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Verzicht auf Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit

| 10. März 2012 01:00 |
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Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von

Mein Gebäudeversicherungsvertrag bzw. die zugehörigen Bedingungen enthalten folgende Klausel:

"Der Versicherer macht bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer oder seine Repräsentanten von dem Recht, die Entschädigungsleistung gemäß B § 16 Nr. 1 b) VGB 2008 zu kürzen, keinen Gebrauch".
[Es existieren keine weiteren Einschränkungen der Klausel, auch keine Deckelung hinsichtlich des Betrags]

Oben genannter Abschnitt B § 16 Nr. 1 b) VGB 2008:

"Führt der Versicherungsnehmer den Schaden grob fahrlässig herbei, so ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen".

In einem aktuellen Schadensfall sieht die Versicherung nun "Anlass für Deckungsschutzeinwände, einer meinerseits zu vertretenden grob fahrlässigen Verletzung von vertraglichen und gesetzlichen Obliegenheiten und Sicherheitsbestimmungen zur Vermeidung von Frostschäden" bzw. "eine Obliegenheitsverletzung meinerseits im schweren Maße" und will mich mit einem Betrag von 50% der vom Gutachter ermittelten Schadenshöhe abfinden.

["Grobe Fahrlässigkeit" liegt meines Erachtens auf Grund einiger außer Acht gelassener Umstände nicht vor - denn ich habe die relevanten Obliegenheiten weitestgehend erfüllt - aber dies gehört nicht zu meiner eigentlichen Frage, daher lasse ich dies mal hier außen vor.]

Meine Frage:

Inwiefern sind die oben genannten vertraglichen Vereinbarungen "kompatibel" mit der beabsichtigten Leistungskürzung durch die Versicherung, oder - anders ausgedrückt - existiert ein rechtlicher Unterschied zwischen einer "grob fahrlässigen Herbeiführung" und einer "grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung", der dazu führt, dass ersteres durch den Versicherungsvertrag abgedeckt ist, letzteres aber nicht?

Meine Versicherung behauptet, da gäbe es einen Unterschied: Obliegenheiten, die in den Bedingungen explizit aufgeführt werden, fallen angeblich nicht unter die ganz oben genannte Klausel (diese "Tatsache" wird in den Bedingungen aber nirgendwo erwähnt).

Könnte mich bitte jemand diesbezüglich erhellen - ich kann dieser Argumentation nämlich trotz aller geistigen Anstrengung nicht wirklich folgen. Übersehe ich hier was?

Vielen Dank im Voraus!

10. März 2012 | 09:01

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Angaben gerne wie folgt beantworten möchte:

Grundsätzlich gibt es die von der Versicherung beschriebene Unterscheidung. Im VVG (Versicherungsvertragsgesetz) wird im Hinblick auf grobe Fahrlässigkeit unterscheiden, zwischen einer Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit (vgl. § 28 VVG ) und der Herbeiführung des Versicherungsfalles (vgl. § 81 VVG ).

Vertragliche Obliegenheiten sind die vertraglich vereinbarte Regeln und Pflichten, die der Versicherungsnehmer zu beachten hat, wenn er seinen Versicherungsanspruch nicht gefährden will.
Im konkreten Fall dürfte für Sie wichtig sein, dass einfache und fahrlässig verursachte Obliegenheitsverletzungen seitens des Versicherungsnehmers ohne Folgen bleiben. Können Sie also den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit bei de Obliegenheit widerlegen, ist die Versicherung zur kompletten Zahlung verpflichtet. Meiner Erfahrung nach lohnt es sich in der Regel immer, sich direkt an einen Rechtsanwalt zu wenden, damit dieser die Korrespondenz mit der Versicherung führt. Gerne können Sie mich in dieser Angelegenheit kontaktieren.

Im Gegensatz zur Verletzung von vertraglich vereinbarten Regeln und Pflichten, die der Versicherungsnehmer zu beachten hat (Vertragliche Obliegenheiten), spricht man von einer Herbeiführung des Versicherungsfalles, wenn der Versicherungsnehmer (aktiv) vorsätzlich und widerrechtlich einen eingetretenen Schaden herbeigeführt hat.

Ich hoffe, diese Ausführungen haben Ihnen bei Ihrem rechtlichen Problem weitergeholfen.
Für eine weitere Beratung stehe ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Kienhöfer
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 10. März 2012 | 11:34

Sehr geehrter Herr Kienhöfer,

vielen Dank für Ihre Ausführungen.

Die Tatsache, dass die Versicherung bei einfacher fahrlässiger Obliegenheitsverletzung kein Recht zur Leistungskürzung hat (und daher auch darauf erpicht ist - soweit irgendwie möglich - daraus eine "grobe Fahrlässigkeit" zu machen), habe ich verstanden.

Mir ist wichtig, die genannte, im Vertrag enthaltene Klausel zum Verzicht auf Leistungskürzung wirklich (auch für die Zukunft) zu verstehen, daher folgende Verständnisfrage:

Sie schreiben
"[...] spricht man von einer Herbeiführung des Versicherungsfalles, wenn der Versicherungsnehmer (aktiv) vorsätzlich und widerrechtlich einen eingetretenen Schaden herbeigeführt hat".

Die vorliegende Klausel zum Verzicht auf Leistungskürzung bezieht sich allerdings auf den auch oben genannten Abschnitt B § 16 Nr. 1 b) VGB 2008 (grob fahrlässige Herbeiführung eines Schadens), d. h. die Versicherung verzichtet auf das Recht zur Leistungskürzung bei "grob fahrlässiger Herbeiführung" des Schadens.

Dem gegenüber abgegrenzt steht aber Abschnitt B § 16 Nr. 1 a) VGB 2008 (vorsätzliche Herbeiführung eines Schadens), den ich der Vollständigkeit halber hier auch noch zitiere:

"Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbei, so ist der Versicherer von den Entschädigungspflicht frei."

Das heißt, es wird zwischen "grob fahrlässiger Herbeiführung" und "vorsätzlicher Herbeiführung" differenziert.

Letztgenannter Punkt (a) (vorsätzliche Herbeiführung) ist durch die vorliegende Klausel zum Verzicht auf Leistungskürzung *nicht* abgedeckt, abgedeckt ist aber Punkt (b) (grob fahrlässige Herbeiführung).

Was ich damit sagen will (und woraus meine noch bestehende Unklarheit resultiert):

Da "grob fahrlässige Herbeiführung" abgedeckt ist, "vorsätzliche Herbeiführung" aber nicht, können die beiden - wie von Ihnen beschrieben (so habe ich Ihre Ausführung jedenfalls verstanden) - nicht identisch sein bzw. lässt sich "grob fahrlässige Herbeiführung" nicht durch das Merkmal "Vorsatz" erklären.

Was mich wieder zu meiner ursprünglichen Frage bringt - was ist der rechtliche Unterschied zwischen einer "grob fahrlässigen Herbeiführung" (versichert falls kein Vorsatz) und einer "grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung" (offensichtlich nicht versichert)?

Vielen Dank für Ihre Mühe!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. März 2012 | 12:05

Sehr geehrter Fragesteller,

meines Erachtens stellt die Versicherung auf den Unterschied einer "grob fahrlässigen Herbeiführung" durch ein handeln (also von Ihrer Seite eine aktives Tun) gegenüber einer "grob fahrlässigen Herbeiführung" durch ein unterlassen ( der vertraglich vereinbarte Regeln und Pflichten durch Sie) ab.
Dies dürfte die relevante Unterscheidung sein.
Ob und in welchem Umfang eine "grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung" wirklich nicht versichert ist, müsste wohl durch eine genaue Prüfung der gesamten Versicherungsbedingungen ermittelt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Kienhöfer
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 10. März 2012 | 12:29

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