Sehr geehrte Ratsuchende,
sofern der Rahmen zu "mehr" überschritten wäre, könnte man an eine Nötigung gem. § 240 StGB
denken.
Die Androhung einer Klage an sich stellt noch keine Nötigung dar, da es sich grundsätzlich um ein erlaubtes Verhalten handelt. Eine Drohung mit erlaubtem Verhalten kann aber dann eine Drohung darstellen, wenn es als Mittel zum Zweck verwerflich erscheint.
Bei Abgabe einer falschen negativen Bewertung, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, stünde dem Verkäufer tatsächlich das Recht zu, die Beseitigung zu verlangen. Unberechtigte Bewertungen sind geeignet, die Verkäufer bei Internetauktionen zu benachteiligen, was sich besonders bei gewerblichen Verkäufern im Umsatz auswirken kann. Eine Klage des Verkäufers wäre daher -eine solche Bewertung unterstellt- berechtigt und auch nicht unverhältnismäßig; eine Verwerflichkeit im Sinne "mit Kanonen auf Spatzen schießen" liegt in diesem Fall nicht vor.
Die Androhung des Verkäufers ist daher rechtlich nicht weiter zu beanstanden.
Mit freundlichem Gruß
Kaussen
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Dr. Kaussen,
danke, dass Sie sich Zeit genommen haben. Offenbar habe ich aber die Stoßrichtung der Frage unklar rübergebracht. Niemand, der nicht von niederen Beweggründen getrieben wäre, will Falsches veröffentlichen. Zum besseren Verständnis hier die Frage präziser (wobei ich nicht weiß, ob dies noch unter "Nachfragen" fällt).
Der eigentliche Bedrohungscharakter einer Äußerung ergibt sich für den Empfänger doch erst aus dem Sinn der Worte, der in der Situation vernünftigerweise angenommen werden muss.
Im konkreten Fall waren trotz formaler Einigkeit zur Rückabwicklung konträre Meinungen über die Mängel geblieben. Der Händler war zwischen Zugeständnis und Abwehr gependelt, aus meiner Sicht war der Mangel gegeben gewesen - bei fehlender Beweisbarkeit eine klassische Pattsituation ohne Entscheidbarkeit also. Jeder sieht die Position des anderen als "falsch" an und muss doch der Meinungsfreiheit den Vorrang geben. Hier hat niemand die Definitionsmacht darüber, welche Sicht "falsch" und welche "richtig" ist. Der Händler mochte aber in der Korrespondenz mit mir seine Sicht als die alleingültige und in mir einen geschäftsschädigenden Spaßbieter sehen.
Droht nun der Händler, er werde bei einer "falschen, öffentlichen Bewertung des Vorganges sofort eine gerichtliche Unterlassungsklage" beantragen, so ist das Wort "falsch" doch nicht einfach in der Bedeutung von "wahrheitswidrig" zu lesen. Der Händler meint ja damit die von ihm zuvor als "falsch" deklarierte, weil nachteilig empfundene andere Meinung. Ich denke schon, dass damit die Veröffentlichung einer konträren Meinung (die von der Meinungsfreiheit durchaus gedeckt wäre) unterbunden werden soll. Unabhängig davon, dass ich in diesem Fall gar keine Bewertung abgeben will.
Nachfrage: Spielt diese Auslegung der Worte gar keine Rolle?
Vielen Dank, falls Sie dazu noch kurz antworten möchten.
Sehr geehrte Ratsuchende,
es liegt im Wesen eines Zivilprozesses, dass die Parteien meist widerstreitende Ansichten zur Sach- und Rechtslage vertreten. Der Zivilprozess dient dem Rechtsfrieden, indem über diese Ansichten neutral entschieden wird.
Wenn der Verkäufer glaubt, dass seine Ansicht die zutreffende ist, kann er klagen oder vorher mit der Klage drohen. Stellt sich heraus, dass er Unrecht hat, verliert er die Klage. Er begeht damit aber nicht gleichzeitig eine Nötigung. Der Ansicht, dass der Verkäufer sein Klagerecht (und damit einhergehend die Möglichkeit der Androhung einer Klage) in missbilligenswerter Art und Weise missbraucht, bin ich nach Ihrer Schilderung nicht.
Mit freundlichem Gruß
Kaussen
Rechtsanwalt