Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Rechtslage ist eindeutig. Die §§ 185 ff. StGB
kennen kein "Familienprivileg".
Insbesondere üble Nachrede und Verleumdung sind nicht davon abhängig, dass die betreffenden Äußerungen gegenüber Personen gemacht werden, mit denen Sie nicht verwandt sind. Umgekehrt liesse sich vielmehr überlegen, ob es nicht strafschärfend wirken könnte, dass die unwahren, Sie herabwürdigenden Äußerungen, gerade gegenüber einer Person aus Ihrem nahen Umfeld getätigt wurden, da die Folgen einer solchen Äußerung Sie härter treffen können, als wenn sie irgendeinem Fremden gegenüber abgegeben werden.
Soviel zur Theorie.
Aber bedenken Sie bitte die Praxis. Falls Sie eine Anzeige erstatten und Ihr Stiefvater bestreiten sollte, sich so gegenüber Ihrer Mutter geäußert zu haben, wäre Ihre Mutter als Zeugin zu vernehmen.
Dabei hat Sie zunächst das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 52 StPO
. Als Ehefrau muss sie ihren Ehemann nicht belasten.
Zudem fürchte ich aufgrund Ihrer Schilderung, dass Ihre Mutter -selbst wenn sie aussagen wollte- eventuell gravierende Probleme mit der Erinnerung an betreffende Sachverhalte haben könnte.
Da Sie nach Ihrer Schilderung nur Streit mit Ihrem Stiefvater haben, sehe ich die Gefahr, dass die Staatsanwaltschaft im Falle einer Anzeige und dem Bestreiten Ihres Stiefvaters zu dem Ergebnis kommt "wir wissen nicht, wem wir hier glauben sollen."
Wenn die Staatsanwaltschaft so denkt, muss sie das Ermittlungsverfahren gegen Ihren Stiefvater einstellen.
Bitte überlegen Sie vor einer eventuellen Anzeige, ob Sie ihm diesen "Triumph" können würden.
Mit freundlichen Grüßen
Jeromin
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Antwort
vonRechtsanwalt Jens Jeromin
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Danke für die umfassende Auskunft! Zumindest habe ich den Mitschnitt eines Telefongesprächs mit meiner Mutter, während dessen der Stiefvater im Hintergrund schrie, was ich ihm angetan hätte, und auf die Nachfrage meiner Mutter dann im Hintergrund zu ihr diese Geschichte wieder mal zum besten gab.
Sehr geehrter Fragesteller,
ich freue mich, dass Sie mit meiner Antwort zufrieden sind. Mit dem Hinweis auf den Tonbandmitschnitt sprechen Sie einen ganz neuen, umfangreichen Themenkreis an, auf den ich an dieser Stelle nicht umfassend eingehen kann.
Ich weise allerdings darauf hin, dass die Verwertbarkeit solcher Aufnahmen (ich gehe von Heimlichkeit aus) zweifelhaft ist und eine Strafbarkeit nach § 201 I StGB
in Betracht kommt.
Zum Einlesen in die Problematik weise ich auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1973 hin:
Beschluss vom 31.03.1973, Az. 2 BvR 454/71
.
Mit freundlichen Grüßen
Jeromin
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht