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Der BGH kennt keinen festen EURO-Schwellenwert für „Vermögenslosigkeit" beim Abschluss eines Ehevertrags. Ob jemand „vermögenslos" (und damit strukturell unterlegen) war, beurteilt der BGH stets im Rahmen einer Gesamtwürdigung.
So der XII. Senat mit Urteil vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02:
Zitat:Nach Auffassung des Senats steht es Ehegatten grundsätzlich frei, die gesetzlichen Regelungen über den Zugewinn, den Versorgungsausgleich und den nachehelichen Unterhalt ehevertraglich auszuschließen. Allerdings darf der Schutzzweck dieser Regelungen nicht beliebig unterlaufen werden. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die vereinbarte Lastenverteilung der individuellen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse in keiner Weise mehr gerecht wird, weil sie evident einseitig ist und für den belasteten Ehegatten bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Das ist um so eher der Fall, je mehr der Ehevertrag in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
Der Senat a.a.O. weiter:
Zitat:Der Tatrichter hat daher in einem ersten Schritt gemäß § 138 Abs. 1 BGB eine Wirksamkeitskontrolle des Ehevertrages anhand einer auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse der Ehegatten vorzunehmen, insbesondere also hinsichtlich ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und ihres geplanten oder bereits verwirklichten Lebenszuschnitts. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne daß dieser Nachteil durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten gerechtfertigt wird. Ergibt diese Prüfung, daß der Ehevertrag unwirksam ist, treten an dessen Stelle die gesetzlichen Regelungen.
Andernfalls ist in einem zweiten Schritt im Wege der Ausübungskontrolle (§ 242 BGB) zu prüfen, ob und inwieweit die Berufung auf den Ausschluß gesetzlicher Scheidungsfolgen angesichts der aktuellen Verhältnisse nunmehr mißbräuchlich erscheint und deshalb das Vertrauen des Begünstigten in den Fortbestand des Vertrages nicht mehr schutzwürdig ist. In einem solchen Fall hat der Richter die Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in ausgewogener Weise Rechnung trägt.
Fazit: Entspr. der BGH-Rechtsprechung: Allein der Umstand, dass die Ehefrau (auch mit Kindern) beim Vertragsschluss kein hohes liquides Vermögen hatte, genügt nicht, um den Zugewinnausschluss zu kippen. Bei vorhandenem, sechsstelligen Immobilienvermögen ist eine Einstufung als „vermögenslos" kaum zu halten – entscheidend bleibt jedoch die Gesamtwürdigung (insb. ob eine subjektive Imparität vorlag).
Ich denke, Ihre Frage hilfreich beantwortet zu haben. Meine erste Einschätzung ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Sie beruht ausschließlich auf Ihren verkürzt mitgeteilten Angaben. Sämtliche relevanten Umstände (Zeitpunkt/Umfeld des Vertragsschlusses, Beratung, wirtschaftliche Verhältnisse beider Seiten, Belastungen des Hausanteils, sonstige Vertragsklauseln – Unterhalt/Versorgungsausgleich/Erb- und Pflichtteilsverzicht etc.) können das Ergebnis maßgeblich verändern. Für eine belastbare Beurteilung empfehle ich eine individuelle anwaltliche Beratung mit die Durchsicht des Ehevertrags, der Grundbuch-/Belastungssituation und ggf. der Verhandlungs-/Korrespondenzunterlagen
Mit freundlichen Grüßen