Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:
1. Brauche ich einen Anwalt? M.E. hat XYZ keinerlei Handhabe und will mir nur Kosten verursachen, als Rache. Und das, obwohl ich mich jahrelang ausbeuten ließ und sie hunderttausende Euro an meinen Businessplänen verdienten.
Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes ist immer dann sinnvoll, wenn der Sachverhalt oder dessen rechtliche Bewertung die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Laien übersteigt. In ihrem Fall sehe ich, anders als Sie, durchaus Anhaltspunkte für den Abschluss eines mündlichen Vertrages über das Erstellen des bewussten 80-seitigen Buches. Ausgehend von Ihrem Sachverhalt würde ich nicht ausschließen, dass die GmbH mit ihren geltend gemachten Ansprüchen Erfolg haben könnte. Die Hinzuziehung eines Kollegen, welcher die Klageschrift prüft, ist daher sehr sinnvoll.
ACHTUNG. SIE MÜSSEN BINNEN ZWEI WOCHEN NACH ZUSTELLUNG DER KLAGESCHRIFT IHRE VERTEIDIGUNGSBEREITSCHAFT ANZEIGEN. DIES HABEN SIE JA AUCH SELBST ERWÄHNT. DIESE FRIST IST NICHT VERLÄNGERBAR UND MUSS SOMIT UNTER ALLEN UMSTÄNDEN EINGEHALTEN WERDEN. ANSONSTEN DROHT DER ERLASS EINES SOGENANNTEN VERSÄUMNISURTEILS, WAS ZUMINDEST WEITERE KOSTEN VERURSACHEN WÜRDE.
2. Sind die 600,- Euro Streitwert eine Falle? Könnte XYZ es als Einfallstor für umfassendere Forderungen verwenden, wenn ich das einfach zahle, damit ich meine Ruhe habe?
Es ist nicht ganz klar, was Sie unser "Falle" verstehen. Grundsätzlich kann die Klägerin neue Ansprüche im Nachhinein noch geltend machen, soweit diese noch nicht eingeklagt sind. Es ist auch durchaus aus taktischen Gründen möglich, zunächst einen Teil der Ansprüche einzuklagen, wenn man sich als Kläger seiner Sache nicht sicher ist. Nur werden in solchen Fällen üblicherweise mindestens Ansprüche welche 600 € übersteigen, mit der Klage geltend gemacht.
Dies hat den Grund, dass die Berufung, also der Gang in die zweite Instanz, im Zivilprozess nur dann möglich ist, wenn der Streitwert 600 € übersteigt. Sofern in diesem Verfahren der Streitwert exakt 600 € beträgt, sehe ich insoweit eher keine Gefahr.
Verbindlich kann man Ihnen hier aber nur Auskunft geben soweit man den genauen Sachverhalt UND die Klageschrift kennt.
3. Bin ich, sollte ich verlieren und ich muss das Buch zuende schreiben, auch für XYZs Gerichts-/Anwaltskosten haftbar?
Eindeutig Ja: In einem Zivilprozess hat der Verlierer dem Sieger seine Anwalts und Gerichtskosten zu erstatten. Im Falle einer Niederlage steht demnach zu befürchten, dass Sie der XYZ GmbH diese Kosten zu erstatten hätten.
4. XYZ hat sich zahlreiche Delikte zu Schulden kommen lassen: Schleusertum, Sozialversicherungsbetrug, Bestechung in China und Illegale Beschäftigung in den USA, zudem Beihilfe zur Gründung sehr zwielichtiger Firmen geleistet. Wenn diese Dinge im Rahmen eines Rechtsstreits rauskommen, bin ich dann mit im Boot als freiberuflicher Ghost?
Strafrechtliche Konsequenzen drohen immer demjenigen, wer sich persönlich etwas hat zu Schulden kommen lassen. Demzufolge würden Ihnen persönlich derartige Verfahren nur dann drohen, wenn Sie selbst an irgendwelchen kriminellen Aktivitäten aktiv beteiligt waren, zu diesem angestiftet oder Beihilfe geleistet hätten. Dazu bietet ihr Sachverhalt allerdings keinerlei Anhaltspunkte.
Nur aus dem Umstand heraus, dass Sie Angestellter / freier Mitarbeiter / Vertragspartner der GmbH waren, ergibt sich für Sie keine strafrechtliche Verantwortung.
5. Muss ich wegen dem Verfahren häufig dann nach Frankfurt reisen? Ich arbeite derzeit hier in München bei dem Wettbewerber.
Es ist gut denkbar, dass Sie ein- bis zweimal zum Verfahren nach Frankfurt reisen müssten. Grundsätzlich hat die Partei in einem Zivilprozess nicht persönlich zu erscheinen, soweit sie anwaltlich vertreten ist. Das Gericht kann allerdings zur Aufklärung des Sachverhalts das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Eine Verpflichtung zu häufigem Erscheinen sehe ich allerdings in diesem Fall als eher unwahrscheinlich an. Dies dürfte schon deshalb nicht der Fall sein weil hier sicherlich nicht eine Vielzahl von mündlichen Verhandlungen stattfinden wird. Der Hauptaufwand in einem Zivilprozess wird ohnehin schriftlich vorab in den Schriftsätzen getrieben.
Fazit: Konsultieren Sie mit der Klageschrift in der Hand unbedingt einen Kollegen und besprechen Sie mit diesem, ob eine Verteidigung gegen die Klage sinnvoll ist und/oder besser außergerichtlich eine Lösung gesucht werden sollte. Auf die oben angesprochene Zweiwochenfrist weise ich nochmals ausdrücklich hin. Nochmals auch der Hinweis, dass durchaus hier ein mündlicher Vertrag vorliegen könnte, aus welchem Sie zur Fertigstellung des Buches verpflichtet sein könnten. Aus Kostengründen ist es sicherlich sinnvoll, dass Ihr Anwalt entweder in München oder aber in Frankfurt ansässig ist.
Abschließend weise ich darauf hin dass zusätzliche Angaben zum Sachverhalt die rechtliche Bewertung u.U. völlig andern können.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Winkler
Rechtsanwalt
Antwort
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Sehr geehrter Herr Winkler,
danke für die Antwort. Ich hoffe die nachstehenden Nachfragen sind noch im Rahmen dessen, was als Nachfrage zu verstehen ist.
1. Ich habe nun die Anklageschrift. Es gibt keinen Hinweis auf die Form der schriftlichen Signalisierung der Verteidigungsbereitschaft. Ich schreibe also einfach mit Verweis auf Aktenzeichen: "Hiermit möchte ich eine Verteidigungsbereitschaft in der Sache XYZ mitteilen". Das Schreiben schicke ich natürlich als Einschreiben?
2. Dem Schreiben beigefügt ist ein Schreiben des RA's der Klägerin. Darin werden falsche Angaben gemacht. Die Klägerin will offenbar manipulierte Emails, die mir aufgrund der vormals genannten Datenzerstörung theoretisch nicht mehr zur Verfügung stehen, als Beweismittel anführen, um ihre Position zu verbessern.
Daher: Wie umfassend darf meine Verteidigungsschrift (die nach Ablauf der Verteidigungsmitteilungsfrist eingereicht werden muss) ausfallen? 3 Seiten? 5 Seiten? Darf Sie nur unmittelbar Relevantes oder ALLES was mit dem Fall zu tun hat enthalten?
3. Können Sie eine Aussage machen, mit was für Kosten ich im Falle einer Niederlage typischerweise rechnen sollte (mein Anwalt, Anwaltskosten des Klägers, Gerichtskosten)?
Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung dieser Fragen, die mir helfen zu verstehen, was ich nun tun muss.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim G.
Sehr geehrter Fragesteller, Ihre Nachfrage möchte ich wie folgt beantworten:
1. Ich habe nun die Anklageschrift. Es gibt keinen Hinweis auf die Form der schriftlichen Signalisierung der Verteidigungsbereitschaft. Ich schreibe also einfach mit Verweis auf Aktenzeichen: "Hiermit möchte ich eine Verteidigungsbereitschaft in der Sache XYZ mitteilen". Das Schreiben schicke ich natürlich als Einschreiben?
Der Satz wäre so o.k. Möglich wäre auch: "In Sachen XYZ GmbH gegen Fragesteller, - hier folgt Aktenzeichen -, zeige ich meine Verteidigungsbereitschaft an. Ich werde beantragen, die Klage abzuweisen." Das Einschreiben ist natürlich möglich, es dient vor allem der Nervenberuhigung. Möglich ist auch, das Schreiben vorab per Fax zu senden und anschließend mit normaler Post. Auf dem Anschreiben des Gerichts finden Sie die richtige Faxnummer. Wichtig ist vor allem die Einhaltung der Zweiwochenfrist.
2. Dem Schreiben beigefügt ist ein Schreiben des RA's der Klägerin. Darin werden falsche Angaben gemacht. Die Klägerin will offenbar manipulierte Emails, die mir aufgrund der vormals genannten Datenzerstörung theoretisch nicht mehr zur Verfügung stehen, als Beweismittel anführen, um ihre Position zu verbessern.
Daher: Wie umfassend darf meine Verteidigungsschrift (die nach Ablauf der Verteidigungsmitteilungsfrist eingereicht werden muss) ausfallen? 3 Seiten? 5 Seiten? Darf Sie nur unmittelbar Relevantes oder ALLES was mit dem Fall zu tun hat enthalten?
Ihre Klageerwiderung (so nennt man die "Verteidigungsschrift") darf und muss so umfangreich sein wie eben nötig. Eine Grenze hinsichtlich des Umfangs gibt es nicht. Sie sollte all das enthalten, was nötig ist um den Vortrag der Gegenseite zu entkräften und die geltend machen Ansprüche zu widerlegen. Irgendwelche konkreten Ratschläge fallen mir hier - natürlich - schwer. Sie sehen hier aber schon dass es besser ist einen Kollegen zu beauftragen. Es ist das Kerngeschäft eines Rechtsanwalts zu entscheiden was in eine solche Klageerwiderung gehört und was nicht.
3. Können Sie eine Aussage machen, mit was für Kosten ich im Falle einer Niederlage typischerweise rechnen sollte (mein Anwalt, Anwaltskosten des Klägers, Gerichtskosten)?
Bei einem Streitwert von 600 € fallen der ersten Instanz 105 € Gerichtskosten an. Sofern eine mündliche Verhandlung stattfindet betragen die gesetzlichen Gebühren des gegnerischen Rechtsanwalts 157,68 €. Dabei sind Kosten für die vorgerichtliche Vertretung des Gegners nicht eingerechnet. Ein eigener Rechtsanwalt würde Sie - nach gesetzlichen Gebühren - noch einmal dasselbe kosten. Bei Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts hätten Sie also - nach meiner einfachen Standardrechnung - ein Prozessrisiko von 420,36 €. Die Kosten könnten in der ersten Instanz insbesondere noch dann steigen wenn ein Vergleich geschlossen wird. Dann kann jeder Anwalt noch einmal 53,55 € mehr verlangen. Bei einem Vergleich ist allerdings die Verteilung der Kosten Verhandlungssache. Diese Angaben beruhen auf den Gebührensätzen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
Es kann bei diesem Streitwert und bei den sehr geringen Gebühren durchaus sein, dass ein kompetenter Kollege nur zu höheren Honorarsätzen bereit ist, die Sache zu übernehmen. Bei einem durchschnittlichen Aufwand legt man in einer solchen Sache als Rechtsanwalt eigentlich fast noch Geld drauf. Ein Honorar, welches die gesetzlichen Gebührensätze übersteigt, bekommen Sie allerdings auch im Erfolgsfall vom Gegner nur in Höhe der RVG-Gebühren erstattet. Genauso wenig kann aber die XYZ GmbH im Falle eines Sieges höhere Anwaltskosten von Ihnen erstattet verlangen.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und verbleibe mit freundlichen Grüßen. Über eine positive Bewertung würde ich mich freuen.