Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Struktur und Inhalt des Schreibens: Formaljuristische und inhaltliche Einschätzung
Ihr Schreiben an die Hausverwaltung ist grundsätzlich klar und nachvollziehbar formuliert. Sie schildern die Mängel gut strukturiert, dokumentieren eigenständige Mängelanzeige sowie die Herleitung zur Mietminderung und fordern berechtigterweise eine Regelung bzgl. der Ersatzwohnung.
Alle Mängel werden einzeln, chronologisch und detailliert aufgeführt. Das entspricht der Pflicht zur konkreten Mängelanzeige und bietet der Hausverwaltung eine nachvollziehbare Übersicht.
Sie beantragen die Mietminderung ab sofort und nennen eine nachvollziehbare Härtequote (50 %).
Der Anspruch auf Übernahme der Kosten einer Ersatzwohnung wird explizit angemeldet.
Sie gehen auf die Frage der Verantwortlichkeit (Waschmaschinenanschluss) ein und stellen diese juristisch korrekt dar.
Es werden klare Fristen bzw. Erwartungen an eine Rückmeldung gestellt.
Verbesserungsvorschläge:
Fügen Sie ggf. eine konkrete Fristsetzung (z.B. 7–10 Tage) zur Rückmeldung betreffend die Bestätigung der Mietminderung und der Ersatzunterkunft hinzu.
Ergänzen Sie die gesetzliche Grundlage der Mietminderung (§ 536 BGB), um den Anspruch klar zu untermauern.
Weisen Sie darauf hin, dass die Zahlung der Miete „unter Vorbehalt" erfolgt, sofern Sie weiterhin den vollen Mietzins überweisen (Verweis auf § 814 BGB/ungerechtfertigte Bereicherung, für eine spätere Rückforderung).
Erwähnen Sie die Beweissicherung nochmals ausdrücklich (Fotos, Zeugen), ggf. Hinweis auf ein angekündigtes (selbstorganisiertes) Sachverständigengutachten, falls die Hausverwaltung Zweifel anmeldet.
2. Juristische Bewertung: Höhe der Mietminderung laut aktueller Rechtsprechung und Literatur
Die von Ihnen ins Feld geführte Minderung von 50 % ist angesichts der Schwere und Vielzahl der Mängel sehr gut argumentierbar. Die jüngere Rechtsprechung erkennt insbesondere bei einer Mischung aus Schimmel, Feuchtigkeit, der kompletten Unbenutzbarkeit wesentlicher Räume und erheblichen Baumaßnahmen (z.B. Trocknungsgeräte, Ausquartierung) auch noch höhere Minderungsquoten an.
Orientierungswerte aktueller Rechtsprechung:
Feuchtigkeitsschäden mit Schimmel in mehreren Räumen: Quoten von 30–60 %, je nach Umfang, Gesundheitsgefährdung und betroffener Räume sind anerkannt. So hielt z.B. das AG Bad Vilbel in einem vergleichbaren Fall 60 % für gerechtfertigt, bei aufsteigender Feuchtigkeit und abgeplatzten Fliesen (AG Bad Vilbel, 20.09.1996 - 3 b C 52/96)
Schimmel in mehreren Wohnräumen und damit verbundene Unbenutzbarkeit bestimmter Flächen: Bei Schimmel in mehreren Räumen hielt das LG Lüneburg 30 %. das LG Köln sogar 75 % für angemessen.
Unbenutzbarkeit der Küche (kein Wasser, keine Kochnutzung): Hier sind Minderungen von 20–35 % häufig, bei vollständiger Unbenutzbarkeit auch mehr.
Trocknungsgeräte oder Baumaßnahmen: In Fällen starker Einschränkung durch Geräte (Lärm, Hitze, Feuchtigkeit, Unzugänglichkeit), kann die Minderung auf 15–40 % steigen – je nach Gesamtbelastung.
Zusammenwirken mehrerer Mängel: Es werden die einzelnen Minderungswerte nicht einfach aufaddiert, sondern es erfolgt eine Gesamtschau („Gesamtbelastung"). Die von Ihnen angesetzte Quote von 50 % ist im realen Kontext (Unbrauchbarkeit der Küche, Schimmel, Gesundheitsgefahr, Nutzungsausfall weiterer Räume und des Kellers, Einsatz von Trocknungsgeräten und notwendige zeitweise Ausquartierung) angemessen und rechtlich belastbar.
Keller: Feuchtigkeit und Schimmel im Keller (Nutzungsausfall als Lagerraum): Hier werden meist nur 5–10 % angesetzt, sofern der Keller mietvertraglich ausdrücklich als Nutzfläche zur Wohnraumnutzung oder als Lager zugesichert ist.
Weitere Einzelmängel (offene Wand, fehlende Fliese, Elektrikprobleme) verstärken die berechtigte Minderungsquote nochmals.
Eine Minderung von 30–60 % wird im qualifizierten Mehrmängelfall als berechtigt angesehen. Im Extremfall (unzumutbare Gesundheitsgefahr, Unbewohnbarkeit der Wohnung) kann sogar bis zu 100 % gemindert werden. Ihre Herangehensweise ist auch im Lichte des § 536 BGB direkt hier ohne Weiteres vertretbar.
3. Kostenübernahme für Ersatzwohnung: Juristische Leitlinien und Argumentationsbausteine
Rechtsgrundlage: Der Anspruch auf Ersatz einer Ersatzunterkunft ergibt sich neben der Mietminderung (§ 536 BGB) aus dem allgemeinen Schadensersatzrecht (§§ 536a, 280 BGB), wenn die verbleibende Nutzung der Wohnung unzumutbar ist.
Voraussetzungen: Die Ersatzunterbringung ist regelmäßig dann zu erstatten, wenn die Wohnung infolge baulicher Mängel oder Sanierungsarbeiten (hier: Bautrocknung, Gesundheitsgefahren durch Schimmel etc.) vorübergehend nicht nutzbar oder zumutbar ist; dies unabhängig davon, ob die Versicherung des Vermieters die Kosten übernimmt.
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Zu beachten: Der Anspruch entfällt nur dann, wenn der Mieter den Mangel schuldhaft (mit-)verursacht hat. Solange dies nicht sicher ist, müssen Vermieter und ggf. deren Versicherung vorleisten; im Innenverhältnis muss die Hausverwaltung das klären.
Empfohlenes Vorgehen:
Ankündigung und Nachweis der Unzumutbarkeit: Im Schreiben ausreichend dokumentiert, evtl. noch ergänzen, dass bereits ein Umzugstermin festgelegt bzw. eine Ersatzwohnung reserviert wurde.
Kostenerstattungsanspruch: Ggf. Vorschuss oder direkte Kostenübernahme verlangen.
4. Finale Empfehlungen und Muster-Textbausteine für Ihr Schreiben
Ergänzungsvorschlag:
Gemäß § 536 BGB mindere ich die Miete wegen der erheblichen Mängel ab sofort um 50 %. Dies wird durch die aktuelle Rechtsprechung bei einer derartigen Kumulation von Schimmel- und Feuchtigkeitsschäden, Unbenutzbarkeit der Küche und weiteren Einschränkungen gestützt (u.a. AG Bad Vilbel – 60 %, LG Lüneburg – 30 %, LG Köln – 75 %, LG Lübeck – 15 %, LG Konstanz – 20 %).
Die ausstehenden Mängel beeinträchtigen Gebrauch und Wohnwert erheblich, eine Nutzung insbesondere der Küche sowie zeitweise der Gesamtwohnung ist nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Ergänzend verlange ich gem. § 536a Abs. 1 BGB die Erstattung der Kosten für eine Ersatzunterkunft während der unumgänglichen Sanierungs- und Trocknungsarbeiten.
Sollte die Haftungslage noch von Ihrer Seite geprüft werden, erwarte ich eine verbindliche Rückmeldung binnen 10 Tagen und weise darauf hin, dass ich andernfalls die Ersatzwohnung selbständig anmieten werde und Ihnen die Kosten weiterbelaste.
Die Miete wird ab sofort „unter Vorbehalt" gezahlt, solange die Höhe der Minderungsquote streitig bleibt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Schwartmann
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Rechtsanwalt Andreas Schwartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachanwalt für Familienrecht
vielen Dank!
ich hatte daran gedacht, ab dem 01.07 schon die Hälfte zu überweisen. Ist das ok?
Das können Sie machen. Sollten die Mängel dann im laufenden Monat behoben werden, müsste die Minderung aber neu berechnet werden.