anlage nach den Bedürfnissen seines Unternehmens zu nutzen und die dafür erforderlichen Entscheidungen zu treffen. Der Unternehmer muss eine Rechtsposition innehaben, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht mehr ohne Weiteres entzogen oder verändert werden kann[34]. Die Nutzungsberechtigung braucht nicht auf Eigentum zu beruhen; sie kann auch auf vertraglicher Grundlage (Miete, Untermiete, Pacht) beruhen, sofern sie dem Unternehmer nicht kurzfristig und jederzeit entzogen werden kann. Gleichgültig ist dabei, ob die Nutzungsberechtigung entgeltlich oder unentgeltlich eingeräumt wurde[35]. Ebenfalls ausreichend ist es, wenn der Unternehmer im Rahmen eines Werkvertrags in den Räumlichkeiten des Auftraggebers tätig wird und letzter dem Unternehmer die Anlagen und Geschäftseinrichtungen auf Grund des Werkvertrags überlässt, die zur Erbringung des Werks notwendig sind.[36] Eine derartige Nutzungsüberlassung auf Grundlage eines Werkvertrags wird immer dann anzunehmen sein, wenn das Nutzungsrecht nur durch (gleichzeitige) Kündigung des Werkvertrags endet bzw. mit Ende des Werkvertrags d.h. mit Erbringung des Werkes.[37 FG Münster v. 22.8.2012, 10 K 2722/11 K (rkr.)] Häufig wird ein Nutzungsentgelt für die Räumlichkeiten bei der Berechnung des Werklohns einbezogen sein. Ein bloßes "Room-Sharing" reicht allerdings für die Begründung einer Betriebstätte nicht aus.[38] Insoweit fehlt es an der erforderlichen nicht mehr entziehbaren Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten. Zwar muss der Unternehmer nicht ständig in den Räumlichkeiten tätig sein; sie müssen ihm aber ständig zur Verfügung stehen und nicht wie beim Room-Sharing an andere Unternehmer vermietet werden, wenn der Unternehmer gerade nicht in den Räumlichkeiten tätig ist.[39]
Insoweit wäre nunmehr von Ihnen zu prüfen, ob Ihr Betriebsstätten-Konzept hierunter eingeordnet werden kann. Ihre Anwesenheit ist also insbesondere nicht zwingend erforderlich. Sie könnten hier Dienste Dritter in Anspruch nehmen, die für Sie die eingehende Post an Sie weitergeben und ansonsten ein leeres Zimmer vorhalten, zu dem Sie jederzeit Zugang haben. Dabei ist nicht einmal klar, dass eine Betriebsstätte unbedingt ein Zimmer (Raum der von Menschen betreten werden kann) sein muss.
Schon seit geraumer Zeit werden hier gehäuft CoWorking-Spaces und Büros angeboten, wo die Betriebsstätte in der Form von teilbaren Meetingräumen und ansonsten Briefkästen besteht. Auch einen Service in einen StB bzw. RA-Büro eines namhaften Unternehmens durfte ich schon kennenlernen. Es wird hier auf die Gestaltung des entsprechenden Vertrages mit dem Anbieter ankommen.
Dass der Gesellschafter im Ausland lebt, ist unproblematisch. Der Geschäftsführer im Ausland, der von dort aus seine Geschäfte erledigt, führt zu einer weiteren steuerlichen Betriebsstätte und möglicherweise der Besteuerung an diesem Ort, so die Einkünfte dieser Betriebsstätte zugeordnet werden können (Vgl. Art. 5 DBA D/S, § 1 KStG)
2) Es kommt darauf an, welche Einkünfte Ihrer Unternehmung der deutschen bzw. der schwedischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Unter Umständen haben Sie in Deutschland eine steuerpflichtige Betriebsstätte, ohne dass dieser irgendwelche Einkünfte zugeordnet werden können, haben dafür aber stets die Steuererklärungspflichten und die anfallenden Betriebskosten für die Betriebsstätte.
3) Die sog. Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG greift grob gesagt immer dann, wenn ein Anteilseigner/Gesellschafter seinen Wohnsitz dauerhaft ins Ausland verlegt. Denn die bis dahin angelaufenen stillen Reserven im Gesellschaftsvermögen sollen vorher versteuert werden.
Selbst wenn Sie unter 1) feststellen, Sie haben in Deutschland für Ihre UG keine Betriebsstätte, ist diese damit nicht einfach weg oder aus der Welt. Als eigene Rechtspersönlichkeit kann sie nicht einfach untergehen, sondern muss verlegt, verschmolzen oder liquidiert bzw. gelöscht werden. Insoweit hängt die Existenz der UG nicht an der ggf. nicht vorhandenen Betriebsstätte, sondern der Wegfall dieser zusammen mit Ihrem Wegzug löst automatisch eine Wegzugsbesteuerung und ggf. auch eine steuerstrafrechtliche Ermittlung aus, so Sie nicht Ihren Steuererklärungspflichten nachkommen.
Das nicht nachkommen von Steuererklärungspflichten führt darüber hinaus auch gern zu Steuerschätzungen (die üblicher Weise viel zu hoch angesetzt werden…), die u.U. auch im Ausland vollstreckt werden können.
Der Zeitpunkt des Wegzugs ist der Bewertungszeitpunkt für den Wertzuwachs der Kapitalgesellschaft.
Nachträglich können Sie sich hier kein GF-Gehalt auszahlen, das würde als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet und entsprechend versteuert. Der entsprechende Beschluss oder GF-Anstellungsvertrag aus dem sich das GF-Gehalt ergibt ist im Zweifel vorzuhalten.
Ihre Gewinnberechnung kann ich nicht nachvollziehen (28% von 9000 Euro Gewinn in drei Jahren = 7000 Euro Steuern). Wie gesagt, bei der Wegzugsbesteuerung geht es nicht um den Gewinn der Kapitalgesellschaft, sondern um die Wertsteigerung der Anteile am Unternehmen.
4) DBA’s kommen immer dann zum Zuge, wenn ein Steuersubjekt (Bsp. Sie) mit der gleichen Einkunft (vgl. § 2 EstG) in den jeweiligen zwei Staaten steuerpflichtig wäre. Nach dem DBA ist dann zu entscheiden, welchem der beiden Vertragsstaaten das Besteuerungsrecht für die jeweilige Einkunft zusteht. DBA’s unterscheiden oft nach Belegenheit, Ansässigkeit und dem Ort an dem die Einkünfte erzielt werden.
In Ihrem Homeoffice in Schweden begründen Sie eine Betriebsstätte der UG und wären insoweit verpflichtet dieses in Schweden entsprechend anzumelden und hier die entsprechenden Körperschaftssteuererklärungen zu machen.
https://www.handelskammer.se/de/nyheter/das-homeoffice-nach-schweden-verlegen-gar-nicht-so-einfach#:~:text=Die%20T%C3%A4tigkeit%20eines%20Mitarbeiters%20in,T%C3%A4tigkeit%20im%20Homeoffice%20angesehen%20werden.
Ob die Einkünfte der UG dann in Schweden oder aber in Deutschland zu besteuern sind, ist nach den jeweiligen Regelungen des DBA zu klären.
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Internationales_Steuerrecht/Staatenbezogene_Informationen/Laender_A_Z/Schweden/1994-06-14-Schweden-Abkommen-DBA-Gesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Besser als die Verschmelzung auf eine GmbH wäre die Beendigung des e.K. und der Verkauf/die Liquidation der UG und eine Neugründung als Ort Ihres Aufenthaltes, ggf. auch ohne das Vorschalten einer Kapitalgesellschaft (die Haftungsproblematik wird hier ohnehin nur auf den GF verschoben und bringt bei Gesellschaftergeschäftsführern u.U. gar nichts). Bei einer US LLC oder Zypern bzw. Malta Ltd. verschieben Sie letztlich nur die entstehenden Aufgaben und Probleme, die solche Konstrukte mit sich bringen.
Ich hoffe Ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Andreas Wehle /Aachen
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