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Bedarfsgemeinschaft nach SGB XII

5. Juni 2025 19:44 |
Preis: 65,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von


17:14

Ich bilde mit meiner Partnerin eine Bedarfsgemeinschaft nach SGB XII. Meine Frage: Kann meine Partnerin Steuerzahlungen an das Finanzamt beim Sozialamt geltend machen? Muss das Sozialamt für den Monat, in der die Zahlung erfolgt, ihre Altersrente um die Steuerzahlung mindern? Das Sozialamt berücksichtigt bereits die Hausrat-, Haftpflicht- und Autoversicherung, eine Berücksichtigung von Steuerforderungen lehnt das Sozialamt ab. Wir haben das Sozialamt nicht um Übernahme dieser Verbindlichkeiten gebeten sondern lediglich um Berücksichtigung der Steuerzahlungen. Muss das Sozialamt die Steuerzahlung berücksichtigen? Wir danken Ihnen für Ihre Antwort.

5. Juni 2025 | 20:37

Antwort

von


(400)
Wessels Str. 13
49134 Wallenhorst
Tel: 05407-8575168
Web: https://www.scheidung-ohne-rosenkrieg.de
E-Mail:

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

mit welcher Begründung lehnt das Sozialamt die Berücksichtigung der Steuerzahlungen ab? Tatsächlich geleistete Steuerzahlungen sind bei der Hilfegewährung nach dem SGB XII zwingend als einkommensmindernde Ausgaben vom Einkommen abzuziehen, sofern sie im Rahmen der Einkommensermittlung geltend gemacht wurden.

§ 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII bestimmt, dass „auf das Einkommen entrichtete Steuern" vom Einkommen abzusetzen sind. Diese Rechtsnorm begründet eine gebundene Entscheidung, bei der das Sozialamt kein Ermessen hat. Entscheidend ist, dass die Steuer tatsächlich entrichtet wurde und die betroffene Person selbst hierfür aufgekommen ist. Diese gesetzliche Verpflichtung zur Absetzung vom Einkommen umfasst etwa Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.

Im Hinblick auf Renteneinkünfte bedeutet dies, dass sämtliche auf diese Einkünfte gezahlten Steuern im Monat der Zahlung einkommensmindernd zu berücksichtigen sind. Voraussetzung ist ein ordnungsgemäßer Nachweis, etwa durch Steuerbescheide oder Kontoauszüge.

In Bedarfsgemeinschaften sind die jeweiligen Einkommen beider Partner zu berücksichtigen. Entsprechend gilt auch für die Einkommensteuerabzüge beider Personen, dass sie nach § 82 SGB XII vom Gesamteinkommen der Gemeinschaft in Abzug zu bringen sind.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Haeske, Rechtsanwältin


Rückfrage vom Fragesteller 6. Juni 2025 | 12:48

Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Haeske,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Das Sozialamt lehnt die Berücksichtigung der Steuernachzahlung wie folgt ab:

Leider können Verbindlichkeiten auch aus der Vergangenheit, in diesem Fall die Steuerforderungen des Finanzamtes für das Jahr 2024, vom Sozialamt nicht übernommen werden.

Wie bereits vorgetragen, haben wir das Sozialamt um Berücksichtigung der Steuernachzahlung gebeten nicht um Übernahme dieser Verbindlichkeiten. Die Steuerforderung wurde am 26.05.2025 beglichen, der Zahlungsbeleg als Nachweis der Zahlung dem Sozialamt per Post zugeschickt.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 6. Juni 2025 | 17:14

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

es gibt ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG Urteil v. 17.12.2024 - B 7 AS 9/23 R, https://datenbank.nwb.de/Dokument/1067954/), das sich allerdings auf das SGB II und auf Einnahmen aus einer Erwerbstätigkeit in abhängiger Beschäftigung und nicht auf das SGB XII und Altersrente bezieht (zu SGB XII und Altersrente habe ich keine Entscheidung gefunden). Das Sozialgericht Düsseldorf hatte die Absetzung der zu leistenden Einkommensteuernachzahlung gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II als von dem Einkommen entrichtete Steuernzunächst noch zugelassen. Das wurde dann von den nachfolgenden Instanzen, zuletzt dem BSG, aber wieder gekippt. Steuernachforderungen, das heißt solche Steuern, die nicht dem im Bedarfszeitraum bezogenen Einkommen zuzuordnen und dort fällig sind, können danach - jedenfalls bei abhängiger Tätigkeit und Leistungen nach dem SGB II - nicht vom Einkommen abgesetzt werden. § 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII enthält - wie § 11 b Abs. 1 Nr. 1 SGB II mit identischem Wortlaut - vom Wortlaut her aber eben keine Beschränkung auf das "aktuelle" Einkommen. Auch führt die Ansicht, dass nur die Steuern auf das aktuelle Einkommen im Bedarfszeitraum von diesem Einkommen abgezogen werden dürfen, dazu, dass das Existenzminimum nicht mehr gesichert ist und der Bezieher der Sozialleistung sich laufend entweder durch die nicht gezahlten Steuerforderungen oder durch die Nichtzahlung der Lebenshaltungskosten aufgrund der Tilgung der Steuerforderung weiter verschuldet. Dann würde quasi nur die monatliche Lohnsteuer bei Einkünften aus abhängiger Tätigkeit abgezogen werden können sowie die laufenden Einkommenssteuervorauszahlungen, die aber vom Finanzamt nach § 37 Abs. 5 EStG nur festgesetzt werden, wenn sie mindestens 400 Euro im Kalenderjahr und mindestens 100 Euro für einen Vorauszahlungszeitpunkt betragen. D. h. wer eine höhere Altersrente bezieht und entsprechende Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer hat, würde dann bei der Einkommensberechnung im Rahmen des SGB XII besser gestellt als der mit einer niedrigen Altersrente ohne Vorauszahlungen und bekommt dann am Ende eventuell mehr Sozialleistungen als der eigentlich Ärmere. Der Steueranspruch konkretisiert sich ja erst mit dem Erlass des Einkommensteuerbescheids. Ich habe Zweifel, ob die gesetzliche Regelung bzw. die enge Auslegung durch das BSG verfassungsgemäß ist, wenn die Einkommenssteuer für das Vorjahr, die im Bedarfszeitraum fällig geworden ist, im Rahmen des SGB XII nicht von der laufenden Rente abgezogen werden kann. Wenn Sie im Vorjahr 2024 bereits Sozialleistungen bezogen haben, sollten Sie - zusätzlich zu dem Widerspruch gegen den aktuellen Bescheid - einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X für den damaligen Bedarfszeitraum stellen und versuchen, ob dort noch die jetzt gezahlte Einkommensteuer für 2024 angerechnet wird mit dem Ergebnis einer Nachzahlung.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Haeske, Rechtsanwältin

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