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Unterhaltszahlungen bei Teilzeitbeschäfigung, Selbstbehalt, etc.

16. November 2022 16:44 |
Preis: 35,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Bernhard Müller

Hallo,

ich arbeite als Dokorant und seit letztem Monat in Teilzeit (50 %-Stelle). Ich teilte dem Jugendamt mein neues Einkommen mit und bat um eine neue Berechnung meines zu zahlenden Unterhalts. Ich habe ein Kind, welches 16 Jahre alt ist. Monatliches Einkommen (50%-Stelle): 1568€. Einfache Wegstrecke zur Arbeit: 80 km.

Nun bekam ich ein Schreiben vom JA, was mich sehr verwundert.

1. Mein Selbstbehalt wurde von 1160 € auf 1060 € gekürzt (Begründung: Bei einer Teilzeitbeschaftigung wäre dies zulässig)
2. Meine Fahrtkosten (bei einer Vollbeschäftigung 640,2 € - letzter Unterhaltsbescheid) wurden vollständig gekürzt und dafür lediglich die 5 % Nebenkosten-Pauschale angesetzt, was 78,4 € im Monat ergibt. Dies deckt aber nicht annähernd meine Fahrtkosten (ich fahre 2-3 mal in der Woche hin und zurück 160 km zur Arbeit).

All dies mit der Begründung, bei Teilzeitbeschäftigungen seien strengere Bestimmungen anzusetzen. Zufälligerweise ist der ermittelte Unterhalt mit 320 € exakt 6 € höher als der Höchstsatz des Unterhaltsvorschuss, den die Vorschusskasse bei einem Mangelfall zahlen würde. Auf Anfrage der Rechtsgrundlage für den reduzierten Selbstbehalt und die stark verminderten Fahrtkosten bekam ich vom JA keine Antwort. Im Internet fand ich lediglich Angaben über 1160 € für Erwerbstätige und 960 € für Nicht-Erwerbstätige (Selbstbehalt). Ich fand auch keine Angabe über eine mögliche Reduzierung der Fahrtkosten (oder Erhöhung des bereinigten Netto-Einkommens) bei einer Teilzeit-Beschäftigung.

Sind die Angaben des JA rechtens?
Wenn ja - können Sie mir die Rechtsgrundlage für 1. und 2. nennen?

Vielen Dank.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die 1060 berechnen sich aus 960 Selbstbehalt für nicht Erwerbstätige. Wenn Sie nur Halbzeit arbeiten, sind Sie Halbzeit erwerbslos. 960 / 2 = 480.
1160 Euro für Vollerwerbstätige / 2 = 580 für Halberwerbstätig. 480 + 580 = 1060.

Der Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle beträgt 533 Euro. Das Kindergeld von 219 Euro wird zur Hälfte angerechnet. Dies macht 423,50 Euro, die Sie eigentlich bezahlen müssten. Bei nur 320 Euro liegt ein Mangelfall vor. Das bedeutet, dass Sie eine erhöhte Erwerbsobliegenheit haben. So müssen Sie Ihre berufsbedingten Aufwendungen auf das unvermeidliche reduzieren. Sie müssen also nicht nur nachweisen, dass Sie 640,20 Euro für die Fahrten ausgeben, sondern auch, dass dies unvermeidlich ist, Sie also nicht die Möglichkeit haben, den Weg mit Bus oder Bahn günstiger vorzunehmen.
Zudem kann Ihnen ein fiktives Einkommen zugerechnet werden, wenn Sie an der Reduzierung Ihrer Arbeitszeit schuld sind oder sich nicht ausreichend bemühen, wieder eine Vollzeitbeschäftigung oder eine 2. Halbzeitbeschäftigung für die Hälfte der Arbeitszeit zu finden, die derzeit ungenutzt bleibt. Diese erhöhte Erwerbsobliegenheit leitet die Rechtsprechung aus § 1603 Absatz 2 BGB ab.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 17. November 2022 | 11:05

Danke für Ihre Antwort. Durch eigene Arbeit darf ja keine Bedürftigkeit entstehen. Von den 78,40 € (5%) sind meine monatlichen Gesamtkosten von 210 € für den Weg zur Arbeit und zurück nicht annähernd gedeckt.

Gehe ich richtig davon aus, dass diese Fahrtkosten mindestens vom Nettoeinkommen abgezogen werden müssen? (Generell sind 1160, bzw 1060, welche Wohnkosten von 430€ warm implizieren, Grade in der aktuellen Lage, völlig unrealistisch).

Desweiteren hat mir das JA mitgeteilt, dass für die Herabsetzung meines Unterhaltstitel (450,5€ von meiner vorherigen Vollbeschäftigung) die Zustimmung der Kindesmutter notwendig wäre. Stimmt dies?

Im Voraus schon einmal vielen Dank.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. November 2022 | 11:15

Zitat:
Gehe ich richtig davon aus, dass diese Fahrtkosten mindestens vom Nettoeinkommen abgezogen werden müssen?


Nur wenn Sie nachweisen, dass sie nicht billiger zur Arbeit kommen. Ab Januar wird voraussichtlich das 49 Euro Ticket kommen. Da müssen Sie beweisen, dass Sie dies nicht nutzen können. Einfach Auto fahren und das Kind muss dies durch Unterhaltsverzicht bezahlen, obwohl Bus oder Bahn genutzt werden können, geht nicht.

Zitat:
Desweiteren hat mir das JA mitgeteilt, dass für die Herabsetzung meines Unterhaltstitel (450,5€ von meiner vorherigen Vollbeschäftigung) die Zustimmung der Kindesmutter notwendig wäre. Stimmt dies?


Wie bereits mitgeteilt, kann Ihnen ein fiktives Einkommen zugerechnet werden, wenn Sie nur halbtags arbeiten, obwohl Sie in Vollzeit arbeiten können. Eine Herabsetzung des Unterhalts kann es tatsächlich nur geben, wenn die Mutter auf die Anrechnung eines fiktiven Einkommens verzichtet oder Sie nachweisen, dass Sie nicht Vollzeit arbeiten können.

Mit freundlichen Grüßen

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