Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:
1. Können wir noch als Zeuge auftreten bzw. eingeladen werden?
Ja, das ist möglich.
2. Sollte unser Vermieter den Prozess verlieren, kann er dann rechtlich mit Aussicht auf Erfolg die Mietminderung zurückfordern? Macht es einen Unterschied, dass er uns zur Mietminderung aufgefordert hat (in textform)?
Es wäre zwar durchaus möglich, dass der Vermieter Klage gegen Sie erhebt - aber da er Sie selbst zur Mietminderung aufgefordert hat, würde ein solches Verfahren zu seinen Lasten ausgehen müssen. Eine Klage gegen Sie dürfte also keinen Erfolg haben.
3. Falls unser Vermieter den Prozess verliert, kann dann gegen uns Schadensersatz gefordert werden, z.B. für die Rechtsanwaltskosten des Nachbarn und des Vermieters?
Auch hier gilt das oben Beschriebene - wenn er Sie selbst zur Minderung aufgefordert hat, wird er eine Klage auch auf Schadenersatz kaum erfolgreich durchsetzen können, da es den gleichen Sachverhalt betrifft.
4. Falls unser Vermieter den Prozess gewinnt, können wir Schadensersatzansprüche wegen unserer Umzugskosten und höhere Mietkosten gegen den Nachbarn mit Aussicht auf Erfolg einklagen?
Nein. Da würde es an einer Anspruchsgrundlage gegen den ehemaligen Nachbarn fehlen.
5. Sind Video-/Tonaufnahmen vor Gericht verwertbar, die die Nachbarn belasten und im Hausflur (öffentlich) aufgenommen wurden? Diese beinhalten z.B. wie Gäste des Nachbarn im Haus brüllen und randalieren.
Das steht derzeit immer noch im Ermessen des Gerichts, so ein Beweismittel zuzulassen.
Es wird zu einer kompletten Interessenabwägung zwischen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts und dem berechtigten Interesse zur Beweissicherung kommen müssen, wobei dann die Chancen auf Zulassung als Beweismittel bei 50:50 liegen werden.
6. In dem Schreiben vom Gericht steht das am xx.xx.2022 die "Güterverh./Haupttermin" stattfindet. Unser Vermieter informierte uns separat, dass falls die Güteverhandlung nicht positiv ausgeht, eine Hauptverhandlung mit Zeugenladung stattfinden wird. Unserer Vermutung nach geht jedoch aus dem Schreiben hervor, dass der Haupttermin gleich nach der Güteverhandlung stattfindet (am gleichen Tag). Wenn unsere Vermutung richtig ist, können wir nicht mehr als Zeugen geladen werden, da wir es bisher noch nicht wurden. Wir werden daraus nicht schlau. Welche Strategie könnte unser Vermieter damit verfolgen?
Ihre Vermutung ist korrekt.
In der Güteverhandlung wird das Gericht versuchen, eine Einigung zu erzielen; scheitert das, wird sofort in der gleichen Verhandlung ohne weitere UInterbrechung in die mündliche Verhandlung übergegangen und es werden die Anträge gestellt.
Das Gericht wird dann Termin zur Verkündung einer Entscheidung ansetzen (in der Regel 14 Tage später), in der dann entweder
ein Hinweisbeschluss,
ein Urteil oder
ein Beweisbeschluss
verkündet werden könnte. Das bedeutet, dass es durchaus möglich ist, dass Sie dann noch als Zeugen in einem weiteren, gesonderten Termin gehört werden.
Welche Strategie Ihr Vermieter verfolgt, kann so nicht beantwortet werden; so richtig nachvollziehbar ist es nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Bohle
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Sehr geehrter Herr Bohle,
vielen Dank für Ihre Antwort!
Gilt Ihre Antwort zu 2. und 3. auch, wenn wir die Miete immer vollständig bezahlt haben, einen Teil davon jedoch unter Vorbehalt (wurde u.a. im Mietzins-Überweisungsbetreff gekennzeichnet).
Der Vermieter forderte uns dann schriftlich auf, die letzten zwei Mieten um den unter Vorbehalt bezahlten Betrag tatsächlich zu kürzen damit ihm ein Schaden entsteht und er klagen kann.
Entschuldigen Sie, dieses Detail hatte ich vergessen anzugeben.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Ratsuchender,
ja, die Antworten gelten dann auch bei dem von Ihnen geschilderten, weiteren Sachverhalt. Der Vermieter wird dann gegen Sie nicht erfolgreich vorgehen können.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle, Oldenburg