Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
Ihre beiden berechtigten Fragen hängen eng miteinander zusammen. Maßgeblich ist letztlich für beide Fragen, ob Ihre außerordentliche Kündigung des Rahmenvertrags wirksam war, was sich anhand § 314 BGB
bemisst. Nach Ihrer Sachverhaltsdarstellung ist dies der Fall, da das Festhalten am Rahmenvertrag für Sie unzumutbar wäre.
Insbesondere kann eine fehlende CE-Kennzeichnung auch kostenpflichtig abgemahnt werden. Einem solchen Abmahnrisiko brauchen Sie sich keinesfalls auszusetzen. Ferner haben Sie selbst vor Ausspruch der Kündigung die Vertragsverletzungen abgemahnt und damit die Voraussetzung des § 314 Abs. 2 BGB
erfüllt. Die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund war damit zulässig.
Nun aber gerne zu Ihren Fragen im Einzelnen:
1.
Zitat:Muss Firma B wirklich die Produkte aus dem Lager von Firma A verkaufen, obwohl für diese verpflichtende Unterlagen fehlen bzw. obwohl diese die Standards nicht einhalten?
Anhand des Vertrags ist zunächst zu prüfen, ob die Pflicht zum Abverkauf auch im Falle einer außerordentlichen fristlosen Kündigung besteht. Das halte ich für eher fernliegend. Die nachvertragliche Pflicht zum Abverkauf dürfte vielmehr nur für den Fall einer ordentlichen Kündigung überhaupt gelten. Wesen der fristlosen Kündigung ist es ja gerade, dass das Vertragsverhältnis aufgrund der Unzumutbarkeit vollständig und mit sofortiger Wirkung beendet wird, so dass keine gegenseitigen Verpflichtungen mehr bestehen.
In keinem Fall jedoch können Sie verpflichtet sein, gegen Vorschriften zu verstoßen.
Eine solche Vereinbarung wäre gem. § 134 BGB nichtig. Danach ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Eine Verpflichtung zum Verstoß gegen geltende Vorschriften fällt zweifellos darunter.
2.
Zitat:Kann Firma A beliebig lange nach Vertragskündigung dann doch noch plötzlich 'Nachbessern' und Firma B zwingen die Produkte abzuverkaufen?
Ein solches Nachbesserungsrecht oder auch "Recht zur zweiten Andienung" - zu diesem Thema siehe meinen Beitrag unter https://www.bauprofessor.de/News/3f54bfb0-8b73-4155-a4d7-6006e8ce6fff - ist vorliegend nach meiner Auffassung nicht mehr gegeben. Die von Ihnen ausgesprochenen Abmahnungen blieben fruchtlos, so dass die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist, und die außerordentliche Kündigung ist wirksam.
Im Gegenteil könnten Sie möglicherweise mit Erfolg Schadensersatz verlangen. Die Berechtigung hierzu wird durch eine Kündigung nicht ausgeschlossen. Darüberhinaus dürften Sie auch berechtigt sein, die unzulänglichen Waren gegen Erstattung des Erwerbspreises zurückzugeben.
Im Ganzen sehe ich gute Chancen einer erfolgreichen Verteidigung. Sollte etwas unklar sein, so fragen Sie gerne nach, damit Sie auf jeden Fall rundum zufrieden mit dieser Beratung sind. Ansonsten wünsche ich Ihnen viel Erfolg und verbleibe
mit den besten Grüßen
Dr, Andreas Neumann
Rechtsanwalt