Sehr geehrte Fragestellerin,
aufgrund Ihrer Schilderungen beantworte ich Ihre Frage in einer ersten rechtlichen Einschätzung wie folgt:
Eine Leistung, die jemand ohne rechtlichen Grund erlangt hat, hat er wieder herauszugeben. Dabei kann sich der Empfänger auf eine sog. Entreicherung u.a. nur berufen, wenn er keine positive Kenntnis von dem fehlenden Rechtsgrund hatte. Hatte er positive Kenntnis und die erhaltene Leistung dennoch verbraucht, ist er nicht schützenswert.
Sie schildern, dass Sie unwissentlich den Betrag ausgegeben haben. Entscheidend ist aber, ob Ihnen positiv bekannt war, wie hoch der tatsächliche Kaufpreis des gestohlenen Fahrrades gewesen ist. Da Sie das Fahrrad scheinbar erworben haben, würde dies einen starken Anhaltspunkt für eine positive Kenntnis darstellen, da Sie in diesem Fall wohl sicher gewusst haben, dass Sie den doppelten des Ihnen eigentlich zustehenden Betrages erhalten haben.
Daher können Sie sich m.E. nicht sicher auf eine Entreicherung berufen, und sollten unter Kosten- und Risikoaspekten in Betracht ziehen, den Betrag zu erstatten.
Sollten Sie es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen, hätten Sie für den Nachweis der Entreicherung zur Überzeugung eines Gerichtes zu widerlegen, dass Sie keine positive Kenntnis von der doppelten Leistung gehabt haben. Diesbezüglich obliegt die Darlegungs- und Beweislast allerdings bei der Versicherung. Diese Kenntnis wird die Versicherung dabei höchstwahrscheinlich mit o.g. Begründung behaupten, worauf sie sodann einzugehen hätten.
Eine positive Kenntnis Ihrerseits wäre zudem unschädlich, wenn Sie gewusst oder irrtümlich angenommen haben, dass die Versicherung selbst positive Kenntnis von der Doppelzahlung hatte, d.h. selbst gewusst hat, dass sie ohne Rechtsgrund den doppelten des geschuldeten Betrages gezahlt hat. Diesbezüglich wären allerdings Sie darlegungs- und beweisbelastet.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber ausschließlich auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.
Ich empfehle Ihnen daher, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu beauftragen, sofern Sie eine abschließende Beurteilung erhalten möchten. Bitten beachten Sie, dass dabei weitere Kosten anfallen.
Gerne stehe auch ich Ihnen bei der weiteren Durchsetzung Ihrer Interessen zur Verfügung. Sollten Sie dies wünschen, können Sie sich jederzeit - gerne auch per eMail - mit mir in Verbindung setzen.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
- Rechtsanwalt -
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Antwort
vonRechtsanwalt Martin P. Freisler
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Sehr geehrter Herr Freisler,
besten Dank für das Beantworten meiner Frage. Die Versicherung hat mir nach Überweisung ein Schreiben zukommen lassen, indem steht:
Sehr geehrte Frau...,
gerne haben wir Ihren Schaden reguliert. Eine Zahlung von € 1723,58 erfolgt heute auf ihr Konto.
MfG...
War die Versicherung in diesem Fall also nicht in positiver Kenntnis? Sie hat doch die Originalrechnung erhalten auf dieser waren explizit die beiden Fahrräder getrennt voneinander aufgeführt und auch die Summen waren getrennt aufgeführt.
Liegt der Fehler in diesem Fall nicht bei der Versicherung?
Vor allen Dingen habe ich den Betrag mit der Zahlungsbestätigung am 26.06.08 erhalten, das Zurückverlangen der zu viel gezahlten Summe erfolgte wiederum erst am 29.07.08, ist dazwischen nicht zu viel Zeit vergangen?
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Frage wird sich abschließend hier leider nicht beantworten lassen. Denn hier kann nicht die Beweiswürdigung oder Entscheidung eines Gerichtes vorweggenommen werden. Daher konnte ich Ihnen nur aufzeigen, welche Umstände jeweils zu beweisen sind und wie ich auf Ihre Schilderung gestützt im Rahmen einer ersten Einschätzung Ihre Erfolgsaussichten bewerte.
Dass auch der Versicherung die Originalrechnung vorgelegen hat, ist dabei ein zu berücksichtigender Umstand. Allerdings lässt dies meines Erachtens nicht zugleich zwingend den Schluss zu, dass die Versicherung in positiver Kenntnis, nicht dazu verpflichtet zu sein, Ihnen doppelt soviel überwiesen hat. Der Fehler mag insoweit bei der Versicherung liegen, da diese wohl den falschen Betrag übernommen hat. Dies ist jedoch nicht damit gleich zu stellen, dass die Versicherung Ihnen bewusst zu viel überwiesen hat. Die Frage stellt sich somit hier, ob Sie schützenswert sind, da Sie zwischenzeitlich den Betrag ausgegeben haben, bevor die Versicherung den Fehler bemerkt und korrigiert hat.
Da Ihnen die Kaufpreise bekannt waren, sehe ich Sie nach meiner hier möglichen Erst-Einschätzung nicht als schützenswert an. Die Rückforderung innerhalb von nur einem Monats halte ich nicht für zu lang. Aufgrund des eher geringen Zeitablaufes wäre in diesem Fall vielmehr auch beachtlich, wie Sie den Betrag innerhalb von einem Monat verwendet haben.
Für Sie besteht daher ein nicht zu vernachlässigendes Beweis- und damit auch Prozessrisiko, welches mich zu der oben genannten Einschätzung veranlasst hat.
Mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
Rechtsanwalt