Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Grundsätzlich gilt, dass eine Fortsetzung des Studiums häufig nicht nur sinnvoll, sondern erforderlich ist (OLG Celle vom 2. Februar 2010 – 15 WF 17/10
).
Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte behandelt dies in Anlehnung an die Abitur-Lehre-Studium-Fälle (OLG Koblenz vom 24. April 2015 – 11 WF 317/15
; OLG Celle vom 2. Februar 2010 – 15 WF 17/10
; OLG Koblenz vom 7. Mai 2015 – 7 WF 422/15
) und verlangt einen fachlichen und zeitlichen Zusammenhang als Voraussetzung für einen fortbestehenden Unterhaltsanspruch (OVG Hamburg vom 8. Februar 2016 – 3 Nc 207/15
; VG Mainz vom 6. Februar 2014 – 1 K 1489/13
.MZ).
Hierfür ist ausreichend, dass es sich um verwandte bzw. gleichwertige Studiengänge handelt. Hiervon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn nach den Zulassungsregeln der Hochschule mit dem Bachelor-Abschluss das Masterstudium aufgenommen werden darf (AG Frankfurt vom 16. November 2011 – 454 F 3056/11
UK).
Bei Lehramtsstudiengängen sieht der BGH beide Abschnitte sogar als einheitliche mehrstufige Ausbildung zum Lehramt (BGH vom 8. März 2017 – XII ZB 192/16
). Dass der Bachelor-Abschluss für sich genommen zu anderen Berufen als dem Lehramt befähigt, ist insoweit ohne Belang, so dass man zusammenfassend sagen kann, dass die Unterhaltspflicht sich nicht nur auf einen Bachelor- sondern auch auf den anschließenden Masterstudiengang bezieht.
Das FG Saarbrücken fordert (bezogen auf den Anspruch auf Kindergeld) einen engen zeitlichen Zusammenhang der Ausbildungsgänge, das heißt, dass das Kind nach Abschluss eines ersten – objektiv berufsqualifizierenden – Abschlusses den weiteren Ausbildungsabschnitt mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Nur wenn im Anschluss an einen solchen Abschluss der weitere Ausbildungsabschnitt nicht aufgenommen wird, obwohl damit begonnen werden könnte, und der Entschluss zur Fortsetzung auch sonst nicht erkennbar wird, wird der Zusammenhang und damit die Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs aufgehoben (FG Saarbrücken vom 21. November 2016 – 2 K 1175/16
).
Dieser Rechtsgedanke könnte zu Ihrer Überlegung passen, dass Ihre Tochter die Regelstudienzeit im Masterstudiengang bereits um ein Jahr überzogen hat. Die Gründe dafür sind mir natürlich nicht bekannt, ich unterstelle aber, dass Ihre Tochter Gründe für diese verlängerte Zeit hat, die eine mutwillige Verlängerung Ihrer Unterhaltspflicht insoweit ausschließen würden.
In Anbetracht dessen, dass Ihre Tochter 27 Jahre alt ist, also zwei Jahre älter als der Maximalanspruch des Kindergeldes, meine ich, dass dies alles noch im Rahmen Ihrer Unterhaltspflicht anzusiedeln ist. Insofern sollte darauf abgestellt werden, ob Ihre Tochter mit dem Studienabschluss, den sie anstrebt, eine berufliche Karriere starten kann. Davon ist mit dem Erhalt des Master-Titels auszugehen.
Deshalb meine ich, dass Sie noch so lange unterhaltsverpflichtet sind, bis Ihre Tochter tatsächlich Ihr Masterstudium mit dem Erhalt des Titels abgeschlossen hat, die Abgabe der Masterarbeit alleine nützt ihr ja insofern nichts.
Die Aussage, dass ein Master-Studiengang maximal zwei Jahre zu dauern hat und deshalb Ihre Unterhaltspflicht nach zwei Jahren Masterstudium (vergleichbar den BAföG-Richtlinien, die allerdings auch insoweit keineswegs in Stein gemeißelt sind, sondern zahlreiche Ausnahmetatbestände kennen) enden würde, kann ich so nicht unterschreiben. Denn jedes Studium verläuft anders, und solange Ihrer Tochter keine Verschleppung oder Bummelei vorzuwerfen ist - was ich Ihrer Sachverhaltsdarstellung nicht entnehme -, kann eine vorzeitige Beendigung des Unterhalts nur kontraproduktiv wirken.
Ihre Tochter hat ja nun bald ihren Mastertitel in der Hand und kann ihre berufliche Karriere beginnen. Ich würde daher anregen, diese Geduld noch aufzubringen und Ihrer Tochter insoweit einen nahtlosen Übergang zwischen Studium und Beruf zu ermöglichen.
Wenn noch etwas unklar geblieben ist, so fragen Sie gerne nach. Vorerst verbleibe ich mit freundlichen Grüßen!
Elisabeth v. Dorrien
Rechtsanwältin
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