Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie fogt Stellung:
1.
Die Schweigepflicht des Arbeitnehmers ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. So besteht die Pflicht, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Ein Verstoß gegen die Schweigepflicht kann zur außerordentlichen Kündigung berechtigen. Nach den Umständen des Einzelfalles kann auch eine Schweigepflicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus bestehen.
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer - auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - zum Schweigen verpflichtet, wenn der Arbeitgeber durch eine Bekanntmachung geschädigt oder in seinem öffentliches Ansehen herabgesetzt werden würde.
2.
Sie sind noch einen Schritt weiter gegangen und haben die Schweigepflicht im Arbeitsvertrag festgehalten.
Allerdings sind an derartige Klauseln strenge Maßstäbe anzulegen, da Standardformulierungen, worin pauschal die Preisgabe oder Verwertung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verboten wird, in der Regel zu weitreichend und damit unwirksam sind.
Die Rechtsprechung hält beschränkte Geheimnisklauseln für rechtmäßig. Darunter fallen Klauseln, die eine Eingrenzung auf solche Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse umfassen, die für den Betrieb besonders wichtig sind, und damit ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse des Unternehmens begründen.
D. h., damit eine Verschwiegenheitsverpflichtung wirksam ist und einer rechtlichen Überprüfung standhält, sollten Verschwiegenheitsklauseln möglichst auf spezielle Fälle zugeschnitten werden. Je pauschaler die Pflicht zur Verschwiegenheit im Arbeitsvertrag formuliert wird, desto größer ist die Gefahr, daß die Klausel nicht wirksam ist.
Im Arbeitsvertrag sind folgende Punkte formuliert:
- Schweigepflicht über alle Tätigkeiten und Informationen der zur Betreuung übertragenen Kinder
- Schweigepflicht über jegliche Tätigkeiten innerhalb der Einrichtung
Diese Formulierung halte ich für zu weit gehend. Insbesondere dürfte der Hinweis auf verwandte Kinder unwirksam sein, da nicht einmal ansatzweise erkennbar ist, aus welchem Grund das Interesse des Betriebs beeinträchtigt sein könnte. Allenfalls wäre daran zu denken, daß das Interesse des Kindes bzw. dessen Eltern tangiert sein könnten. Darauf kommt es hier aber nicht an, da die Mutter in die Auskunfterteilung eingewilligt hat.
Die Kinderpflegerin hat Auskünfte bezüglich des Kindes erteilt, wobei der Sachverhalt keine Anhaltspunkte gibt, um welche Auskünfte es sich gehandelt hat. Hierin wird man aber keine Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Verschwiegenheitspflicht sehen können, auch nicht unter Berücksichtigung der genannten Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag.
Da sich die ehemalige Kinderpflegerin bezüglich der Auskünfte nicht rechts- oder gesetzeswidrig verhalten hat, bestehen auch keine Möglichkeiten, die ehemalige Kinderpflegerin zur Rechenschaft zu ziehen.
3.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, daß die Kinderpflegerin zum schweigepflichtigen Personenkreis des § 203 StGB
gehören würde, führte dies zu keinem anderen Ergebnis.
So darf Auskunft gegeben werden, wenn das ausdrückliche Einverständnis des Betroffenen vorliegt. Das ist hier der Fall, da die Mutter ihre Einwilligung erteilt hat.
Zudem schützt § 203 StGB
nicht den Arbeitgeber, sondern die aufgezählten betroffenen Personen. D. h. diese Vorschrift greift nicht zu Ihren Gunsten ein.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Wie sieht es jedoch damit aus, dass sich diese Kinderpflegerin so ausgiebt, dass sie immernoch das Kind als kinderpflegerin in der Kindertagesstätte betreut.
Zählt dies nicht zum Betrug?? Habe ich Unterlassungsansprüche??
Vielen Dank
Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Daß sich die Kinderpflegerin nach wie vor als Mitarbeiterin der Kindertagesstätte ausgibt, ist zwar gelogen, erfüllt aber nicht den Straftatbestand des Betruges gem. § 263 StGB
. Aus der Sachverhaltsschilderung sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, daß die Kinderpflegerin sich durch eine Täuschungshandlung zu Ihren Lasten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft hat.
2.
Während keine Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung vorliegen, haben Sie gegebenenfalls einen Anspruch gegen die Person, es zu unterlassen, sich künftig als Mitarbeiterin der Kindertagesstätte auszugeben.
Hierzu empfehle ich, die Kinderpflegerin schriftlich aufzufordern, es künftig zu unterlassen, zu behaupten, sie sei noch in der Kindertagesstätte beschäftigt. Sollte diese Behauptung dann weiterhin aufgestellt werden, könnten Sie Klage auf Unterlassung erheben.
Wenn Ihnen jene Personen oder Einrichtungen bekannt sind, gegenüber denen die Kinderpflegerin behauptet hat, sie sei bei Ihnen beschäftigt, können Sie das natürlich auch selbst gegenüber den Dritten richtig stellen. Allerdings sollten Sie in diesem Fall in der Lage sein, die Behauptung der Pflegerin zu beweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt