Sehr geehrte Ratsuchende,
auf der Grundlage des von Ihnen angegebenen Sachverhalts beantworte ich Ihre Frage hiermit im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
Mit Urteil vom 22.03.2010, Az. B 4 AS 69/09 R
, hat das Bundessozialgericht grundlegend die zuvor gegebenen Unklarheiten zur Berechnung des Mietzuschusses für Auszubildende nach § 22 Abs 7 SGB II
geklärt. Das Bundessozialgericht hat klar gestellt, dass der Bedarf für Mietzuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II
sehr wohl entsprechend der Bedürftigkeit nach SGB II zu berechnen ist, im Wortlaut der Entscheidung:
„Aus Wortlaut, Gesetzesbegründung, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Zuschussregelung folgt zudem, dass der Unterkunftsbedarf des Auszubildenden im Sinne des § 22 Abs 7 Satz 1
letzter Halbsatz SGB II an Hand einer fiktiven "Bedürftigkeitsberechnung" nach den Regeln der §§ 9
, 11
und 12 SGB II
zu ermitteln ist." (BSG, Urteil vom 22.03.2010, Az. B 4 AS 69/09 R
).
Insoweit erfolgt die Berechnung entgegen Ihrer Annahme tatsächlich wie bei dem Bezug anderer Leistungen nach SGB II. Und danach gilt auch das Kindergeld grundsätzlich als Einkommen. Tatsächlich gilt auch grundsätzlich das Zuflussprinzip.
Daher ist das Kindergeld während des Bezuges von Leistungen nach SGB II (auch wenn es sich nur um Mietzuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II
handelt) in dem Monat anzurechnen, in dem es zufließt. Wenn trotz Kindergeldanspruch kein Kindergeld gezahlt wird und der SGB II-Träger daher ohne Kindergeldanrechnung leistet, hätte der Träger bei der Familienkasse einen Erstattungsanspruch anmelden müssen, so dass bei einer späteren Nachzahlung das Kindergeld in Höhe des Erstattungsanspruches direkt an den SGB-Träger gezahlt wird.
Das hat das Amt bei Ihnen scheinbar versäumt, da Sie die komplette Nachzahlung erhalten haben. Wurde aber kein Erstattungsanspruch angemeldet, fließt die Kindergeldnachzahlung in voller Höhe dem Leistungsempfänger zu und ist als einmalige Einnahme anzurechnen im Sinne des § 2 Abs. 4 S. 1 Alg II-V ab dem Monat, indem sie zugeflossen ist. Eine rückwirkende Anrechnung vor Zufluss kommt daher nicht in Betracht, aber ab Zufluss und damit nach Ihren Angaben ab März 2011 ist die Nachzahlung auf den Mietzuschuss anzurechnen. Haben Sie den Zufluss im März 2011 mitgeteilt? Denn dann wäre dies doch im Widerspruchsverfahren berücksichtigt worden und die Nachzahlung des Jobcenters wegen vermeintlich falscher Anrechnung des Kindergeldes wäre doch gar nicht mehr erfolgt?! Sie hätten den Zufluss der Nachzahlung dem Jobcenter mitteilen müssen.
Es ist auch nicht nach § 2 Abs. 4 S. 1 Alg II so, dass einmalige Einnahmen GRUNDSÄTZLICH auf sechs Monate in Zukunft zu verteilen sind. Es kommt auch eine kürzere Anrechnung in Betracht. Hier ist wohl die Problematik, dass das Amt überhaupt erst Monate nach dem Zufluss des Kindergeldes hiervon erfahren hat und Sie das Geld inzwischen verbraucht haben.
Meines Erachtens ist die Anrechnung daher in Ihrem Fall trotz des Versäumnisses der Geltendmachung des Erstattungsanspruches durch das Jobcenter gegenüber der Familienkasse nicht zu beanstanden, soweit eine Anrechnung ab Zufluss und damit ab März 2011 erfolgt.
Ich bedauere, Ihnen keine andere Mitteilung machen zu können. Allerdings muss Ihr Mindestbedarf gedeckt sein und insoweit müssten Sie laufend diesen erhalten und kann nur Ratenzahlung von Ihnen verlangt werden für die Rückzahlung, wenn Sie anderenfalls Ihren Mindestbedarf nicht decken können.
Bitte beachten Sie, dass die Erstberatung in diesem Untermenü der Plattform keiner ausführlichen Prüfung einer Sach- und Rechtslage entsprechen kann.
Ich hoffe, Ihnen Ihre Fragen im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung hinreichend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Britta Möhlenbrock
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Vielen Dank Frau Möhlenbrock!
Dann ist es nicht zu ändern, bleibt wohl nur die Frage der Aufteilung zur Berechnung der Nachzahlung.
Ich definiere Mindestbedarf so, der zustehende Regelsatz von 364.- plus KDU 245.- plus 8.-€ Warmwasserpauschale ergibt 617.-€ Mindestbedarf.
Einkommen 216.- EQJ minus 123,80 Freibeträge plus Kindergeld 184.- ergibt 276,20€ anrechenbares Einkommen. Mein Anspruch an monatlichen Leistungen beträgt also: 617.- minus 276,20 = 340,80
Gefordert werden 1088.- Kindergeld plus 5 x 35.- = 175.- € Mietzuschuss, davon abzüglich 787,07€ Nachzahlung ergibt einen gesamten Forderungsbetrag von 475,98 €.
Man will aber für August bereits 456,50€ anrechnen, also weit mehr als mir an Leistung zustände, nehme dann an, hier liegt ein Rechenfehler des Jobcenters vor! Muss ich wohl im Jobcenter vorsprechen und um kleinere Ratenbeträge bitten, da ich ansonsten weit unter den Mindestbedarf fallen würde. Außerdem werde ich mich auf dies berufen:
Insbesondere die Pauschale für angemessene private Versicherungen in Höhe von 30 € und die Aufwendungen für gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen (z. B. Kfz-Versicherung) sind für jeden Monat, für den einmaliges Einkommen angerechnet wird, zu berücksichtigen.
Aber das Kindergeld für August 2010 fällt nicht unter die einmalige Einnahme, da ich in diesem Monat weder Mietzuschuss noch sonstige Leistungen erhalten habe, ist als Vermögen anzusehen.
Sehr geehrte Ratsuchende,
beim besten Willen, da muss ich der Kollegin beipflichten: Eine konkrete Berechnung ohne Vorlage der Bescheide ist unmöglich und im Rahmen einer Erstberatung auf diesem Portal in einer Sache wie Ihrer nicht zu leisten.
Man kann nicht die komplette Leistung „verrechnen", denn die Zahlung ist nicht mehr vorhanden und eben nicht im Juli zugeflossen, sondern im März! Das Problem ist, dass Sie den Zufluss wohl nicht mitgeteilt haben und das trotz des laufenden Widerspruches. Von März ab können 5 x 35 = 175 EUR Mietzuschuss zurück gefordert werden (rückwirkende Aufhebung) und die Nachzahlung von EUR 787,07 (wenn ich Sie richtig verstanden habe). Der verbleibende Betrag ist aufzuteilen auf die folgenden Monate, aber irgendwovon müssen Sie leben und insoweit kann nicht die komplette Leistung verweigert werden, wenn das Geld verbraucht ist und nicht gerade erst zugeflossen.
Entgegen Ihrem Verständnis gilt bedeutet Zuflussprinzip grundsätzlich, dass ALLES, was in einem Monat des Leistungsbezuges gezahlt wird, als Einkommen zählt, UNABHÄNGIG DAVON FÜR WELCHEN ZEITRAUM es gezahlt wird. Nur was vor Antragstellung schon gezahlt war, gilt als Vermögen. Dennoch kann dies meines Erachtens für die Kindergeldzahlung August ausnahmsweise nicht gelten, weil ihr diesbezüglicher Grundbedarf für August erst später gezahlt wurde und sie tatsächlich keine Leistungen für August bezogen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Britta Möhlenbrock
Rechtsanwältin
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