Sehr geehrter Fragesteller,
in Ihrem Fall sehe ich gute Chancen einer erfolgreichen Beschlussanfechtung, da in der Tat eine rechtsmissbräuchliche Majorisierung vorliegt.
Die Majorisierung selbst kann nicht angegangen werden, sondern sie muss rechtsmissbräuchlich sein.
Dies ist hier wegen der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung UND der überhöhten Kosten der Fall.
LG Berlin, 17.06.2008 - 55 S 23/08
In der vorgenannten Entscheidung hat das Gericht einen Notverwalter antragsgemäß bestimmt.
Nur, wenn sich der ME unangemessene Vorteile verschafft, liegt eine rechtmissbräuchliche Majorisierung vor:
LG Berlin, Urteil v. 23.9.2014, 55 S 302/12
Siehe auch:
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 7.2.1997, 3 Wx 556/94
Wenn und soweit der alte Verwalter bereits ausgeschieden ist, dürfen die anderen Minderheitseigentümer nicht etwa eigenmächtige Notvollmachten ausstellen.
Die einzige Möglichkeit, die ich sähe, wäre über § 18 Abs.3 WEG
(3) Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind.
Ob die vorübergehende Verwalterlosigkeit diesen Tatbestand erfüllt, ist gesondert zu beurteilen.
Hinsichtlich eines beschleunigten Verfahrens wäre an eine Aussetzung des Beschlusses im Sinne einer einstweiligen Verfügung/Anordnung zu denken.
Hier müsste aber ein sogenannter Verfügungsgrund vorgetragen werden, der dann vorliegt, wenn ein Zuwarten zu nicht mehr hinnehmbaren und korrigierbaren Schäden und Nachteilen führen würde.
LG Hamburg, Urteil v. 1.9.2014, 318 O 156/14
Dies wäre hier meines Erachtens der Fall, weil etwaige Übergangslösungen wieder und wieder durch den ME blockiert werden könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wilke
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wilke
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Gemäß Sachverhalt sind neuer ME und neuer Verwalter gesellschaftsrechtlich nicht (!) verbunden,
besteht der belastbare Vorteil für den neuen ME zumindest darin, für seinen gesamten fremdverwalteten Immobilienbestand nur 1 Verwalter als Ansprechpartner zu haben.( sitzen beide in Berlin). Wie groß dieser Bestand und damit die wirtschaftliche Abhängigkeit des Verwalters vom ME ist, kann nur vermutet werden.
Sehen Sie trotzdem gute Chancen für eine Anfechtung dieser Verwalterbestellung (Preis+Entf. höher !) ?
Die andere Fragestellung bezog sich auf meine Pflichten als Beiratsmitglied und den Umständen, dass
- auch dieser Beschluss (schwebend) wirksam ist, bis das Gericht ihn für ungültig erklärt,
- der alte Verwalter nicht mehr tätig ist und selbst eine vorläufige Gerichtsentscheidung frühestens erst in mehreren Wochen erfolgen dürfte;
- ein weiteres Beiratsmitglied (Stand jetzt) den Beschluss anfechten wird.
Dürfen wir 2 Beiratsmitglieder uns komplett weigern, dem neuen Verwalter eine Vollmacht zu unterzeichnen oder müssen wir dem neuen Verwalter zumindest eine stark eingeschränkte Vollmacht ausstellen ?
Sehr geehrter Fragesteller,
wenn keine wirtschaftliche Verflechtung besteht, dann sinken die Chancen hier.
Ob die preisliche Differenz ausreicht, obliegt einer Einzelfallprüfung gemessen an den angebotenen Leistungen.
Vollmachten müssen Sie nicht austeilen, denn der neue Verwalter ist kraft Gesetzes befugt, die WEG nach außen zu vertreten, erst Recht im Notfall und solange der Beschluss nicht aufgehoben wurde;
Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz - WEG)
§ 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters
(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die
1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder
2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.
(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wilke
Rechtsanwalt