Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Gemäß § 1361 BGB hat ein Ehegatte während des Getrenntlebens einen Anspruch auf Trennungsunterhalt, wenn er bedürftig ist und der andere Ehegatte leistungsfähig ist. Die Leistungsfähigkeit richtet sich nach dem bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung seines angemessenen Selbstbehalts.
In dem vorliegenden Fall beträgt das bereinigte Nettoeinkommen von Ehegatte A 2.100 Euro und das von Ehegatte B 600 Euro. Daraus ergibt sich eine Differenz von 1.500 Euro.
Falls Ehegatte A den Trennungsunterhalt verweigert, kann Ehegatte B ein Unterhaltsverfahren einleiten. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem Verfahrenskostenvorschuss gemäß § 1360a Abs. 4 BGB. Danach kann ein Ehegatte von dem anderen einen Vorschuss zu den Kosten eines Rechtsstreits verlangen, soweit dies nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht.
Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Verfahrenskostenvorschuss aus dem gleichen Einkommen zu bestreiten ist, das auch für den Unterhalt zur Verfügung steht. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsanspruch und der Verfahrenskostenvorschuss konkurrieren. Der Unterhaltspflichtige muss den Verfahrenskostenvorschuss zahlen, soweit dies ohne Unterschreitung seines Selbstbehalts möglich ist.
Sollte jedoch ein Verfahren eingeleitet werden und Ehegatte A müsste aufgrund der Gerichtsentscheidung den Unterhalt nachzahlen, könnte ein Verfahrenskostenvorschuss dennoch verlangt werden, wenn sich die Einkommensverhältnisse ändern oder zusätzliche Mittel verfügbar werden.
Falls durch einen Steuerklassenwechsel das bereinigte Nettoeinkommen von Ehegatte A sinkt, wäre er nicht mehr in der Lage, Trennungsunterhalt zu zahlen, da sein Selbstbehalt in vollem Umfang beansprucht wird. In einem solchen Fall müsste der Unterhaltspflichtige keinen Verfahrenskostenvorschuss leisten, da dies zu einer Unterschreitung seines Selbstbehalts führen würde.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Steffan Schwerin
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Rechtsanwalt Steffan Schwerin
Hallo Herr Schwerin,
danke für Ihre Antwort. Erlauben Sie mir aber bitte die folgenden Nachfragen, denn hier war die Antwort für mich noch nicht klar genug:
"Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Verfahrenskostenvorschuss aus dem gleichen Einkommen zu bestreiten ist, das auch für den Unterhalt zur Verfügung steht."
--> Es können in dem geschilderten Fall also maximal die 500 Euro herangezogen werden, weil auch nur diese für den Unterhalt zur Verfügung stehen?
"Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsanspruch und der Verfahrenskostenvorschuss konkurrieren. Der Unterhaltspflichtige muss den Verfahrenskostenvorschuss zahlen, soweit dies ohne Unterschreitung seines Selbstbehalts möglich ist."
--> Wenn der Ehegatte A also zur Zahlung von monatlich 500 Euro Trennungsunterhalt verurteilt wird, wie soll er dann noch Vorschuss zahlen? Wie wird hier die Konkurrenz aufgelöst, wenn sich die Einkommensverhältnisse nicht ändern und auch keine zusätzlichen Mittel verfügbar werden? Ist es dann so, dass Ehegatte B den Trennungsunterhalt zwar erstreitet, aber eben keinen Vorschuss von A bekommt und somit die Verfahrens- und Anwaltskosten doch selber tragen muss (weil A ja quasi schon von Anfang an gar nicht für einen Vorschuss heranzuziehen war, es aber wegen der Zahlungsverweigerung so erschien)?
Vielen Dank.
Ja, in der Regel können in dem geschilderten Fall maximal die 500 Euro herangezogen werden, weil diese für den Unterhalt zur Verfügung stehen. Wenn der Unterhaltspflichtige bereits den vollen Trennungsunterhalt von 500 Euro zahlt, steht kein zusätzliches Einkommen zur Verfügung, um einen Verfahrenskostenvorschuss zu leisten, ohne den Selbstbehalt zu unterschreiten.
Wenn Ehegatte A zur Zahlung von 500 Euro Trennungsunterhalt verurteilt wird, bleibt grundsätzlich kein Spielraum für die Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses, ohne den Selbstbehalt zu unterschreiten.
Die Konkurrenz zwischen Unterhaltsanspruch und Verfahrenskostenvorschuss wird in der Praxis dadurch aufgelöst, dass der Unterhaltspflichtige nur insoweit einen Verfahrenskostenvorschuss leisten muss, wie dies ohne Unterschreitung des Selbstbehalts möglich ist. Ist dies nicht möglich, kann kein Verfahrenskostenvorschuss verlangt werden.
In Ihrem konkreten Fall bedeutet dies, dass Ehegatte B den Trennungsunterhalt von 500 Euro zwar erstreiten kann, jedoch keinen Verfahrenskostenvorschuss von Ehegatte A erhält, wenn dadurch der Selbstbehalt von A unterschritten würde.
Wenn Ehegatte A nicht in der Lage ist, einen Verfahrenskostenvorschuss zu leisten, muss Ehegatte B die Verfahrens- und Anwaltskosten zunächst selbst tragen.
In einem solchen Fall könnte Ehegatte B Verfahrenskostenhilfe (VKH) / Prozesskostenhilfe (PKH) beantragen, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (§ 114 ZPO). Dies würde bedeuten, dass der Staat die Verfahrenskosten übernimmt oder einen Teil davon übernimmt, falls Ehegatte B bedürftig ist und keine andere Möglichkeit besteht, die Kosten zu decken.
Sollte Ehegatte B den Prozess gewinnen, könnte Ehegatte A zur Erstattung der Verfahrenskosten verurteilt werden, soweit er dazu in der Lage ist.
Zusammengefasst kann Ehegatte A keinen Verfahrenskostenvorschuss leisten, wenn dadurch sein Selbstbehalt unterschritten würde. Ehegatte B muss dann die Verfahrenskosten zunächst selbst tragen, kann aber Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen und im Erfolgsfall die Kosten von Ehegatte A zurückfordern, sofern dessen finanzielle Situation dies zulässt.